1378 - Wenn die Totengeister kommen
beinahe stofflich aus.
Im Inneren war sie dunkler. Ich hatte den Eindruck, als würde sie nicht aus einem Ektoplasma bestehen, sondern aus Rauch, in den sich ihr Körper bei der Verbrennung aufgelöst hatte.
»Du kannst die Verantwortlichen nicht retten«, hörte ich wieder ihre Stimme, »denn sie gehören uns.«
»Tut mir Leid. Ich kann sie euch nicht überlassen, so sehr ich euer Schicksal bedauere. Diese Männer haben sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht, und sie werden sich dafür vor einem irdischen Richter verantworten. Ich lasse nicht zu, dass man sie ermordet.«
»Dann willst du mich aufhalten?«
»Ja, das werde ich!«
»Du bist ein Mensch!« Wieder umschwebte der Stimmenklang meinen Kopf und drang in meine Ohren.
»Ich weiß, dass ich ein Mensch bin, und ich bin auch stolz darauf. Das ich vor dir keine Furcht zeige, sollte dir eigentlich zu denken geben, Lucille.«
»Ja, ja, ich spüre etwas. Du hast was an dir. Es gefällt mir nicht. Ich habe ihm längst abgeschworen. Das war für mich damals ein Stück Kindheit, aber es hat mir nicht geholfen. Mich hat das Schicksal trotzdem getroffen.«
»Sein Schicksal hat jeder Mensch allein zu verantworten. Da kann man keinen anderen Menschen für schuldig sprechen. Und was ich bei mir trage, ist ein Gegenstand, auf den ich schon seit Jahren vertraue. Ich werde ihn dir zeigen.«
Das Kreuz hing nicht mehr vor meiner Brust. Auf dem Weg hierher hatte ich es in die Tasche gesteckt. Meine Hand rutschte wie von selbst hinein, und Sekunden später lag sie wieder frei.
Diesmal hielt sie etwas fest.
Und Lucille starrte auf das silberne Kreuz, dessen Wärme über meine Hand pulsierte…
***
Der Augenblick der Wahrheit war gekommen, und ich war gespannt wie sich die Totengeister verhalten würden.
Zunächst passiert nicht viel. Lucille sah das Kreuz. Ich wusste nicht, ob sich Geister erschrecken können, aber ich hatte den Eindruck, als würde die Gestalt vor mir leicht zusammenzucken.
Ein Laut war nicht zu hören. Sie huschte nur zur Seite und auch nach hinten weg.
»Ist es das, an das du nicht mehr geglaubt hast?«
»Ja. Ich wollte es nicht. Es hat mich im Stich gelassen. Mein Lehrmeister, der alte Zauberer, hat mir erklärt, dass es viel stärkere Amulette und Schutzmittel gibt.«
Ich schüttelte den Kopf, denn mit dieser Antwort war ich nicht einverstanden. »Es ist kein Amulett. Es ist das Zeichen des Sieges. Es hat über den Tod und die Hölle triumphiert. Egal, welche Sphäre euch entlassen hat, dagegen werdet ihr nicht ankommen. Ihr befindet euch auf der Verliererstraße.«
Ein Mensch hätte seine Gefühle bestimmt gezeigt. Sie war dazu nicht in der Lage.
Aber ich hörte einen Schrei.
Und den hörten Glenda und Suko auch.
Es war das Zeichen zum Angriff für die drei anderen Totengeister, die sich Glenda und Suko vornahmen…
***
Für die beiden änderte sich die Lage binnen Sekunden. Aber Suko wäre nicht Suko gewesen, wenn er sich nicht vorbereitet hätte.
Mit einer Kugel konnte er nichts erreichen, auch wenn sie aus geweihtem Silber bestand. Aber die Beretta war nicht seine einzige Waffe. Es gab noch die Dämonenpeitsche, die er schon zuvor gezogen und damit den Kreis beschrieben hatte.
Die Riemen waren aus dem Griff gerutscht, und Suko hatte die Peitsche so ausgefahren an seinen Körper gesteckt.
Er rief Glenda zu, auf der Stelle auszuharren und lief auf die drei Geistgestalten zu.
Dabei schwang er die Peitsche im Bogen. Er wollte weit ausholen, um möglichst alle drei zu erwischen, so lange sie noch dicht beisammen standen.
Es klappte auch. Suko schaute den drei Riemen nach. Sie waren auseinander gefächert. So war es leichter, mehrere Ziele zu treffen.
Sie trafen auch.
Wie Streifen glitten sie in die feinstofflichen Körper hinein. Es war zu sehen, wie die Geistwesen an verschiedenen Stellen geteilt wurden. Ihre Körper bestanden nur noch aus Stücken, und Suko wartete darauf, dass sie sich auflösten.
Das trat jedoch nicht ein.
Sie blieben. Sie zuckten nur, sie drehten sich, aber ihre Körper formten sie wieder zu dem, was sie mal gewesen waren.
»Das ist unglaublich«, flüsterte Glenda.
»So sehe ich das auch.«
Die drei Wesen ließen sich nicht beirren. Sie hatten sich Glenda und Suko ausgesucht, und sie würden sich durch nichts davon abhalten lassen. Wieder schwebten sie vor. Suko und Glenda konnten sich ausrechnen, wann die Totengeister sie erreichten.
»Beame dich weg, wenn’s geht.«
»Nein, das will ich
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