13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
Makredsch ließ sich an seiner Seite nieder.
„Du hast uns gebeten, zu dir zu kommen“, begann der Offizier. „Warum bist du nicht zu uns gekommen?“
„Du irrst!“ antwortete Ali Bey sehr ernst. „Ich habe dich nicht gebeten, sondern ich habe dir nur kund getan, daß ich die Osmanly niederkartätschen lassen werde, wenn du nicht kommst. Ist das eine Bitte? Du fragst ferner, warum ich nicht zu dir gekommen bin. Wenn ich von Scheik Adi nach Mossul komme, werde ich dich aufsuchen und nicht verlangen, daß du dich zu mir bemühst; du bist von Mossul nach Scheik Adi gekommen und wirst die Gesetze der Höflichkeit kennen, welche dir gebieten, dich zu mir zu bemühen. Deine Frage veranlaßt mich übrigens, dir gleich die Stellung klar zu machen, von welcher aus wir gegenseitig zueinander sprechen werden. Du bist ein Diener, ein Beamter des Großherrn und des Mutessarif, ein Offizier, der im günstigen Falle ein Regiment kommandiert; ich aber bin ein freier Fürst der Kurden und Oberfeldherr aller meiner Krieger. Glaube darum nicht, daß dein Rang höher sei, als der meinige –“
„Ich bin nicht ein Diener des – – –“
„Schweige! Ich bin gewohnt, daß man mich hört und mich ausreden läßt; merke dir das, Kaimakam! Du bist ohne alles Recht und ohne vorherige Ankündigung in mein Gebiet eingebrochen, wie ein Dieb, wie ein Räuber mit bewaffneter Hand. Einen Räuber fange und töte ich, ganz wie es mir gefällt; da du aber ein Diener des Großherrn und des Mutessarif bist, so will ich vorher, ehe ich meine ganze Macht entwickle, in Güte mit dir reden. Daß du noch lebst, du und die Deinen, das habt ihr nur meiner Milde und Nachsicht zu verdanken. Nun sage, wer das Recht hat, zu erwarten, daß der andere zu ihm komme, du oder ich!“
Der Kaimakam machte ein ganz erstaunliches Gesicht, denn eine solche Ausführung hatte er jedenfalls nicht erwartet. Er besann sich noch, was er sagen solle; doch der Makredsch, über dessen Stößerphysiognomie es wie ein flammender Grimm zuckte, ergriff das Wort:
„Ali Bey, was wagst du! Du nennst uns Diebe und Mörder, uns, die wir als Vertreter des Padischah und des Generalgouverneurs hier sitzen! Nimm dich in acht, sonst wirst du es bereuen!“
Der Bey wandte sich in vollkommenster Ruhe an den Offizier:
„Oberstleutnant, wer ist dieser Verrückte?“
Der Gefragte machte eine erschrockene Gebärde.
„Wahre deine Zunge, Ali Bey! Dieser Effendi ist der Makredsch von Mossul!“
„Du scherzt! Ein Makredsch muß im Besitze seiner Besinnung sein. Der Makredsch von Mossul hat den Mutessarif zu dem Kriegszug gegen mich beredet; er würde, wenn er nicht verrückt ist, es nie wagen, zu mir zu kommen; denn er muß wissen, was in diesem Falle seiner wartet!“
„Ich scherze nicht. Er ist es wirklich.“
„Ich sehe, daß du weder träumst noch betrunken bist; darum muß ich dir glauben. Aber bedenke, daß ich nur dich allein zu mir gefordert habe!“
„Er ist mit mir gegangen als Vertreter und Abgesandter des Mutessarif.“
„Das ist möglich, denn du sagst es; aber kannst du mir es beweisen?“
„Ich sage und bezeuge es!“
„Das darf hier nichts gelten. Ich vertraue dir; aber ein jeder andere, der in einer solchen oder in einer ähnlichen Angelegenheit zu mir kommt, muß beweisen können, daß er das Recht und den Auftrag hat, mit mir zu verhandeln; sonst läuft er Gefahr, daß ich ihn so behandle, wie ihr meinen ersten Boten behandelt habt.“
„Ein Makredsch kann niemals in eine solche Gefahr kommen!“
„Ich werde dir das Gegenteil beweisen!“
Er klatschte in die Hände, und sogleich trat der Dschesidi ein, welcher den Kaimakam geholt hatte.
„Hast du dem Kaimakam ein sicheres Geleit versprochen?“
„Ja, Herr.“
„Wem noch?“
„Keinem.“
„Den drei Soldaten nicht, welche draußen stehen?“
„Nein, und dem Makredsch auch nicht.“
„Die drei werden abgeführt; sie sind gefangen; und diesen Mann, welcher sich für den Makredsch von Mossul ausgibt, nimmst du auch mit. Er ist schuld an allem, auch an der Ermordung meines Parlamentärs.“
„Ich protestiere!“ rief der Kaimakam.
„Ich werde mich zu verteidigen und auch zu rächen wissen“, drohte der Makredsch, indem er einen Dolch zog, den er im Gürtel stecken hatte.
In demselben Augenblick aber hatte sich Ali Bey emporgeschnellt und schlug ihm die Faust mit solcher Gewalt in das Gesicht, daß der Getroffene rückwärts niederstürzte.
„Hund, wagst du es, in meinem Zelte
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