131 - Unternehmen 'Crow's Nest'
ruckartig die Gardine los, die er beiseite geschoben hatte. Im gleichen Moment hörte er einen erstickten Laut, der verdächtig einem Würgen glich, als würde gleich hinter ihm jemandem die Luft abgedrückt.
»Keine Bewegung, Runner!«
Hacker ignorierte die Anweisung. Er griff nach seiner Waffe und fuhr wie der Blitz herum.
Er hatte den WCA-Agenten, der Ol’ Freddie von hinten umklammert hielt, gerade erst fixiert, als in Honeybutts rechter Hand ein Driller aufblitzte. Das Projektil traf einen zweiten WCA-Mann, der gerade die Tür eines großen Schranks aufstieß, in die Brust und ließ ihn nach hinten krachen.
Der dritte Agent – Hacker sah ihn in einer offenen Tür stehen – stieß einen Fluch aus. Dann bellte seine Waffe ohrenbetäubend auf. Ol’ Freddie fiel wie ein Sack Tofanen zu Boden und gab den Mann, der ihn von hinten festhielt, Hackers Blick preis.
Mr. Hacker schoss. Der Agent duckte sich. Das Projektil traf den Mann im Türrahmen, der mit einem ungläubigen Grunzen in den Korridor zurück fiel, durch den die illegalen Einwanderer eine Minute zuvor erst gekommen waren. Nun schoss der geduckte Agent. Auch seine Waffe erzeugte einen Höllenlärm. Sie zerschmetterte die Glasscheibe, vor der Mr. Hacker stand, und zerlegte sie in tausend Scherben. Eine Sekunde später huschte der Mann durch die Tür in den Gang, sprang über seinen gefällten Kollegen hinweg und schrie nach Verstärkung. Im ganzen Haus ertönte das Trampeln schwerer Stiefel. Eine Stimme brüllte Befehle.
»Raus hier!« Hacker deutete auf das zerschossene Fenster.
Außer Honeybutt und Aiko Tsuyoshi, der sich nach seiner schweren Gehirnoperation noch in Amarillo aufhielt, hatte niemand gewusst, wann und wo sie in die Stadt eindringen wollten. Offenbar waren die Behörden den Geschäften des braven – und nun toten – Ol’ Freddie anderweitig auf die Schliche gekommen.
Als Hacker sich über das Fensterbrett schwang, setzte sich der gegenüber wartende Nixon in Richtung des Hauses in Bewegung.
Verflucht! Seine Stiefelsohlen trafen klatschend den weichen Schneeboden. Als Honeybutt, den Driller in der Rechten, neben ihm landete, fuhr er wie eine Katze herum und hielt nach einem Fluchtweg Ausschau. In Ol’ Freddies Festung war Lärm zu hören.
»Da entlang!« Mr. Hacker setzte sich in Richtung Großstadtdschungel in Bewegung. Zweige klatschten in sein Gesicht. Honeybutt, noch immer stumm wie eine Auster, deckte ihrer beider Rückzug. Als sie endlich von dichtem Grün umgeben waren, hielt Hacker an und nickte seiner Gefährtin zu.
»Danke, Miss Hardy.«
Honeybutts Grinsen erinnerte ihn daran, dass sie diese archaische Förmlichkeit eigentlich nur praktiziert hatten, wenn Mr. Black zugegen war. Aber irgendwie war ihm dieses höfliche Getue im Laufe der Jahre in Fleisch und Blut übergegangen.
»Unser verstorbener Genosse Monsieur Marcel würde jetzt bestimmt sagen: ›Das ist aber eine mistige Merde‹.«
»Ja.« Honeybutt nickte.
Mr. Hacker fand, dass sie in den letzten Wochen, seit sie sich von ihrem agilen asiatischen Bräutigam getrennt hatten, ziemlich nachdenklich und wortkarg gewesen war. Hatte Honeybutt etwa – er wagte eine solch profane Möglichkeit kaum in Betracht zuziehen – Liebeskummer?
»Was machen wir jetzt?« Honeybutt schaute sich konzentriert nach allen Seiten um.
»Wir führen Plan B aus.«
»Plan B?« Miss Hardy machte große Augen, was kein Wunder war, denn dieser Plan war Hacker gerade erst eingefallen.
»Plan A sah vor, dass wir Ol’ Freddies Haus als Basis verwenden, um nach Doc Ryans Verbleib zu forschen«, führte Hacker aus. »Da dies nun nicht mehr möglich ist, pirschen wir uns in die Stadt und suchen ohne Basis nach ihm.« Er grinste verlegen. »Plan B mag dir vielleicht nicht wie der Weisheit letzter Schluss erscheinen, aber offen gesagt, ich hab keinen anderen. Hier können wir jedenfalls nicht bleiben.« Er deutete auf die Fußspuren, die ihre Stiefel im Schnee hinterlassen hatten. »Diese Kanaillen werden sich schon bald an unsere Fährte heften. Wir müssen schnellstens in dichter besiedelte Gefilde.«
Honeybutt nickte.
Mr. Hacker atmete auf. Nach dieser Pleite hätte er ihr nicht verübelt, wenn sie davon Abstand genommen hätte, ihren Hals für Emmiem zu riskieren. Erstens kannte sie den Bengel gar nicht, den er damals nach ihrer Abreise zum Kratersee rekrutiert hatte, und zweitens gab es nun keine Organisation mehr, der sie Loyalität schuldete.
»Also los.« Hacker schlug sich in
Weitere Kostenlose Bücher