1451 - Die Siragusa Formeln
akzeptierst du die Sachlage innerlich nicht.
Wir haben die Perle Moto. Vielleicht ist sie der bedeutsamste Datenspeicher, über den wir je Gewalt hatten. Und irgendwie müssen wir deshalb versuchen, unsere Macht zu verwerten. Ohne Hilfe sind wir dazu nicht imstande; sieh dir nur den Kaiser von Karapon an, was hat die Perle ihm gebracht!"
„Wir hätten es besser gemacht", wandte sie Ge-Liang ein. „Glaubst du? Und wenn schon. Die Kartanin von Pinwheel stecken in einem Konflikt mit den Kartanin von Hangay...
Im Grunde ist der Krieg banal, so viele Opfer er auf beiden Seiten auch kostet. Wir müssen die höheren Ursachen bekämpfen.
Früher haben die Ursachen bei ESTARTU und beim Hexameron gelegen. Heute liegt die Ursache eindeutig anders."
Ge-Liang schaute nun doch interessiert auf. „Und wo?" wollte sie wissen. „Ganz einfach: In der Milchstraße.
Von dort ist das Übel der letzten Jahrhunderte gekommen."
„Du hast recht, Dao-Lin. Aber dennoch weiß ich nicht, ob es richtig ist. Wir sollten es uns noch einmal überlegen, ob wir die Perle den Terranern übergeben."
„Das tun wir vielleicht auch."
Aus Ge-Liangs Blick sprach deutlich die Überraschung. „Es scheint, als wäre ich geistig nicht beweglich genug. Ich kann dir nicht folgen."
Dao-Lin-H'ay lächelte berechnend. „Hättest du dich seit dem Start in der Zentrale blicken lassen, wüßtest du jetzt Bescheid. Wie du weißt, reagiert die Perle auf Bestrahlung mit hyperenergetischen Impulsen. Ich habe die Wissenschaftler vor einer Stunde damit anfangen lassen.
Womöglich erhalten sie ein unverhofftes Ergebnis, wer weiß ... Dann behalte ich mir vor, je nach Lage auch anders zu entscheiden. Dann bekommen die Terraner die Perle nicht." Sie stieß einen Laut aus, der irgendwo zwischen Schnurren und angriffslustigem Fauchen lag. „Oder mit Verspätung", fügte sie hinzu.
Sie wandte sich ab, öffnete die Tür und sah Ge-Liang-P'uo auffordernd an. „Ich komme schon." Die andere erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung.
*
Zwei Tage vergingen.
Mai-Ti-Sh'ous Anruf kam, als Dao-Lin sich gerade zur Nachtruhe ausgestreckt hatte. Das Klingelsignal durchdrang schmerzhaft ihren Halbschlaf und ließ sie unverzüglich wach im Bett sitzen. „Dao-Lin-H'ay hier."
Auf dem Kom-Bildschirm war das Gesicht der anderen Kartanin. Darin stand Aufregung zu lesen, und vor dem Hintergrund der Zentralekonsolen huschten andere Gestalten eilig umher. „Du mußt sofort kommen, Dao-Lin! Die Perle hat reagiert!"
Dao-Lin-H'ay sprang auf. „Ich bin schon unterwegs. Kümmere dich um Ge-Liang. Sie soll ebenfalls davon erfahren, ich will sie in der Zentrale sehen."
Die ehemalige Wissende hielt sich nicht damit auf, ihr Fell zu bürsten oder anderweitig ihr Äußeres in Ordnung zu bringen. In Windeseile streifte sie eine Kombination über und verließ die Kabine.
Im Zentraledeck sprang sie aus dem Lift.
Mai-Ti, die ihr entgegenlief, schenkte sie keine Beachtung. Insgesamt hatte der Weg sie nur eine halbe Minute gekostet. Die Perle war in einem abgeschirmten Seitenflügel des Steuerraums untergebracht und konnte so optimal überwacht werden.
Ganz in der Nähe stand der Computer des Schiffes, und vor der Perle Moto überwachten ein paar aufgeschreckte Wissenschaftler die Empfangsgeräte.
Dao-Lin erkannte mit einem Blick, daß ihr Beuteobjekt derzeit nicht mehr mit hyperenergetischen Impulsen bestrahlt wurde. Dafür huschten undefinierbare Zeichen über den großen Bildschirm an der Wand. Der Empfänger nahm Informationen auf. Sie sah genau hin - aber selbst für die scharfen Augen der Kartanin war kaum etwas zu erkennen außer verwischten Schemen und ab und zu einem Schnörkel, der für eine Viertelsekunde stehenblieb. „Dao-Lin! Endlich!"
Einer der Wissenschaftler winkte sie näher heran. Sie erinnerte sich, daß sein Name Nas-Kio-P'ing war. In der Aufregung fiel ihm wahrscheinlich nicht auf, wie respektlos sein Verhalten wirkte. „Was ist geschehen?" wollte sie wissen. „Berichte! Die übrigen sollen weiterarbeiten!"
Nas-Kio-P'ing gab seinen Mitarbeitern einen Wink. Daraufhin taten sie, als sei Dao-Lin nicht vorhanden. „Wir haben die Perle nach Anweisung bestrahlt und gleichzeitig mit allen ungefährlichen Mitteln vermessen. Dabei hat unser Zufallsgenerator pro Sekunde eine halbe Million Impulsfolgen abgegeben. Und vor fünf Minuten kam die Reaktion, übrigens ganz unverhofft ..."
„Wie sah die Reaktion aus?"
„Die Perle hat angesprochen. Wir müssen
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