13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
ich ihnen ein Bakschisch, das sie sicher nach und nach in Raki anlegen, und dieser wird ihre Schläfrigkeit befördern. Übrigens habe ich genau aufgepaßt und da bemerkt, daß das Schloß der Haustür sich lautlos öffnen läßt. Wenn ich einigermaßen vorsichtig bin, wird es gelingen.“
„Aber, wenn man dich erwischt?“
„So habe ich doch keine Sorge. Den Wächtern gegenüber gibt es eine Ausrede, und träfen sie mich mit dem Gefangenen, nun, dann müßte eben gehandelt werden, und zwar schnell.“
„Wohin wirst du Amad bringen?“
„Er wird sofort die Stadt verlassen.“
„Mit wem?“
„Mit Halef. Ich reite jetzt mit diesem aus, um in der Umgebung der Stadt einen Ort suchen, welcher ein Versteck bietet. Halef wird sich den Weg merken und deinen Sohn hinführen.“
„Aber die Wachen am Tor?“
„Sie werden die beiden nicht zu sehen bekommen. Ich kenne eine Stelle, an welcher man über die Mauer kommen kann.“
„Wir sollten gleich selbst mitgehen!“
„Wir bleiben noch wenigstens einen Tag, damit kein Verdacht auf uns fällt.“
„Aber Amad wird sich unterdessen in großer Gefahr befinden, denn man wird ihn in der ganzen Umgebung suchen.“
„Auch dafür ist gesorgt. Unfern des einen Tores bildet der Felsen von Amadijah einen Abgrund, in den wohl wenige Männer hinabzusteigen sich getrauen. Dorthin schaffen wir einige Fetzen seines alten Gewandes, welches wir zerreißen. Man wird das finden und dann annehmen, daß er bei seiner nächtlichen Flucht in die Schlucht gestürzt sei.“
„Wo kleidet er sich um?“
„Hier. Und der Bart muß ihm sofort abrasiert werden.“
„So soll ich ihn sehen! Oh, Emir, welche Freude!“
„Ich stelle aber die Bedingung, daß ihr euch still verhaltet.“
„Das werden wir ganz sicher. Aber unsere Wirtin wird ihn kommen sehen; sie ist stets in der offenen Küche.“
„Das wirst du verhindern. Halef wird dich benachrichtigen, wenn Amad kommt. Dann gehst du hinunter und verhinderst die Wirtin, ihn zu bemerken. Das ist nicht schwer und unterdessen bringt ihn der Diener in deine Stube, welche du verschließt, bis ich heim komme.“
Ich hörte jetzt, daß Halef die Pferde hinausschaffte, und ging. Draußen fand ich die Tür des Engländers offen. Er winkte mich hinein und fragte:
„Darf ich reden, Sir?“
„Ja.“
„Höre Pferde. Ausreiten? Wohin?“
„Vor die Stadt.“
„Well; werde mitreiten!“
„Ich beabsichtige einen Ritt in den Wald. Ihr würdet gezwungen sein, ein wenig mit durch die Büsche zu kriechen.“
„Werde kriechen.“
Er war schnell fertig. Sein Pferd wurde auch gesattelt, und bald ritten wir zum Tor hinaus, welches nach Asi und Mia führt. Es war so, wie mir der Kurde Dohub erzählt hatte. Der Pfad war so steil, daß wir die Pferde führen mußten. Am Tor hatte man uns übrigens nicht angehalten, da dort Arnauten die Wache hatten, die mich von der gestrigen Parade her kannten.
Unten im Tal angelangt, wären wir rechts an die Jilaks der Einwohner von Amadijah gekommen, welche sich in die Berge zurückgezogen hatten. Darum wandten wir uns nach links grad in den Wald hinein. Er war hier so licht, daß er uns am Reiten nicht verhinderte, und nach einer Viertelstunde erreichten wir eine Blöße, wo wir abstiegen, um uns auf dem Boden auszustrecken.
„Warum hierher führen?“ fragte Lindsay.
„Ich suche ein Versteck für Amad el Ghandur.“
„Ah! Bald frei?“
Ich teilte ihm meinen Plan mit.
„Prächtig!“ meinte er. „Schöne Gefahr dabei! Erwischen! Boxen! Schießen! Well; werde mitbefreien!“
„O, Master, Ihr könnt mir nichts nützen!“
„Nicht? Warum? Schlage jeden nieder, der uns wehren will! Freier Englishman! Yes!“
„Na, wollen erst sehen! Hier links oben liegt die Stelle, an welcher man über die Mauer kommt. In der hiesigen Gegend also müssen wir uns ein Versteck suchen. Wollt Ihr mitsuchen?“
„Sehr!“
„So teilen wir uns. Ihr geht grad, und ich gehe mehr zur Seite. Wer einen guten Ort gefunden hat, der schießt seine Pistole los und wartet dort, bis der andere kommt.“
Halef blieb bei den Pferden zurück, und wir gingen vorwärts. Der Wald wurde dichter, aber ich suchte wohl lange Zeit, ohne eine geeignete Stelle zu finden, welche wirkliche Sicherheit bot. Da hörte ich einen Schuß mir zur Linken. Ich schritt der Richtung entgegen, aus welcher der Knall gekommen war, und hörte bald einen zweiten Schuß ganz in meiner Nähe. Der Engländer stand bei einem Gestrüpp, aus welchem vier
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