1328 - Die Harmonie des Todes
abverlangen, als es diesmal der Fall gewesen war.
Ohne weitere Zwischenfälle traten sie den Rückflug zu ihren Quartieren an. Zwei Tage Pause war das mindeste, was ihnen die Wettkampfleitung zugestehen mußte. Sie würden die Zeit nutzen, und Salaam Siin legte sich im Geist bereits Details zurecht, woran er noch feilen wollte. Nach diesem ersten Sieg würde sich die Aufnahmebereitschaft seiner Sänger erhöhen - so zumindest hatte es die Erfahrung gezeigt. Die größte Anspannung war einer lockeren Erwartungshaltung gewichen. Sie kannten ihren Wert genau, denn viele Schüler der Nambicu ara wada hatten bereits das Große Finale vom letzten Mal miterlebt.
„Schlaft euch gut aus!" empfahl Salaam Siin allen Sängern, die er vor dem Einbruch der Nacht noch antraf. „Morgen ist ein neuer Tag; dann braucht ihr jedes bißchen Konzentration, das ihr habt."
Tatsächlich bekamen sie in den beiden folgenden Tagen mehr zustande als in zwei Wochen vorher. Der nächste Gegner wurde ausgelost - und geschlagen. Salaam Siin wunderte sich, wie problemlos nun alles lief. Trotzdem konnte er sich des unguten Gefühls nicht erwehren, das ihn hin und wieder beschlich und warnen wollte. Fühle dich nicht zu sicher, schien es sagen zu wollen, bleib auf der Hut!
Aber nichts geschah. Nach drei Wochen waren nur mehr sechzehn Schulen übriggeblieben, und den Regeln entsprechend wurde nun der Wettkampfmodus ein wenig verändert. Es galt, außer einer Demonstration des suggestiven Wirkungsgrades zusätzlich inhaltlich gebundene Gesänge aufzuführen. Daher wurde an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gesungen. Dem zweiten Prüfungsgebiet waren enge Grenzen gesteckt: Man konnte die Taten der Ewigen Krieger verherrlichen, die Wunder ESTARTUS oder die Lehre vom Permanenten Konflikt. Als spezielle Einzelthemen waren auch Ehre, Kampf und Gehorsam möglich, doch alles, was darüber hinausging, würde eine sofortige Disqualifikation zur Folge haben.
Manchmal wünschte sich Salaam Siin während dieser Tage in seine Zeit als sternenwandernder Troubadour zurück. Er würde nach Talenten Ausschau halten und am Abend das Geld für die nächste Passage verdienen - aber all dies waren Träumereien.
Als einzige echte Entspannung blieben ihm die Sprünge durch das Psionische Netz, die er regelmäßig unternahm. Fast immer suchte er dann die HARMONIE auf; nach wie vor war das Netzgängerschiff ja in der Korona einer Nachbarsonne geparkt, ohne daß er es einmal hätte bewegen müssen. Vielleicht kam es dazu auch gar nicht, denn der Plan, woran er seit dem letzten Aufenthalt auf Sabhal arbeitete, beruhte auf Intelligenz und List, nicht auf überlegener Technik.
Die Informationsknoten belieferten ihn hin und wieder mit neuen Informationen. So erfuhr er zum Beispiel, daß am Gelingen des Plans ein Elfahder namens Rottlar beteiligt sein sollte. Für seinen Geschmack waren es zu viele Unwägbarkeiten, womit die Netzgänger rechnen mußten. Trotzdem wollte er alles tun, daß zumindest die 1.300.000 Ophaler in der großen Kalmenzone von Siom Som ihren Part erfüllten.
In der Runde der letzten acht trafen sie auf eine der angesehensten Singschulen von Mardakaan. Der erste Tag war für die Nambicu ara wada zwar gut, aber vom Ergebnis her denkbar knapp verlaufen, und Salaam Siin sehnte sich förmlich danach, ins Ruhebett zu fallen und bis zum nächsten Morgen durchzuschlafen.
Vorsorglich aktivierte er vor seiner Klause das NICHT-STÖREN-Signal.
Trotzdem riß ihn kurz vor Mitternacht ein Summton aus dem ersten Schlummer, und der Monitor zeigte automatisch einen Ophaler, den Salaam Siin erst vor kurzem in die Nambieu ara wada aufgenommen hatte. Der andere war zwar ein hervorragender Sänger, aber ihm hingen auch dubiose Gerüchte nach.
„Herein", sang er. Der Türservo öffnete, und Salaam Siin schaute den Störenfried mißbilligend an.
„Weshalb bist du gekommen?" fragte er ohne suggestiven Druck in der Stimme. „Weißt du nicht, daß morgen der zweite Durchgang beginnt? Genau wie ich solltest du schlafen..."
„Verzeih, Salaam Siin. Mein Name ist Koden Free."
„Ich weiß. Du bist erst seit kurzer Zeit bei der Nambieu ara wada."
Der andere verzog sein Gesicht zum ophalischen Äquivalent eines Lächelns. „Das ist richtig. Und es gibt einen guten Grund für mich, dich zu stören. Es hängt indirekt damit zusammen, daß ich der Nambieu ara wada erst vor kurzem beigetreten bin. Ich habe Verbindungen, gute Verbindungen ... bis hin zu Stellen, wo nicht einmal du
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