1372 - Im Strudel des Bösen
anders.«
Ich brauchte es nicht erst zu probieren. Suko hatte mit seiner Aussage Recht. Hier war der Geruch von Menschen wahrzunehmen.
Man merkte einfach, dass sich jemand in der Nähe aufgehalten hatte. Wir rochen kein Rasierwasser, das noch in der Luft hing, aber Menschen mussten hier wohnen oder bis vor kurzem gewohnt haben.
Da die Tür nicht abgeschlossen gewesen war, gingen wir davon aus, dass sie sich in der Nähe aufhielten. Unter Umständen verteilt über mehrere Etagen. Es bedeutete, dass wir uns daran machen mussten, das Haus zu durchsuchen.
Erfreut war ich darüber nicht. Aber ich dachte darüber nach, wo wir anfangen sollten, und mir kam in den Sinn, dass zahlreiche Herrenhäuser einen Keller besaßen.
Mit Suko sprach ich darüber. Er stimmte mir zu, dass wir ihn uns auf jeden Fall anschauen sollten, falls wir einen Zugang entdeckten.
Wo wir standen, gab es weder eine Treppe nach unten, noch eine, die nach oben führte. Wir konnten uns nur auf einer Ebene weiterbewegen.
Leere Räume oder Hallen lagen vor uns. Nur spärlich möbliert.
Wir gerieten auch in keine Küche und in keinen Raum hinein, der auf Leben hindeutete.
So etwas musste es aber geben!
Wir ließen uns nicht entmutigen und waren natürlich auf der Hut, denn wir wollten nicht durch einen plötzlichen Angriff überrascht werden. Es konnte auch sein, dass die Ratten das sinkende Schiff verlassen hatten, aber warum hatten sie dann die Tür nicht abgeschlossen?
Da stimmte etwas nicht. Außerdem war das Haus geräumig genug, um sich verstecken zu können.
Plötzlich veränderte sich alles. Suko war etwas hinter mir zurückgeblieben, und so oblag es mir, eine Tür zu öffnen, hinter der zwar nicht das Paradies lag, aber ein großer Raum, schon mehr ein hoher Saal, der in Höhe der ersten Etage von einer Galerie umgeben wurde und ansonsten fast nur mit voll gestopften Bücherregalen gefüllt war, sodass die Möbelstücke kaum auffielen.
Das war die Seele dieses Hauses, in die ich hineinstaunte.
Suko hatte mich ebenfalls erreicht. Auch er war überrascht und deutete dies durch ein Kopfschütteln an.
»Hast du das erwartet, John?«
Ich zuckte die Achseln. »Dies sicherlich nicht. Aber etwas musste es ja geben.«
»Und was ist das hier?«
»Eine Bibliothek über zwei Etagen und ein Arbeitszimmer, in dem Sir Richard seine Forschungen durchgeführt hat. Imposant, das muss ich wirklich sagen. Hätte ich nicht gedacht, so etwas in diesem Haus noch zu finden. Hut ab, würde ich sagen.«
»Okay, dann sehen wir uns das Zimmer mal genauer an.«
Das wollten wir auf jeden Fall. Hier gab es bestimmt Hinweise.
Nur würde es nicht einfach sein, sie zu finden.
Der Fußboden bestand aus blank polierten Holzbohlen, über die an bestimmten Stellen auch schmalere Teppiche gelegt worden waren. Sie bildeten so etwas wie eine Flucht, die direkt zum Zentrum der Bibliothek führte.
Von der Decke hingen dort an Stäben lange Lampen herab. Sie strahlten ein helles Licht ab, sodass es uns nichts ausmachte, dass draußen die Dämmerung bereits weit vorgeschritten war.
Die Mitte dieses Saals bildete zugleich den Arbeitsplatz. Wir sahen einen Schreibtisch, auf dem auch der Computer nicht fehlte, dessen Monitor allerdings kein Bild zeigte. Es gab eine Sitzgruppe, einen Tisch, auf dem noch etwas zu trinken stand, sodass er den Eindruck machte, als wäre er von den Gästen mal eben verlassen worden.
Und es war still. Durch das Schreiten über die Teppiche hinweg sorgten auch wir nicht für Geräusche, und so gelangten wir fast lautlos bis zum Schreibtisch.
Mir fiel auf, dass Suko in leicht angespannter Haltung ein Stück entfernt stehen geblieben war.
»Stört dich was?«
»Ja.«
»Und?«
»Ich denke, dass wir nicht allein sind.«
»Stimmt«, sagte eine Männerstimme und überraschte mich dabei mehr als Suko…
***
Aus dem Schatten eines Ohrensessels, den ich gar nicht so hoch erachtet hatte, weil er abseits stand, erhob sich eine Gestalt, die von Sekunde zu Sekunde wuchs.
Wir konnten nur staunen, aber nichts tun. Es sah so aus, als wäre eine Statue lebendig geworden. Zudem hörten wir keinen Ton. Der Mensch bewegte sich absolut lautlos.
Mit dem oberen Teil des Körpers verließ er zuerst den Schatten des großen Sessels, und deshalb geriet auch der Kopf in den Bereich des Lichtscheins.
Ich für meinen Teil konnte behaupten, dass ich den Mann noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Bei Suko war es sicherlich auch der Fall, denn einer wie er wäre
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