Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1328 - Die Harmonie des Todes

Titel: 1328 - Die Harmonie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Auf der einen Seite standen locker verteilt die gegnerischen Sänger, auf der anderen dichtgedrängt die Mitglieder der Nambicu ara wada. Je weiter der Wettstreit der Sänger seinem Großen Finale entgegenging, desto mehr Platz würde auch zur Verfügung gestellt.
    Hier aber, in der ersten Runde von neun, mußte man sich räumlichen Beschränkungen anpassen. Salaam Siin war nicht sonderlich böse darum, half es doch mit, seinen Sängern die Schwierigkeit der Aufgabe vor Augen zu führen. Sie alle würden ständig die Koordination zwischen Akustik und Psionik im Auge haben müssen - oder ihr erster Gegner warf sie lange vor dem eigentlichen Finale aus dem Rennen.
    Der Sieger wurde nach dem K.o.-System ermittelt. An jeweils zwei aufeinanderfolgenden Tagen standen sich die Singschulen in der Arena gegenüber, und eine unabhängige Jury aus Meistersingern setzte anschließend den Sieger fest. Dabei half eine ganze Batterie von Meßapparaturen: Geräte, deren Aufgabe die Messung psionischer Wirkungsquanten war, akustische Geräte, denen nicht die geringste Dissonanz entging, und dazu Hybridmechanismen, deren Wirkungsweise Salaam Siin unverständlich blieb.
    Er wußte allerdings, daß die eigentliche Bewertung von der Jury vorgenommen wurde.
    Als er noch ein junger Sänger gewesen war, hatte er angenommen, dies müsse unweigerlich zu Fehleinschätzungen und Betrug führen. Aber das Gegenteil war der Fall; während der Ausscheidungswettkämpfe und schon Wochen vorher waren die Juroren die bestbezahlten und bestgeschützten Ophaler auf Mardakaan. Als einziger hätte Graucum, der Kodexwahrer, eingreifen können. Doch dem Panish Panisha stand ohnehin die Möglichkeit einer Dekretentscheidung offen.
    „Stellt euch auf!" rief Salaam Siin, so laut er konnte. „Es wird bald losgehen!"
    Er wußte, daß in der Mitte der Arena, direkt zwischen den Schulen, längst alle sieben Mitglieder der Jury zusammengekommen waren. Techniker hatten vor einer Stunde die Meßgeräte auf einen Antigravschlitten geladen, letzte Funktionsprüfungen vorgenommen und sie in dreißig Metern Höhe „geparkt".
    Salaam Siin sah, daß ein paar seiner Schüler vor lauter Aufregung ihre Plätze nicht fanden. Es war das Lampenfieber, dachte er; Schüler vor ihrem ersten Wettkampf reagierten immer so. Kein Grund zur Panik ...
    „Rasch jetzt!" rief er trotzdem.
    Er fing einen warnenden Seitenblick vom Vorsitzenden der Jury auf. Die Mitglieder der kleineren Schule hatten schon vor einer halben Minute vollzählig ihre Plätze eingenommen - aber sie waren nur dreihundert, die Mitglieder der Nambicu ara wada dagegen tausend auf engem Raum.
    Endlich standen alle Sänger, wo sie stehen sollten.
    Salaam Siin signalisierte der Jury Bereitschaft. Die Auslosung konnte beginnen. Etwas ruhiger trat er vor, ließ noch einen letzten Blick über die eigenen Sänger streifen und nahm seinen vorgeschriebenen Platz direkt gegenüber dem gegnerischen Singlehrer ein.
    Es war ein riesengroßer, fast ganz in dunkles Rot gekleideter Ophaler, den Salaam nicht kannte. Er wußte nur, daß der andere einen unbedeutenden Satzgesang erstmals zur Aufführung gebracht hatte. Daraufhin war er zum Leiter einer eigenen Singschule aufgestiegen, und wie gewöhnlich hatte er um sich eine kleine, treu ergebene Anhängerschaft gesammelt. Zum Sieg würde es trotzdem nicht reichen. Dessen war Salaam Siin fast sicher. Zu beschränkt würde das Repertoire des anderen zwangsläufig ausfallen, zu wenig ausgereift die Koordinationsfähigkeit seiner Schüler.
    „Wenn einer von euch Klagen vorzubringen hat", sang der Vorsitzende der Jury mit entschiedenem Unterton, „so möge er dies tun. Ansonsten beginnt nach der Losung der Wettkampf."
    Sowohl Salaam Siin als auch der gegnerische Singlehrer machten Gesten der Verneinung.
    Der Vorsitzende nahm eine altertümliche Münze, wie sie vielleicht vor Jahrtausenden einmal im täglichen Gebrauch gewesen war, und ordnete den beiden Kontrahenten je eine Seite zu. Anschließend warf er die Münze hoch in die Luft. Mit sacht klimperndem Geräusch schlug sie auf den Betonuntergrund, drehte ein paar Kreise und lag schließlich still.
    „Du hast die erste Wahl, Salaam Siin. Wer beginnt?"
    Salaam Siin mußte nicht lange überlegen. Gerade in der ersten Runde war es für seine Schule von Vorteil, wenn sie endlich den ersten Gesang hinter sich bringen konnte.
    Ansonsten würde der psychologische Druck wachsen und wachsen. Fehler würden sich einschleichen - vermeidbare

Weitere Kostenlose Bücher