138 - Die Pestburg
zitterten leicht, und es dauerte einige Minuten bis er sich beruhigt hatte.
„Libussa", sagte er leise. „Ihr Tod war so sinnlos. Ihr schreckliches Ende quälte mich lange Zeit." „Was geschah nach der Hinrichtung?" fragte Coco.
Dorian Hunter zündete sich eine Zigarette an, inhalierte tief.
„Die Bauern brachten mich zum Kräuterweiblein. Ich bekam wieder Fieber, doch sie pflegte mich gesund.
Später bemühte ich mich, die Pferde und den Wagen zu bekommen, aber dabei hatte ich keinen Erfolg. Zur Abdeckung der Prozeßkosten war alles beschlagnahmt worden."
„Wann endete die Schreckensherrschaft von Philipp Adolf von Ehrenberg?"
„Der Fürstbischof war ein Besessener, vielleicht wurde er sogar von der Schwarzen Familie beeinflußt."
„Nein, das wurde er nicht", schaltete sich Olivaro ins Gespräch ein. „Der verblendete Kirchenfürst regierte bis 1631. Im Bistum Würzburg wurden mehr als zwölfhundert Menschen als angebliche Hexen und Zauberer verbrannt."
Dorian nickte zustimmend. „Nach anderen Quellen sollen es nur neunhundert gewesen sein. Zum Ende seiner Herrschaft gingen dem Bischof aber dann doch die Augen auf, denn einige der unschuldigen Opfer beschuldigten ihn und seinen Kanzler selber Teufelsgenossen zu sein. Endlich setzte er die Hexenprozesse aus und stiftete ein wöchentliches feierliches Gedächtnis für die Hingerichteten bei den Augustinern."
„Eine wahrhaft aufmerksame Geste", höhnte Olivaro.
„Welche Rolle hast eigentlich du bei den Hexenverfolgungen gespielt, Olivaro?" erkundigte sich Coco.
„Damit hatte ich nichts zu tun, meine Liebe. Dieses Geschäft besorgte ein anderer."
„Und wer war es?"
„Das kannst du dir doch denken, Coco."
Der Dämonenkiller blickte seine Gefährtin an, die nachdenklich die Stirn runzelte.
„Wenn ich ehrlich sein soll", sagte Coco, „dann glaubte ich, daß du der Schreckliche in der Gestalt von Alfred von Wartstein warst."
Olivaro schnaubte verächtlich. „In Teufelsgestalt bin ich nie aufgetreten, denn das habe ich immer für kindisch gehalten. Doch Asmodi liebte solche dämlichen Verkleidungen!"
„Der Schreckliche war tatsächlich Asmodi?" staunte Dorian.
„Ja, das Oberhaupt der Schwarzen Familie war Alfred von Wartstein, doch er trat auch unter anderen Masken in Erscheinung. Asmodi war ein höchst rachsüchtiger Dämon, der sich gerne unter die Menschen mischte und sie ins Verderben trieb. Von seiner Warte aus gesehen, war Libussas Tod nicht sinnlos."
„Das verstehe ich nicht, Olivaro."
„Vor Libussa hatte Asmodi natürlich keine Angst, doch er fürchtete den schädlichen Einfluß, den sie auf dich ausübte."
„Hm, demnach muß Asmodi damals schon gewußt haben, wer ich in Wirklichkeit war, obzwar ich mich noch nicht an meine früheren Leben erinnern konnte."
„Du hast richtig vermutet, Dorian. Wie er das geschafft hat, das weiß ich nicht. Zum damaligen Zeitpunkt war mein Verhältnis zu Asmodi ziemlich gespannt, da ich einige seiner Entscheidungen heftig verurteilte. Wir krachten oft gegeneinander, und da flogen die Fetzen."
„Gib uns ein Beispiel", bat Coco.
„Die Ghoule waren zu einer wahren Plage geworden. Burg Kreuzenstein war nicht die einzige Pestburg in Deutschland. Ich tötete die Leichenfresser und brannte die Burgen nieder. Asmodi schäumte vor Wut."
„Das kann ich mir denken. Du hast also auch Hunold Gufoyt erledigt?' „Ja, das war im Dezember 1626."
Zufrieden lächelnd lehnte sich der Dämonenkiller zurück.
„Bald schon wirst du dich an weitere Erlebnisse aus deinem sechsten Leben erinnern, Dorian." „Hoffentlich hören endlich diese entsetzlichen Alpträume auf."
„Sie werden dich nicht mehr belästigen, das kann ich dir garantieren."
„Gott sei Dank!" sagte Dorian erleichtert.
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