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1418 - Grabgesang der Geistermönche

1418 - Grabgesang der Geistermönche

Titel: 1418 - Grabgesang der Geistermönche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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du langsam näher kommen, John. Aber sehr langsam. Schritt für Schritt. Denk nicht mal daran, dass du mich reinlegen könntest. Ich werde dir dann sagen, wann du stehen bleiben kannst. Begriffen?«
    »Ich bin nicht dumm.«
    Er lachte und sagte: »Das habe ich auch nie behauptet.«
    Ich kannte seinen Plan nicht. Aber er hatte sich etwas ausgedacht, das stand für mich fest. Und ich musste immer wieder an das Mädchen denken.
    Julie stand bewegungslos auf der Stelle, und sie wirkte nicht wie ein Mensch, sondern eher wie eine Puppe. Sie zwinkerte nicht mal mit ihren Lidern. Ihr Mund stand halb offen. Als ich ihr zulächelte, da lächelte sie nicht zurück. Sie war eine Gefangene ihrer eigenen tiefen Angst.
    Und es gab das verdammte Schwert, dessen Klinge quer vor ihrem Körper lag und sie bedrohte.
    »Sieht gut aus, Sinclair, sieht alles gut aus«, flüsterte er. »Sogar das Kreuz.«
    »Ich weiß.«
    »Noch zwei Schritte, Sinclair.«
    »Okay.«
    Danach blieb ich stehen. Es blieb eine gute Distanz zwischen uns.
    Ich konnte mich bewegen, ohne dass ich dabei die kleine Julie in unmittelbare Gefahr brachte. Aber ich wollte sie aus der gefährlichen Zone weghaben und sagte deshalb: »Wenn ich dir das Kreuz gebe, Michael, dann wirst du Julie freilassen.«
    »Meinst du?«
    »So war es abgesprochen«, sagte ich mit ruhiger Stimme.
    »Nicht im Detail!«, flüsterte er. »Nicht im Detail! Ich bin hier das Gesetz! Ich bestimme, was zu tun ist. Kapiert?«
    »Nuh gut. Allerdings möchte ich noch eines wissen. Was willst du mit dem Kreuz anstellen?«
    »Ich brauche es. Dieses Kreuz hat er mit geschaffen. Ich bin die Wiedergeburt des Erzenegels Michael. Auf dem Kreuz ist sein Zeichen. Er ist damals der Boss der Engel gewesen. Er hat den Thron des Allmächtigen verteidigt und er…«
    »Darf ich dich aufklären?«, fragte ich mit ruhiger Stimme dazwischen.
    »Was willst du?«
    »Das Kreuz trägt nur sein Zeichen. Ja, das M ganz oben steht für Michael. Aber das Kreuz selbst ist weder von ihm noch von den anderen drei Erzengeln erschaffen worden. Es war ein ganz anderer, der es hergestellt hat. Ein Prophet namens Hesekiel hatte die Vision, die weit in die Zukunft hineinreichte. Auch er wusste über die Macht der Erzengel Bescheid, und deshalb hat er die Anfangsbuchstaben an den Enden eingraviert. Es gehört also nicht nur einem.«
    »Aber Michael ist der mächtigste der Engel.«
    »Das sagen manche.«
    »Und ich auch. Ich spüre seine Kraft in mir. Ich weiß sehr gut, was ich von ihm zu halten habe und was er von mir hält. Ich habe auf seine Stimme gehört. Ich bin ihm voll und ganz ergeben. Ich muss alles über ihn wissen. Ich habe vieles zusammengetragen, und ich habe auch von deinem Kreuz erfahren. Du bist bisher nur ein Verwahrer gewesen. Tatsächlich aber gehört es zu mir.«
    Ich wusste, dass ich mir die Lippen fransig reden konnte, überzeugen würde ich ihn nicht können. Er hatte seine Meinung und sein Weltbild, das sicherlich in langen Jahren gewachsen war.
    Es gab viele Menschen, die sich zu den Engeln hingezogen fühlten.
    Gerade in den letzten Jahren hatte die Engelsucht stark zugenommen und dabei hatte es nicht nur positive Auswüchse gegeben. Das hatte auch ich oft genug zu spüren bekommen.
    »Du wirst es jetzt abnehmen und mir überreichen, Sinclair. Aber sehr behutsam.«
    »Ja, das tue ich.«
    Mir blieb nichts anderes übrig. Allerdings setzte ich auch Vertrauen in das Kreuz, das mir so lange zur Seite gestanden hatte. Es und ich waren praktisch zusammengewachsen, und wie es bei einem anderen Besitzer reagieren würde, stand in den Sternen.
    Julie und Michael schauten mir zu. Das Mädchen mit einem neugierigen Blick, der Schwertträger mit einem gierigen. Er hatte sich darauf eingestellt, bald mächtig zu sein, und er flüsterte mir zu, dass er seinem großen Ziel sehr nahe gekommen war.
    »Welchem denn?«
    »Der Macht des Engels.«
    »Und was haben Sie dann vor?«
    »Ich werde mit dem Schwert in dieser Welt archaisch vorgehen. Ich werde sie von den Sündern befreien, und ich werde dort herrschen, wo man mir schon vor Hunderten von Jahren ein Denkmal gesetzt hat. Auf dem Michelsberg, dort hat man mich verehrt, und dort werde ich meine Wohnstatt haben. Das schwöre ich dir.«
    Ich hätte nicht damit gerechnet, so viele Informationen von ihm zu erhalten, aber zunächst konnte ich damit nichts anfangen. Ich würde sie allerdings nicht vergessen.
    »Das Kreuz!«
    »Ja, sofort!«
    Die Antwort hatte ich schnell gegeben.

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