1328 - Die Harmonie des Todes
Spione hast, Salaam Siin."
„Weiter!" forderte Salaam Siin den anderen ungehalten auf. Koden Free sprach zwar die Wahrheit, aber er hatte soeben die ungeschriebenen Gesetze der Singschulen von Mardakaan grob verletzt.
„Eine meiner Verbindungen reicht bis in die Belku namtal."
Salaam Siin fuhr wie elektrisiert auf. „Kaleng Proo ... Was ist mit ihm?"
„Genaues weiß ich noch nicht, aber ich habe erfahren, daß Kaleng Proo einen vernichtenden Schlag gegen dich plant. Einen Schlag, der über die üblichen Intrigen weit hinausgeht."
„Was ist es?" drängte Salaam Siin. „Bist du darauf aus, dein Wissen teuer zu verkaufen?"
Koden Free tat empört, aber Salaam Siin sah, daß es eine Maske war. Unter die Maske reichte sein Blick allerdings nicht. „Ich bin ein loyales Mitglied der Nambicu ara wada!
Zweifle nicht an mir, Salaam Siin; schließlich bin ich es, der dich warnen möchte."
„Dann gib endlich genaue Auskunft."
„Das geht nicht, weil ich selbst noch nichts Genaues weiß. Aber es kann nur noch ein paar Tage dauern, bis mein Informant sich wieder meldet. Dann solltest du Zeit für mich haben."
Salaam Siin überlegte eine Weile. Kaleng Proo... Er hatte es ja gewußt. Sie würden im Großen Finale aufeinandertreffen, genau wie beim letzten Mal, und diesmal würde es härter kommen denn je. Vielleicht brachte Koden Frees Einsatz tatsächlich entscheidende Hinweise - er jedenfalls würde dankbar darum sein.
„Nun gut, Koden Free", sang er deshalb, „du hast jederzeit Zugang zu mir. Ja, wenn du recht behältst, ist dir der Dank der Nambicu ara wada sicher."
Koden Free lächelte nochmals und verließ wortlos Salaam Siins Klause. Nach mehr als einer Stunde fiel der Netzgänger endlich in unruhigen Schlaf. Immer wieder Kaleng Proo.
Und wieder spürte er, wie ein Teil seiner selbst sich furchtsam duckte.
7. Sieger und Besiegte
Der nächste Tag brachte sie bis an den Rand einer Niederlage.
Salaam Siin war unkonzentriert und nachlässig, als habe allein die bloße Erwähnung einer Intrige Kaleng Proos sein seelisches Gleichgewicht durcheinandergebracht. Ihm unterliefen Fehler, und den hauchdünnen Sieg verdankte die Nambicu ara wada nur ihrem allgemein hervorragenden Ausbildungsstand.
Am Abend freute er sich wiederum, sein Bett aufsuchen zu können. Zwei Tage Pause ...
Er hatte sie dringend nötig, dachte Salaam Siin. War er nicht sowohl seinen Schülern als auch den Gängern des Netzes verpflichtet? Einen zweiten rabenschwarzen Tag wie diesen konnte er sich nicht leisten. Zuviel hing davon ab, daß die Nambicu ara wada im kommenden Spiel des Lebens den Ton angab.
Er nutzte die Ruhepause planmäßig, und als das Halbfinale gekommen war, hatte er seine Leistung stabilisiert. Kaleng Proos Singschule würde gleichzeitig anzutreten haben - ihr Gegner galt als die große Überraschung des laufenden Wettbewerbs. Aber Salaam Siin war sicher, daß die Finalpaarung auch diesmal Belku namtal/Nambicu ara wada heißen würde.
Und er behielt recht: Nach Ablauf der Halbfinalbegegnungen hatten sich beide Favoriten durchgesetzt. Zwei-, dreimal tauchten zwischendurch die Freien von Siom Som, Tekener und Danton, zu Informationszwecken auf, aber Salaam Siin setzte sich mit ihnen nicht in Verbindung. Die beiden Terraner würden ohnehin genau über seine Rolle unterrichtet sein; dafür hatten logischerweise andere Netzgänger gesorgt.
Einen Tag vor der tatsächlichen Finalbegegnung wurde Salaam Siin neuerlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Diesmal allerdings war er besser vorbereitet, denn er hatte ja gewußt, daß irgendeine Intrige bevorstand.
Mit einem unnatürlich pfeifenden Geräusch schlug der Türsummer an.
„Öffnen!" rief Salaam Siin dem Servo zu. Und, seinem Besucher zugewandt: „Komm herein, Koden Free. Hast du die Informationen?"
„Die habe ich - und du wirst überrascht sein, Salaam Siin ..."
Er musterte den anderen argwöhnisch. Koden Free war fast unauffällig gekleidet - er hatte etwas Geheimnisvolles an sich, irgendein Detail, worüber Salaam Siin unwillkürlich stolperte.
„Sprich, Koden Free!"
Der andere zog einen grauen Umschlag aus seiner einzigen Gewandfalte, dem er zwei Folien entnahm. Die erste enthielt lediglich eine Zeichnung des Arenaareals, worauf zwei Dutzend Punkte eingekreist waren, während die zweite Folie offenbar eine technische Anleitung darstellte.
„Was soll das?" fragte Salaam Siin verunsichert. „Wozu sind die Punkte gut?" Der zweiten Folie schenkte er
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