13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
riesige Eichen emporragten. Er war barfuß und hatte sein Obergewand abgelegt. Auch der rotkarierte Riesenturban lag am Boden.
„Habe zweimal geschossen. Konntet mich fehlen, weil der Schall im Wald täuscht. Versteck gefunden?“
„Nein.“
„Habe eins.“
„Wo?“
„Ratet! Werdet nicht erraten!“
„Wollen sehen!“
Er war barfuß und halb entkleidet; er hatte also eine Kletterpartie gemacht, und das Versteck mußte also auf einer der Eichen zu suchen sein. Aber diese waren so stark, daß man sie unmöglich erklettern konnte. Doch neben der einen ragte der schlanke Stamm einer Pinie in die Höhe und verschlang ihre doldenartige Krone mit den breitgreifenden Zweigen der Eiche. Ziemlich hoch oben lehnte sich der Stamm an einen starken Eichenast, so daß von der Pinie aus dieser leicht zu erreichen war, und oberhalb der Stelle, an welcher er am Stamm saß, sah ich ein Loch in der Eiche.
„Ich habe es, Sir!“ meinte ich.
„Wo?“
„Dort oben. Der Stamm ist hohl.“
„Well; gefunden! War bereits oben.“
„Ihr klettert wohl gut?“
„Wie Eichhörnchen! Yes!“
„Aber jedenfalls ist der ganze Baum hohl!“
„Sehr!“
„Und wer da oben hineinkriecht, der fällt herab und kann nicht heraus.“
„Sehr! Kann gar nicht heraus.“
„Dann ist es ja mit dem Versteck nichts!“
„Versteck ist gut, sehr gut. Nur dafür sorgen, daß nicht herunterfällt.“
„Auf welche Weise?“
„Ah, ihr wißt nicht? Hm, Master Lindsay gescheiter Kerl! Abenteuer! Prächtig! Möchte bezahlen, gut bezahlen! Knüppel abschneiden und in die Höhlung klemmen, quer herüber. Viel Moos hier. Dieses darauf legen. Dann kann nicht herunterfallen. Versteck fertig! Schönes Landhaus! Prachtvolle Villa!“
„Da hättet Ihr recht! Wie groß ist dort der Durchmesser der Höhlung?“
„Vier Fuß ungefähr. Weiter nach unten noch mehr. Könnt Ihr klettern?“
„Ja. Ich werde mir diese Gelegenheit einmal ansehen.“
„Nicht ledig hinauf. Gleich Knüppel mitnehmen!“
„Das ist allerdings praktischer. Hier stehen genug eichene Stangen.“
„Aber wie hinaufbringen? Klettern und auch tragen? Geht nicht!“
„Ich habe meinen Lasso mit. Der hat mich auf allen meinen Reisen begleitet, denn so ein Riemen ist eine der nützlichsten Sachen.“
„Well; so schneiden wir!“
„Aber immer vorsichtig sein, Master! Zunächst wollen wir uns überzeugen, ob wir allein sind. Unsere englische Unterhaltung kann hier kein Mensch verstehen; sie hätte also unser Vorhaben nicht verraten. Aber ehe wir handeln, müssen wir uns sicher stellen.“
„So sucht! Werde einstweilen Stangen machen.“
Ich ging den Umkreis ab und überzeugte mich, daß wir unbeachtet waren; dann half ich dem Engländer, der ganz erpicht war, da oben eine Villa zu bauen. Wir schnitten ein Dutzend etwas mehr als vier Fuß langer Stämmchen aus den Büschen, aber so, daß wir dabei jede Spur vermieden, und dann wand ich den Gürtelschal von der Hüfte, unter welchem ich den Lasso um den Leib geschlungen trug. Bis zum ersten Ast der Pinie reichte er. Während der Engländer die Stämmchen zusammenlegte und mit dem einen Ende des achtfach zusammengeflochtenen, unzerreißbaren Riemens umwand, nahm ich das andere zwischen die Zähne und kletterte empor. Die hindernden Kleidungsstücke hatte ich natürlich abgelegt. Auf dem ersten Ast angekommen, zog ich das Bündel in die Höhe. Lindsay kam nachgeklettert, und so brachten wir die ‚Knüppel‘ bis vor die Öffnung, wo sie angebunden wurden. Ich untersuchte die Höhlung. Sie hatte die angegebene Weite, wurde nach unten immer größer und reichte bis zur Erde hinab.
Nun begannen wir die Stämmchen einzuklemmen, um aus ihnen einen Fußboden zu bilden. Das mußte sehr sorgfältig geschehen, damit er ja nicht herunterbrechen konnte. Mit Hilfe der Messer brachten wir es nach einiger Anstrengung fertig. Der Boden war fest und sicher.
„Nun Moos, Streu und Laub mit dem Lasso herauf!“
Wir kletterten nun wieder hinab und hatten bald wieder so viel gesammelt, wie wir brauchten. Es wurde in meinen Haïk und das Überkleid Lindsays geschlungen, und nach zweimaligem Auf- und Niederklettern war die Höhlung in ein Versteck umgewandelt, in welchem es sich ganz weich und sicher liegen ließ.
„Wacker gearbeitet“, meinte der Engländer, indem er sich den Schweiß von der Stirn wischte. „Amad wird gut wohnen. Nun noch Essen und Trinken, Pfeife und Tabak, so ist der Diwan fertig!“
Wir kehrten jetzt zu Halef
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