1366 - Das neue Atlantis
mich zu wehren, denn ich war der Erbe, der Sohn des Lichts. Ich besaß das Kreuz, in dem sich die Macht des Guten gesammelt hatte, auf dem vier mächtige Erzengel ihre Zeichen hinterlassen hatten und auf dem noch die Symbole des Positiven eingraviert worden waren.
Über Jahrhunderte hinweg war das Kreuz das Sinnbild des Sieges gewesen, was auch der Prophet Hesekiel schon vorausgesehen hatte, als er das Kreuz einige hundert Jahre vor Beginn der Zeitrechnung hergestellt hatte. Da war das Volk der Israeliten in die babylonische Gefangenschaft geraten, und während dieser Zeit war es dem Propheten gelungen, das Kreuz herzustellen.
Seine Weitsicht konnte bewundert werden, und der Talisman war über viele Wege in meinen Besitz gelangt. Ich war jetzt sein Besitzer, und es hatte mich zum Sohn des Lichts gemacht.
Nutzte mir das noch in dieser Lage?
Ich wusste es nicht. Ich hatte es aktiviert und seine Kraft gegen den Lügenengel geschickt. Dieses helle Strahlen hatte ihn gepackt, aber es hat ihn nicht verbrannt, weil es ihm gelungen war, nach Luzifer, seinem großen Helfer, zu schreien.
Der hatte ihn erhört. Ich sah ihn nicht, ich spürte ihn nur, und ich bekam mit, dass sich das helle Licht veränderte. Für mich war es ein Beweis, dass sich der Mächtigste unter den Bösen bereit gemacht hatte, den Kampf aufzunehmen.
Belial hatte seine statuenhafte Haltung nicht aufgegeben. Er reckte weiterhin die Arme in die Höhe, als würde sich der Himmel öffnen, um ihn zu erhören.
Es war nicht der Himmel, sondern das Gegenteil, und es führte die Behauptung ad absurdum, dass der Himmel oben und die Hölle unten war.
Da kam etwas. Das absolute Nichts, das trotzdem eine Farbe hatte.
Wissenschaftler sprechen oft von Schwarzen Löchern, die alles verschlingen, selbst ganze Galaxien.
Mir kam das Erscheinen Luzifers so vor, als hätte sich ein Schwarzes Loch geöffnet, denn ich musste als Zuschauer erleben, wie das Licht des Kreuzes seine Strahlen verlor.
Es war matter geworden und wurde immer matter, wobei es auch seinen ursprünglichen Schein verlor und einen anderen Glanz erhielt. Es erinnerte mich an den Glanz eines polierten Metalls, das seine Mattheit noch nicht völlig verloren hatte.
Der Hintergrund fraß den Vordergrund weg wie ein verdammtes Ungeheuer, das nie satt wurde.
Welche Gedanken mich in diesen schrecklichen Augenblicken beschäftigten, wusste ich nicht. Ich war einfach nicht dazu in der Lage, sie zu artikulieren und in eine Folge zu bringen. Ich hielt mein Kreuz in der Hand und fühlte mich hilflos, wobei das Gefühl des Verlierers sich immer mehr verstärkte, denn die finstere Macht senkte sich immer tiefer, um das Licht verblassen zu lassen.
Wenn das so weiterging, würde ich von der Umgebung bald nichts mehr sehen können. Dann existierte nur noch die absolute Dunkelheit, sodass ich dem Begriff Hölle immer näher kam.
Sollte sie mich schlucken? Hatte ich das Spiel zu hoch gereizt? War meine Uhr abgelaufen?
Noch sah ich die Umgebung. Die Steinhaufen, die sich immer als Stelen so stolz in den Himmel gereckt hatten und von einer starken Magie erfüllt gewesen waren.
Es gab sie noch.
Trümmer!
Zerbrochen, zerstört von einer mörderischen Kraft, für die sich auch Belial verantwortlich zeigte, der sogar der Kraft des Kreuzes widerstanden hatte.
Warum?
Nur wegen Luzifer?
Das wollte und konnte ich nicht glauben, denn er hatte den Namen seines Mentors erst dann gerufen, als er bereits vom Licht erfasst worden war. Da hätte er längst zerstört sein müssen.
Er war es trotzdem nicht. Das war mein großes Problem, über das ich trotz der Anwesenheit dieses bösen Urengels nachdachte. Für mich waren hier die Gesetze auf den Kopf gestellt worden, und ich hatte Probleme, dies zu begreifen.
Belial stand vor mir!
Er sah widerlich aus wie immer. Seiner hagere graue Gestalt war durch das Hochreißen der Arme in die Länge gezogen worden. Den grauen, nackten und etwas behaarten Körper verglich ich mit dem einer Riesenratte, auch wenn deren Kopf nicht so aussah. Das in die Länge gezogene freudlose Gesicht war einfach der Triumph des Bösen. Er hatte es verzerrt. Sein Mund hatte sich in ein offenes Maul verwandelt, zwischen dessen Lippen der letzte Schrei noch stecken geblieben war.
Allmählich zog sich das Licht von ihm zurück, denn die unermessliche lichtlose Schwärze sank immer tiefer und war bereit, uns beide zu schlucken.
Für mich stand fest, dass ich ihr nicht länger würde standhalten können.
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