1394 - Die Rachehexe
Lippen und sagte: »Man sollte sich mal um Mallmann kümmern.«
»Ja, das kannst du versuchen.«
Wir waren während unseres Gesprächs weitergegangen. Die Halle lag nicht am Hafen, sondern etwas in der Stadt, wo der Preston Tower stand. Ein alter Turm, der die meisten Häuser überragte und der schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel hatte.
Jane schaute hin und sagte: »Ich könnte mir vorstellen, dass dort damals viel Blut geflossen ist. Vor dem Scheiterhaufen stand die Folter. Dabei waren die Menschen leider schon immer sehr erfindungsreich.«
»Vielleicht können wir ihn besichtigen.«
Jane überlegte einen Moment. »Wäre nicht schlecht.«
Der Weg zum Turm war durch Hinweisschilder markiert. Er musste wirklich das bedeutendste Bauwerk hier sein. Ein wenig hatte sich die Wolkendecke geöffnet. Die Sonne lugte hervor und schickte ihre Strahlen über den Ort. Das Licht berührte auch den Turm und ließ die graue Tönung ein wenig verschwinden.
Um ihn herum gab es genügend freie Fläche. Sie wurde als Parkplatz benutzt. Die wenigsten Fahrzeuge gehörten sicherlich den Einheimischen, aber wir sahen nur ein paar Menschen. Zwei Frauen standen zusammen und versuchten, das Bauwerk zu fotografieren, was wegen der Höhe nicht eben einfach war. Da mussten sie sich schon sehr weit zurücklehnen, um ihn aufs Bild zu bekommen.
Als wir sie passierten, waren sie fertig und gingen. Vor dem Eingang stoppten wir. Viele Bauwerke aus alter Zeit sehen verfallen aus. Das war bei diesem Turm nicht der Fall. Man hatte ihn erhalten und auch ausgebessert. Ein beschriftetes Schild wies darauf hin, dass der Turm über 500 Jahre alt war und in früheren Zeiten auch als Orientierungspunkt für die Seefahrer gedient hatte.
»So etwas wie ein Leuchtturm«, murmelte Jane. »Da müssen sie damals das Feuer Tag und Nacht bewacht haben.«
»Man hat auch gefoltert.«
»Du meinst: in Türmen?«
»Genau.«
»Hexentürme kennt man auch.«
»Wir kommen der Sache näher.«
»Und ich würde ihn mir gern von innen anschauen.«
»Warum?«
Die Detektivin kaute auf ihrer Unterlippe. »So genau kann ich dir das nicht sagen, John. Es ist einfach der Drang in mir. Das Gefühl, hineingehen zu müssen.«
»Siehst du es als normal an?«
Sie zögerte mit der Antwort. »Das ist schwer zu sagen. Ich spüre einfach den Drang, hineingehen zu müssen. Irgendeine Stimme in meinem Innern erzählt mir, dass ich es tun muss.« Sie lachte. »Ich weiß, dass es sich komisch anhört, aber es ist nun mal so.«
»Okay, dann lass uns gehen.«
»Danke.«
»He, was sagst du?«
»Ach, nur so.«
Jane ließ mich stehen und lief auf den Eingang zu. Sie erklärte nichts mehr. Dabei war ich davon überzeugt, dass sie mir noch einiges hätte sagen können.
Bisher hatten wir nicht mal davon gesprochen, ob die Tür offen oder abgeschlossen war. Wir waren einfach davon ausgegangen, dass wir den Turm betreten konnten, und wir hatten Glück, denn die schwere Eingangstür war nicht abgeschossen.
»Das wundert mich schon«, sagte Jane, als sie die Tür aufzog.
»Warum?«
»Weil ich mir schlecht vorstellen kann, dass der Turm für jedermann zugänglich ist.«
»Im Prinzip stimmt das schon.« Ich half ihr dabei, die Tür weiter aufzuziehen. »Aber diese Tage sind hier etwas Besonderes für die kleine Stadt. Da spring man gern mal über den eigenen Schatten.«
Nach dieser Bemerkung betraten wir das Bauwerk…
***
Ich weiß nicht, wie oft ich schon diverse Türme besucht und besichtigt habe. Egal, ob alt oder neu, im Prinzip erlebte ich nach dem Betreten immer das Gleiche.
Eine gewisse Stille, die sich in den Mauern festgesetzt zu haben schien. Das war auch jetzt nicht anders, denn zur Stille addierte sich noch das schwache Licht.
Es gab Fenster, durch das es fallen konnte, aber die Öffnungen waren für die Ausmaße des Turms einfach zu klein, sodass sich das meiste im Dämmerlicht verlor.
Aber wir bekamen nicht Unnormales zu sehen, denn es war ein Turm, der besichtigt werden konnte.
Es gab ein Pult mit einer Kasse darauf. Ein Regal, in dem wir Prospekte fanden, einen Fußboden aus grauen Steinen, einige Vitrinen, in denen Schriften und Ausstellungsstücke lagen und natürlich eine in die Höhe führende Treppe. Wer sie hinaufging, der konnte sich an einem Eisengeländer festhalten.
Ich warf einen Blick in die Vitrinen. Der Text auf den Schriftstücken war nicht zu entziffern. Da hätte es schon heller sein müssen, aber die Gegenstände waren mir bekannt. Alte
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