13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
gelingen!“
„Du bist mein Gast, und so lange du dich bei mir und in meinem Land befindest, bist du vollständig sicher. Aber er wird dir später folgen auf Schritt und Tritt, auch wenn du bis an das Ende der Erde gehen wolltest.“
„Ich fürchte ihn nicht.“
„Du magst stark genug sein, um ihn im offenen Kampf zu überwinden; dann aber würden neue Rächer erstehen. Und kannst du dich gegen eine Kugel wehren, die aus dem Verborgenen abgeschossen wird? Willst du nicht den Preis bezahlen?“
„Nein!“ antwortete ich mit Nachdruck.
„Allah gab dir vielen Mut, einen Rächer zu verachten. Ich werde dafür sorgen, daß dieser Mut dich nicht in das Verderben bringt. – Du warst bei dem Vater meines Weibes in Spandareh?“
„Ich war sein Gast und wurde sein Freund.“
„Ich weiß es. Wärest du nicht sein Freund, so hätte er dir nicht das Geschenk für uns anvertraut. Allah hat Wohlgefallen an dir, denn er läßt dich überall Freunde finden.“
„Allah gibt Gutes und Böses; er erfreut die Seinen und betrübt sie auch zuweilen, um sie zu prüfen. Ich habe auch Feinde in Amadijah gefunden.“
„Wer war dein Feind? Der Mutesselim?“
„Dieser war mir weder Freund noch Feind; er fürchtete mich. Aber es kam ein Mann zu ihm, der mich haßte und die Schuld trug, daß ich sogar gefangengenommen werden sollte.“
„Wer war es?“
„Der Makredsch von Mossul.“
„Der Makredsch?“ fragte der Bey sehr aufmerksam. „Er ist ein Feind der Kurden; er ist ein Feind aller Menschen, was wollte er in Amadijah?“
„Er befand sich auf der Flucht nach Persien; denn der Anadoli Kasi Askeri ist gekommen, um ihn und den Mutessarif von Mossul abzusetzen.“
Diese Kunde erregte die allergrößte Überraschung bei dem Bey. Er teilte die Neuigkeit sofort den Seinigen mit, von denen sie mit demselben Erstaunen aufgenommen wurde. Ich mußte alles sehr ausführlich erzählen.
„So wird der Mutesselim wohl auch abgesetzt?“ fragte der Bey.
„Das kann man nicht wissen. Er war der Kerkermeister des Mutessarif, der einen jeden, der aus Mossul verschwinden sollte, nach Amadijah sandte.“
„Doch wohl nur Verbrecher?“
„Nein. Hast du nicht gehört von Amad el Ghandur, dem Sohn des Scheik der Haddedihn?“
„Ist auch er gefangengenommen und nach Amadijah geschickt worden?“
„Ja. Er hat nichts von ihrer Hinterlist geahnt.“
„Wäre ich ein Haddedihn, so zöge ich nach Amadijah, um den Sohn meines Scheik zu befreien.“
„Bey, das ist eine schwere Sache!“
„Und dennoch würde ich es tun. Die List ist oft eine bessere Waffe als die Gewalt.“
„So wisse denn, daß es einen Haddedihn gibt, welcher nach Amadijah gegangen ist.“
„Einen einzigen?“
Ich bejahte es.
„So kann ihm nichts gelingen“, meinte der Bey. „Zu einem solchen Werk gehören viele.“
„Und dennoch ist es ihm gelungen“, entgegnete ich.
„Tu katischt nezani – was du nicht weißt! Er hat den Sohn des Scheik wirklich befreit? Durch List oder Gewalt?“
„Durch List.“
„So ist er ein tapferer und entschlossener, aber auch ein kluger Mann gewesen. War er ein einfacher Krieger?“
„Nein. Er war der Scheik Mohammed Emin selbst.“
„Chodih, du berichtest mir ein Wunder! Aber ich glaube es, weil du es sagst. Werden sie unangefochten nach ihren Weideplätzen kommen?“
„Das weiß nur Allah und du.“
„Ich? Wie meinst du das?“
„Ja, du. Ich habe gehört, daß sie sich nicht nach Westen, sondern in das Land Berwari wenden werden, um den Zab zu erreichen und auf ihm hinabzufahren.“
„Emir, das ist ein großes Abenteuer. Die beiden Helden sollten mir willkommen sein, wenn sie zu mir kämen. Wann ist die Flucht gelungen?“
„In der Nacht vor gestern.“
„Woher weißt du dies so genau? Hast du sie gesehen?“
„Beide. Auch du siehst sie, denn sie sitzen an deiner Seite. Dieser Mann ist Mohammed Emin, der Scheik der Haddedihn, und dieser ist Amad el Ghandur, sein Sohn.“
Der Kurdenhäuptling sprang auf und fragte:
„Wer ist dieser andere?“
„Mein Diener.“
„Und dieser?“
„Mein Freund, ein Mann aus dem Abendland. Wir haben uns vereinigt und den Gefangenen aus Amadijah geholt“, sagte ich ohne Prahlerei.
Jetzt entstand ein vollständiges Redegewirr von kurdischen Erklärungen, türkischen Ausrufungen und arabischen Begrüßungen. Es kam alles zur Sprache, was die Kurden von den Haddedihn gehört hatten; auch ihr Kampf im Tal der Stufen. Ich mußte dabei den Dolmetscher machen,
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