13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
denen der Abschied des Pir von mir enthalten war. Er hörte aufmerksam und in tiefster Bewegung zu; aber als ich geendet hatte, sagte er nichts als:
„Er war ein Held!“
Dann versank er in ein tiefes Sinnen, aus welchem er erst nach einer Weile wieder erwachte.
„Und was sagst du? Sie haben meinen Boten getötet?“
„Sie haben ihn hingerichtet, erschossen.“
„Wer hat den Befehl dazu erteilt?“
„Jedenfalls der Miralai.“
„O lebte er noch!“ knirschte er. „Ich ahnte, daß dem Boten etwas widerfahre. Ich hatte ihm gesagt, daß ich den Kampf wieder beginnen werde, wenn er binnen einer halben Stunde nicht zurückgekehrt sei. Aber ich werde ihn rächen; ich werde jetzt das Zeichen geben, daß nun endlich Ernst gemacht werden soll!“
„Warte noch, denn ich habe vorher mit dir zu reden. Der Kaimakam, welcher jetzt das Kommando führt, hat mich zu dir gesandt.“
Ich erzählte ihm nun wortgetreu meine ganze Unterredung mit dem Oberstleutnant und dem Makredsch. Als ich den letzteren in Erwähnung brachte, zog er die Brauen finster zusammen, doch hörte er mich ruhig bis zu Ende an.
„Also der Makredsch ist dabei! O, nun weiß ich, wem wir das alles zu verdanken haben! Er ist der schlimmste Feind der Dschesidi; er haßt sie; er ist ihr Vampir, ihr Blutsauger, und er hat auch jenem Mord die Wendung gegeben, welche zur Handhabe geworden ist, durch diesen Überfall eine Kontribution von uns zu erzwingen. Aber meine Gesandtschaft, welche nach Stambul gegangen ist, wird auch zum Anadoli Kafi Askeri (Oberrichter der asiatischen Türkei) gehen, um ihm einen Brief von mir zu überbringen, den mir der Pir Kamek noch geschrieben hat. Beide kannten sich und hatten sich lieb, und der Pir ist lange Zeit sein Gast gewesen. Er weiß die Lüge von der Wahrheit zu unterscheiden und wird uns Hilfe bringen.“
„Das wünsche ich dir von Herzen. Aber wen wirst du zu dem Kaimakam senden? Ein gewöhnlicher Mann darf es nicht sein, sonst wird er überlistet.“
„Wen ich senden werde, fragst du? Niemand werde ich senden, keinen Menschen. Nur ich selbst werde mit ihm sprechen. Ich bin das Haupt der Meinen; er ist der Anführer der Seinen, und wir beide haben zu entscheiden. Aber ich bin der Sieger, und er ist der Besiegte; er mag zu mir kommen!“
„So ist es recht!“
„Ich werde ihn hier erwarten. Ich werde ihm freies Geleit geben; aber wenn er in dreißig Minuten noch nicht zur Stelle ist, so lasse ich die Beschießung beginnen und halte nicht eher ein, als bis keiner der Osmanly mehr lebt!“
Er trat zu seinen Adjutanten und sprach kurze Zeit mit ihnen. Darauf entfernten sich zwei von ihnen. Der eine ergriff einen weißen Schal, legte seine Waffen ab und stieg links da hinab, wo ich jetzt heraufgekommen war; der andere aber schritt längs des Randes der Höhe hin und klimmte dann rechts hinab nach dem Punkt hin, an welchem die Geschütze standen.
Nun gab Ali Bey einigen Dschesidi, welche in der Nähe hielten, den Befehl, ein Zelt für uns zu errichten. Die zu demselben gehörigen Requisiten lagen bereit. Während sie seinem Gebot Folge leisteten, bemerkte ich, daß sich unten die Verschanzung öffnete. Die Kanonen wurden durch die entstandene Lücke vorgezogen und avancierten längs des Baches bis an die Linie derjenigen Dschesidi, welche auf der Sohle des Tals festen Fuß gefaßt hatten. Dort gab es mehrere Felsblöcke, welche mit einigen schnell umgehauenen Bäumen eine neue Verschanzung bildeten.
Es waren seit der Absendung des Dschesidi noch nicht zwanzig Minuten vergangen, so nahte sich der Kaimakam. Er war von drei türkischen Soldaten begleitet, und an seiner Seite ritt – der Makredsch. Das war eine große Unklugheit von dem letzteren; ich sah es dem finsteren Blick an, mit welchem Ali Bey ihn betrachtete.
Der Bey trat in das Zelt, welches mittlerweile aufgerichtet worden war, und ließ sich auf den Teppich nieder, welcher den Fußboden desselben bildete. Ich empfing die Kommenden. Die drei Soldaten blieben vor dem Zelt halten; die beiden andern aber traten ein.
„Sallam!“ grüßte der Kaimakam.
Der Makredsch grüßte nicht. Er als Vorsteher eines großherrlichen Gerichtshofes erwartete, daß der Bey der Teufelsanbeter ihn bewillkommnen werde. Dieser aber nahm weder von ihm Notiz, noch beantwortete der den Gruß des Oberstleutnants. Er deutete nur auf den Teppich und meinte:
„Kaimakam, komar-sen – du darfst dich setzen!“
Der Angeredete nahm in würdevoller Weise Platz, und der
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