1343 - Manons Feuerhölle
weiterhin parallel zum Bahnsteig entlang und suchte ihr Heil in der Flucht. Das konnte nur die dunkle Tunnelröhre sein.
Ich hatte es leider nicht geschafft, aufzuholen, aber ich blieb dran.
Ich würde sie so lange verfolgen, bis ich sie erreicht hatte. Möglicherweise war sie noch zu retten.
Das wollten auch die beiden Aufpasser.
»Nein! Nein!«, brüllte ich ihnen entgegen. »Tun Sie das nicht. Bleiben Sie weg!«
In der Station war es alles andere als still. Ich war nicht mal sicher, ob sie meine Stimme gehört hatten. Sie zögerten kurz, liefen dann aber weiter.
Mein Gott, sie würden verbrennen. Ich legte an Tempo zu. Da ich dicht an der Bahnsteigkante entlangrannte, standen mir auch nicht zu viele Personen im Weg. Es war keiner da, der sich in meine Nähe traute, und so kam ich recht gut voran.
Nur hatten es die Aufpasser besser. Sie würden die Flüchtende vor mir erreichen, und ich schrie ihnen noch mal meine Warnungen zu. Es war ihnen egal. Sie wollten ihren Job tun und ahnten nicht, dass dieser tödlich enden konnte.
Manon Lacre persönlich war es, die sie rettete. Sie wollte sich von ihnen nicht den Weg abschneiden und sich auch nicht berühren lassen. Aus dem Lauf heraus und mit einem Sprung setzte sie neben die Gleise, wo Platz genug für sie war, um weiterzulaufen.
In London fährt die U-Bahn noch auf einem höheren Gestell. An ihm entlang rannte Manon jetzt als brennendes Etwas weiter auf die dunkle Öffnung zu, um dort zu verschwinden.
Verfolgt wurde sie nur noch von mir. Die beiden Uniformierten waren am Rand stehen geblieben und taten etwas Vernünftiges. Die Frau hatte ein Sprechfunkgerät gezogen und bereits eine Verbindung hergestellt. Sie sprach schnell, und ihre Stimme überschlug sich beinahe.
Der Mann tat nichts. Ich packte ihn mir und schrie ihm ins Gesicht: »Scotland Yard! Hören Sie genau zu. Ich werde in den Tunnel laufen und mir die brennende Frau holen. Tun Sie mir den Gefallen und lassen Sie die Strecke sperren. Klar?«
Er reagierte nicht.
Ich fasste ihn an den Schultern und schüttelte ihn durch. »Ist das klar, verdammt?«
»Ja, es ist klar!«
Die Antwort hatte mir die Frau gegeben. Auch sie erlebte noch den Schrecken, was ich an ihrem Gesicht ablas, doch sie hatte sich besser unter Kontrolle als ihr Kollege.
»Gut, dann…«
»Wollen Sie wirklich in den Tunnel?«, schrie sie mich an.
»Ich will nicht, ich muss!«
»Aber…«
Es war mir egal, was sie noch vorbringen wollte. Für mich gab es keine andere Möglichkeit. Ich musste Manon Lacre fangen. Ich wollte nicht, dass sie endgültig verbrannte und nicht mehr zurückkehrte. Ich wollte dem Teufel keinen Sieg gönnen.
Dabei fragte ich nicht danach, wie schlecht oder gut meine Chancen standen, ich nahm so schnell wie möglich die Verfolgung auf…
ENDE des ersten Teils
Weitere Kostenlose Bücher