1457 - Bomben für Topsid
ihm Geld mitzugeben. Und er selbst als Schriftgelehrter verfügte nicht über Barmittel. Endlich fand er einen geeigneten Platz, nahe dem Herzen von Gambkasst. Die Häuser ringsum waren alt, sie wirkten verkommen und schmutzig.
Shrukmes war froh, daß er nicht mehr ohne festes Ziel in den Straßen herumlaufen mußte. Er hatte Angst aufzufallen.
An dieser Stelle wölbten sich belaubte Astgabeln wie ein Dach über den Weg. Sie boten ein wenig Schutz gegen den eisigen Wind. Shrukmes lehnte sich erschöpft gegen einen Baumstamm. Wie gern hätte er sich jetzt auf sein Lager zu Hause fallen lassen. Morgen hätten ein paar Rollen Pergament auf ihn gewartet, er hätte für die örtliche Zeitung geschrieben und den Dorfoberen irgendwelche Dienste geleistet.
Das Leben abseits der großen Städte war angenehm und beschaulich...
Statt dessen hockte er nun in Gambkasst.
Jetzt erst dachte er wieder an den kleinen Trinkmank in seinem Rucksack. Er öffnete den Verschluß, hob vorsichtig den Beutel heraus und ließ den Vogel herausschlüpfen. „Es ist Nacht!" zischte er. „Flieg ein bißchen und suche Futter. Morgen fange ich dich wieder ein."
Der Trinkmank erhob sich taumelnd in die Luft. Dann aber wurde sein Flug sicherer, und er landete irgendwo im Baum über ihm.
Ein Geräusch ließ Shrukmes heftig zusammenzucken.
Er starrte ins Dunkel und gewahrte nebenan, am benachbarten Stamm, einen zweiten Ahker. „Du hast einen Trinkmank?" fragte der andere mit knarrender Stimme. „Du mußt ein bedeutender Mann sein..." Und, mißtrauischer: „Was suchst du dann hier?"
Shrukmes' Augen hatten sich inzwischen ans Dunkel gewöhnt. Der andere war alt und machte einen ziemlich hinfälligen Eindruck. Seine Kleidung hing in Fetzen herab und wärmte kaum noch. Irgend etwas hinderte Shrukmes daran, aufzuspringen und die Flucht zu ergreifen. „Ich heiße Gunnuk", log er. „Ich bin weder reich noch bedeutend. Ich bin nur ein armer Schriftgelehrter, der in Ungnade gefallen ist. Dies hier soll mein Quartier für die Nacht sein."
„Hm."
Der Alte gab ein paar zweifelnde Laute von sich. „Schriftgelehrte haben keine Trinkmanks. Aber meinetwegen bleibe ruhig hier. Du störst mich nicht."
„Das werde ich tun. Wie ist dein Name?"
„Pfroch."
„Ich hoffe, es ist sicher hier."
„Das ist es. Nur der Boden ist verdammt hart. Und jetzt sei still; ich will schlafen." .Von nun an hielt Shrukmes den Mund.
Er hätte auch nicht gewußt, was noch zu sagen wäre. Mit einem Rest wachen Bewußtseins begriff er, daß er Pfroch nicht trauen durfte - nicht mehr jetzt, da der Alte den Trinkmank gesehen hatte. Aber er kümmerte sich nicht darum.
Er träumte vom Hohenpriester und seinen Lakaien. Sie hatten ihn zu Boden geworfen und preßten seine Glieder hart an den Untergrund. Nicht einmal den Schwanz konnte er bewegen, obwohl er gern damit ausgeschlagen hätte. „Befestige das Amulett!" befahl der Hohepriester einem Lakaien. „Befestige es gut... Noch fester..." Die Stimme des Priesters klang schrill und hysterisch, seine Kugelaugen traten fast aus dem Schädel.
Aufhören! brüllte Shrukmes in heller Panik. Weshalb ließ der andere nicht seinen Hals los? Was sollte die ganze Sache?
Endlich verstummte der Hohepriester.
Doch das Zerren an seinem Hals blieb.
Shrukmes nahm leisen Atem nahe am linken Ohr wahr. Auf seinen Armen lastete schwerer Druck. Er erwachte.
Der Alte! durchfuhr es ihn. Er hätte es wissen müssen. Die Last auf seinen Armen bewegte sich; es waren Pfrochs Knie, mit denen er ihm die Bewegungsfreiheit nahm.
In heller Panik bäumte sich Shrukmes auf.
Er warf den Alten ab, versetzte ihm ein paar Tritte in die Bauchgegend und warf ihn zu Boden. „Dreister Dieb!" schimpfte er zornig. „Ich habe dir gesagt, daß ich nichts besitze!"
„Der Trinkmank...", ächzte Pfroch. „Nur reiche Leute haben Trinkmanks..."
„Alter Dummkopf!"
Shrukmes sammelte seine verstreuten Habseligkeiten ein, verschnürte sorgfältig den Rucksack und machte sich erneut auf den Weg. Pfroch blieb reglos zurück. Ein alter Topsider wie er brauchte Stunden, bis er die Schläge verdaut hatte. Dann allerdings mußte Shrukmes mit Verfolgung rechnen; das Amulett Stern war leicht erkennbar. Pfroch würde sich nicht scheuen, seine Information an die Soldaten des Imperators Trukrek-Anur zu verkaufen.
Erneut stieß er einen Fluch aus.
Und irgendwo über ihm war leichter Flügelschlag. Er hatte es ja gewußt: Der Trinkmank brachte Schwierigkeiten. Und dieses ganze
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