1451 - Die Siragusa Formeln
nur das vollständige Objekt versprach vollen Nutzen. Thoy P'ang beging an Bord der MARA-DHAO Selbstmord. Er konnte es nicht ertragen, versagt zu haben; sein soldatisches Denken schlug durch und trieb ihn in den Tod. Vorher allerdings gab er wertvolle Hinweise, wie man der Perle Daten zu entnehmen hatte. Sie reagierte auf Bestrahlung mit hyperenergetischen Impulsfolgen.
Und die erste Aktion der Soldaten von Karapon gab nun den entscheidenden Hinweis. Hatten die anderen das fehlende Bruchstück nicht in der NARGA SANT gesucht? Tatsächlich entdeckten sie dort den verlorenen Gegenstand.
Die Perle war wieder heil. Sie wog 3,2 kg und bestand aus unbekanntem Material.
Niemand wagte, zu Analysezwecken eine Probe zu entnehmen. Die üblichen Untersuchungsmethoden brachten kein Ergebnis.
Darauf kam es nicht an, sagte sich die ehemalige Wissende immer wieder. Sie mußten herausfinden, welches Datenmaterial die Perle Moto barg, nichts anderes. Aber sogar in dieser Hinsicht scheiterten sie weitgehend. Zwar öffneten sie eine Datei, die persönliche Aufzeichnungen des Terraners Ernst Ellert enthielt, doch mehr gab die Perle vorerst nicht preis.
Zum Glück hatte der Kaiser von Karapon noch etwas verraten. Es gab eine hyperenergetische Impulsfolge, die die Perle zur Selbstvernichtung treiben würde.
Diese Folge durften sie unter keinen Umständen jemals abspielen - sonst wären sie der Früchte ihrer Arbeit beraubt.
Allerdings hatte die ehemalige Wissende dagegen Vorsorge getroffen.
Der Syntron der MARA-DHAO wußte ebenso Bescheid wie die zuständigen Wissenschaftler.
Nun hockte sie auf ihrem harten Stuhl und sah zu. Es begann. Die ersten Zufallskombinationen wurden zusammengestellt und berieselten die Perle Moto.
*
„Was ist?" fragte sie ungeduldig.
Einer der Wissenschaftler sah auf und warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. „Die Anzahl möglicher Kombinationen im hyperenergetischen Spektrum ist unendlich - wir dürfen nicht mit Wundern rechnen."
Dao-Lin-Hay erhob sich abrupt. Sie begriff, daß sie hier nicht helfen konnte, daß es vielleicht Monate dauern konnte, bis Ergebnisse vorlagen. „Mai-Ti-Sh'ou!" rief sie.
Die andere wandte sich ihr unverzüglich zu. „Ja, Dao-Lin?"
„Ich suche Ge-Liang. Du übernimmst währenddessen die Aufsicht in der Zentrale."
„Selbstverständlich."
Die Kartanin wandte sich ohne ein Wort der Erklärung ab und verließ den Raum.
An den Wänden verdeckten ab und zu farbige Vorhänge aus schwerem Stoff Schalttafeln. Sie mo'chte diesen überflüssigen Luxus nicht. Schließlich stammte sie aus einer anderen Zeit als die Besatzung der MARA-DHAO. Vor siebenhundert Jahren, vor dem Zeitsprung, war das Imperium der Pinwheel-Kartanin ein anderes gewesen. Damals gab es diesen Luxus nicht.
Und trotzdem fühlte sich Dao-Lin nicht so entwurzelt wie viele Terraner, die den Zeitsprung mitgemacht hatten. Sie war ihrem persönlichen Umfeld weniger verbunden, für sie hing nicht alles von Familie und Freunden ab. Ihr Volk lebte weiterhin, und damit hatte auch sie ihre Existenzberechtigung.
Am Ende fand sie Ge-Liang-P'uo im Observatorium.
Die andere wirkte nachdenklich. „Ein sonderbares Versteck", sagte Dao-Lin. „Versteck?"
„Ja", antwortete Dao-Lin-H'ay. „Vor zwei Tagen sind wir von Kartan aufgebrochen. Und seitdem hast du dich nicht mehr sehen lassen. Das gibt mir zu denken."
Ge-Liang wandte sich ihr erstmals voll zu. Dao-Lin spürte ihre Unsicherheit, vielleicht ein wenig Angst, dazu etwas Schuldbewußtsein. Von jenseits der optischen Blende fiel Sternenlicht in den Raum; es leuchtete ihre Gesichter mit hartem Schein aus. Dies waren die Randbereiche der Galaxis Pinwheel.
Ge-Liang ließ mit einem Tastendruck den Schutzmantel fallen. Es wurde zunächst dunkel, dann erhellte künstliches Licht den Raum. „Schon seit Kartan bin ich nicht vollkommen in Ordnung. Nun sind wir seit zwei Tagen fort. Wir wollen die 2.100.000 Lichtjahre bis Phönix zurücklegen und haben dafür sechzehn Tage eingeplant, soweit ist alles in Ordnung. Aber ich habe gesehen, wie wenig sich zu Hause verändert hat. Vor dem Zeitsprung haben wir dafür gekämpft, daß unser Volk Frieden bekommt. Und jetzt sind siebenhundert Jahre vergangen - wir sehen, daß unser Volk keinen Frieden hat. Ich zweifle an allem. Weshalb sind wir unterwegs?"
Dao-Lin-H'ay konnte sie gut verstehen.
Sie selbst dachte ab und zu ähnlich, doch sie hütete sich, dies zuzugeben. „Dir fehlt der große Überblick, oder zumindest
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