13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
allerliebste Einrichtung! Ich hätte den Kerl beohrfeigen mögen. Er führte dieses Prinzip während der ganzen Speiseverteilung durch. Als die oberen Gefangenen versorgt waren, stiegen wir hinab in den unteren Gang.
„Wer befindet sich hier?“ fragte ich.
„Die Schlimmsten. Ein Araber, ein Jude und zwei Kurden von dem Stamm Bulamuh. Sprichst du kurdisch, Emir?“
„Ja.“
„Du magst wohl nicht mit den Gefangenen sprechen?“
„Nein; denn sie sind es nicht wert!“
„Das ist wahr. Aber wir können nicht Kurdisch und auch nicht Arabisch, und diese Hunde haben doch stets etwas zu sagen.“
„So werde ich einmal mit ihnen reden.“
Das war es ja, was ich so gern wollte; nur hatte ich nicht geglaubt, daß ich den Wächtern auch einen Gefallen erweisen werde.
Die Zelle des einen Kurden wurde geöffnet. Er hatte sich ganz vor gestellt. Der arme Teufel hatte jedenfalls Hunger; denn als er seinen Löffel Brühe erhielt, bat er, man möge ihm doch ein größeres Stück Brot geben, als gewöhnlich.
„Was will er?“ fragte der Sergeant.
„Etwas mehr Brot. Gib es ihm!“
„Er soll es haben, weil du für ihn bittest!“
Nun kamen wir zum Juden. Ich schwieg, weil dieser türkisch reden konnte. Er hatte eine Menge Klagen vorzubringen, die von meinem Standpunkt aus alle sehr wohl begründet waren; aber er wurde nicht angehört.
Der zweite Kurde war ein alter Mann. Er bat nur, vor den Richter geführt zu werden. Der Sergeant versprach es ihm und lachte dabei.
Jetzt endlich wurde die letzte Zelle geöffnet. Amad el Ghandur hockte tief unten in der Ecke und schien sich nicht rühren zu wollen, aber als er mich erblickte, erhob er sich.
„Ist das der Araber?“ fragte ich.
„Ja.“
„Spricht er nicht türkisch?“
„Er redet gar nicht.“
„Nie?“
„Kein Wort. Deshalb erhält er auch kein warmes Essen.“
„Soll ich einmal mit ihn reden?“
„Versuche es!“
Ich trat näher zu ihm heran und sagte:
„Sprich nicht mit mir!“
Er blieb infolgedessen still.
„Siehst du, daß er nicht antwortet!“ meinte der Sergeant zornig. „Sage ihm, daß du ein großer Emir bist, und dann wird er wohl reden!“
Nun wußte ich ja ganz genau, daß die Wächter wirklich nicht Arabisch verstanden; und wenn auch, der Dialekt der Haddedihn war ihnen fremdklingend.
„Halte dich heute Abend bereit“, sagte ich zu Amad. „Vielleicht ist es mir heute möglich, wiederzukommen.“
Er stand stolz und aufrecht da, ohne eine Miene zu verziehen.
„Er redet auch jetzt noch nicht!“ rief der Unteroffizier. „Nun soll er heute auch kein Brot bekommen, da er nicht einmal dem Effendi antwortet.“
Die Revision der Löcher war beendet. Nun führte man mich auch weiter in dem Gebäude herum. Ich ließ dies geschehen, obgleich es keinen Zweck hatte. Endlich waren wir fertig, und Mersinah sah mir mit fragender Miene in das Gesicht.
„Kannst du den Gefangenen Kaffee kochen?“ erkundigte ich mich bei ihr.
„Ja.“
„Und ihnen Brot dazu geben, eine sehr reichliche Portion?“
„Ja.“
„Wieviel kostet das?“
„Dreißig Piaster, Effendi.“
Also zwei Taler ungefähr. Die Gefangenen erhielten wohl kaum für eine Mark davon. Ich zog das Geld heraus und gab es ihr.
„Hier. Aber ich wünsche, daß alle davon erhalten.“
„Sie sollen alle haben, Effendi.“
Ich gab der Alten und dem Sergeanten je fünfzehn und den Arnauten je zehn Piaster, ein Trinkgeld, wie sie es wohl nicht erwartet hatten. Daher erschöpften sie sich in außerordentlichen Danksagungen, und als ich das Haus verließ, exekutierten sie ihre Verbeugungen selbst dann noch, als ich bereits die Gasse erreicht hatte und sie nur noch meinen Rücken sehen konnten.
Heimgekommen, suchte ich Mohammed Emin auf. Ich traf Halef bei ihm, welcher den Anzug gebracht hatte. Dies war unbemerkt geschehen, weil ja weder der Agha noch Mersinah zu Hause war.
Ich beschrieb dem Haddedihn meinen Besuch.
„Also heute abend!“ meinte er erfreut.
„Wenn es möglich ist“, fügte ich hinzu.
„Aber wie willst du es machen?“
„Ich werde, wenn nicht ein Zufall etwas Besseres bringt, von dem Agha den Schlüssel zu erhalten suchen und – – –“
„Er wird dir ihn nicht geben!“
„Ich nehme ihn! Dann warte ich, bis die Wächter schlafen und öffne die Zelle.“
„Das ist zu gefährlich, Emir! Sie werden dich hören.“
„Ich glaube dies nicht. Sie haben während der letzten Nacht nicht geschlafen und werden infolgedessen müde sein. Sodann gab
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