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132 - Entführt!

132 - Entführt!

Titel: 132 - Entführt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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ging zu einem kleinen Schrank an der Wand und holte einen gefüllten Krug hervor. »Is noch alles da.«
    »Wir han den Hübschen noch garnich gedankt, dasse uns die Hütte vorgewärmt ham«, ließ sich Hinterwäldler Nummer drei vernehmen. Dabei deutete er auf das im Ofen bullernde Feuer.
    »Se könn uns noch ganz anners wärmen!«, warf der Erste ein.
    Diese Bemerkung versetzte sie alle in schallendes Lachen.
    »Vielleich schneid ich besser den Halben draußn die Kehle durch, bevorse wieda zu sich komm«, meinte der Blonde, nachdem er einen kräftigen Schluck aus dem Krug genommen hatte.
    »Nur zu«, wurde er ermutigt.
    Also zog er ein Messer aus seinem Stiefel und ging nach draußen. »Hab ich gleich erledigt! Zum Fest mitten zwei Hübschen bin ich zurück.«
    ***
    Alles was noch existiert, ist Angst und Grauen.
    Ihre Welt ist völlig aus den Fugen geraten. Die Bedrückung ist verschwunden, doch nicht Freiheit ist die Folge davon, sondern ein unendliches, kraftvolles Rauschen, das sie davon zu reißen droht; zersplitternde Realität, explodierende Wirklichkeit. Ihre Welt scheint zerbrechen zu wollen, und sie droht aus ihr heraus zu stürzen. Es ist noch schlimmer als zuvor.
    Ein dumpfer Druck herrscht, der alles in ihr zum Verstummen bringen will.
    Verstummen? Ja, warum nicht einfach verstummen, verlöschen, die unendlichen Qualen beenden und zulassen, weggetrieben zu werden ins Nichts des Nichtseins?
    Und wieder wird alles anders. Während ihre Welt Schmerz empfindet und ein letztes Aufwallen von Empfindung zustande bringt, krümmt sie sich in ihr zusammen.
    Und dann ist alles, was auf sie eindringt, seltsam weit entfernt.
    Ihre Welt bricht in sich zusammen, stürzt… und befindet sich einen Moment lang auf einer unsichtbaren Grenze, die weder Schlaf noch Tod ist, doch der Tod ist nahe, so nahe. So grausam und doch so Erlösung verheißend nahe.
    Der Tod flieht, und damit ist auch ihr eigenes Leben gesichert. Obwohl die Bewusstlosigkeit ihrer Welt einen kleinen Tod für sie selbst darstellt.
    Was sie fühlt, hört, empfindet und versteht, ist ein Kampf.
    Ein Kampf, der um ihre Welt herum tobt und wegen ihr entbrannt ist. Dann wird sie im Inneren ihrer Welt zusammen mit ihr emporgehoben und davon geschleudert. Der innere Druck weicht einem wirklichen, realen – sie wird gestoßen und beengt. Doch nur für kurze Zeit.
    Und während ihre Welt noch auf dem Grad zwischen Schlaf und Tod bleibt, doch dem Schlaf jetzt näher ist als dem Tod, versteht sie etwas Neues.
    Was sie bisher als ihre Welt angesehen hat, ist mehr als das.
    Mehr als ein Raum, um darin zu leben. Und nach weiteren Momenten wird ihre Mutter gepackt und hinweg geschleift.
    ***
    Abn el Saad schloss rasch die Augen, als einer der Muskelmänner, die vorhin überraschend zwischen den Bäumen aufgetaucht waren, aus der Hütte kam.
    Er hatte es die ganze Zeit über geahnt, dass die Hillbiis früher oder später auftauchen würden… denn ihnen gehörte die Hütte, und sie beanspruchten die kleine Insel für sich.
    (Hillbiis: früher als »Hillbillies« – Hinterwäldler –
    bezeichnet)
    Gerüchten zufolge waren sie es gewesen, die die Mureenen hier angesiedelt hatten, um unerwünschte Besucher fernzuhalten. Die Hillbiis waren auch weit und breit die einzigen, die Mureenenfischerei betrieben… und ganz gut davon lebten, denn die Raubfische galten als Delikatesse.
    Und ausgerechnet auf diese Insel hatte sich die verwirrte Faathme geflüchtet! Verdammt noch mal – wäre er alleine, wäre jetzt der beste Moment für eine Klageliturgie erster Güte gewesen: alle dreiundzwanzig Lamentierungen der »Ode des ewigen Trauerfeuers im Angesicht des Verzweifelten und seiner hässlichen Frouwe«.
    Vor wenigen Augenblicken war Saad aus seiner Ohnmacht erwacht, mit heftig schmerzendem Hinterkopf. Ein rascher Handgriff bestätigte, was er befürchtete: Die schreckliche Steinschleuder hatte ihn außer Gefecht gesetzt. Seine Hand war voller Blut, als er sie zurückzog und betrachtete. Fast war es ihm nicht gelungen, einen Aufschrei zu unterdrücken, so sehr erschrak er.
    Und jetzt trat einer der Hillbiis nach draußen! Das Herz in Saads Brust drohte stehen zu bleiben – doch der Muskelmann hielt lediglich Faathme in Händen und schleuderte sie brutal nach draußen, ehe er sich umdrehte und wieder in der Hütte verschwand.
    Lediglich Faathme? Saad schalt sich selbst für diesen Gedanken. Reglos war sie wenige Körperlängen von ihm entfernt liegen geblieben. Auch sie

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