1474 - Der Schnitter
zuschlagen.
Diesmal war ich der Schnitter. Die Klinge zerteilte den Torso in zwei Hälften. Das war das Ende des Schnitters, und ich war froh, die Mordwaffe sinken lassen zu können…
***
Es war still geworden, sehr still. Aber von einer Entspannung konnte keine Rede sein, zumindest nicht bei mir. Es waren nur die Sekunden der Erleichterung, die mich in ihrem Bann hielten.
Bis ich einen heulenden Laut hörte. Zuerst dachte ich an ein Tier, doch als ich den Kopf nach links drehte, schaute ich auf Mama Rosa, deren Mund weit offen stand.
Sie hatte so jämmerlich geschrien und damit ihrer Enttäuschung Ausdruck verliehen. Ihre Augen waren weit aufgerissen, wieder sah ich das Weiße darin leuchten, aber ich sah noch mehr. Es war der unbarmherzige Hass, der mit entgegenströmte. Sie wollte es nicht wahrhaben, dass ich ihr Geschöpf vernichtet hatte, und so konzentrierte sie sich ganz auf mich.
Die anderen griffen nicht ein. Sie wussten, dass dies allein eine Sache zwischen mir und Mama Rosa war.
Sie kam mir entgegen. Bei den ersten Schritten schwankte sie noch.
Dann klappte es besser. Der Hass auf mich diente ihr als Antrieb. Sie hielt keine Waffe in den Händen, mit der sie mich hätte umbringen wollen, aber sie war bereit, mich in den Tod zu schicken.
»Du hast mir alles genommen, jetzt nehme ich dir alles, und zwar dein Leben!«
Das störte mich nicht.
Ich war sicher, dass ich sie stoppen konnte, aber ich sah auch, dass sich die Totenköpfe an ihrer Kette veränderten. Sie leuchteten auf, und sie gaben ein kaltes und düsteres Licht ab.
Sie fasste nach der Kette.
Sie wollte das Ding über ihren Kopf streifen und nach mir werfen oder wie auch immer.
Das Kreuz hatte ich beim Schnitter nicht einzusetzen brauchen, das tat ich jetzt bei Mama Rosa oder gegen deren Kette.
Sie verfolgte meine Bewegung kaum, weil sie so schnell war. Aber sie sah etwas Funkelndes auf sich zufliegen, wollte sich noch wegducken, aber da traf das Kreuz sie bereits.
Es verhakte sich in der Kette, die halb an ihrem Kopf an der rechten Seite hing und sich unter dem Ohr verfangen hatte. Zwei unterschiedliche Kräfte prallten dort aufeinander, und ich wusste, wie stark das Kreuz war.
Jedenfalls zu stark für die Kette aus schwarzmagisch geweihten Schädeln. Sie hatten geleuchtet, das hatte jeder von uns gesehen, aber jetzt leuchteten sie nicht mehr, denn sie brannten.
Aus jedem Kopf schlugen kleine Flammen hervor, und dieses Feuer war nicht zu löschen.
Nicht nur die Köpfe brannten, auch der Hals der Voodoo-Meisterin wurde nicht ausgelassen. Mama Rosa hatte keine Chance mehr.
Ich wollte nicht, dass sie starb, und versuchte, das Kreuz wieder zurückzuziehen, aber es war zu spät.
Der Hals brannte und verbrannte. Es gab keine Chance mehr für eine Rettung.
Die kleinen Flammen schlugen hoch bis zum Kinn und bis zum Mund, und sie brannten sich durch den Hals. Es dauerte nur Sekunden, da gab es Mama Rosa als lebende Person nicht mehr.
Sie lag auf dem Boden. Ihr Hals war nur noch eine schwarze Fläche, und der gebrochene Blick ihrer Augen sagte uns, dass sie nie wieder aufstehen würde.
Ihre und die Zeit des Schnitters war vorbei!
Überlebt hatte Sandrine Perrot. Sie hockte auf dem Boden und weinte. Wir hatten sie befragt und keine Antworten erhalten. Sie wusste nicht genau, wer der Schnitter war und wodurch er letztendlich gelebt hatte. Sie wusste nur von einem Bassin mit einer Flüssigkeit, das war alles. Und auch über Mama Rosa wusste sie wenig, was nicht tragisch war, denn der Kollege Voltaire würde sich darum kümmern, und er würde es gern tun, wie er uns sagte.
»Werden Sie Sandrine anklagen?« fragte Dagmar.
»Würde das etwas bringen? Haben Sie stichfeste Beweise?«
»Das ist ein Problem.«
»Ich werde wohl mit ihr reden und auch Psychologen hinzuziehen. Ob etwas dabei herauskommt, wer weiß das schon? Letztendlich muss sie allein mit ihrem Gewissen klarkommen, jetzt, da Mama Rosa keinen Einfluss mehr auf sie hat.«
Ihr Meinung waren wir auch und versprachen, uns aus den Folgen des Falls herauszuhalten. Zudem befanden sich noch zwei Leichen auf der Insel – und noch zwei Unterweltbosse.
Jedenfalls hatte Voltaire genug zu tun und das wollte er mit einer großen Mannschaft erledigen.
Wir brauchten nicht unbedingt dabei zu sein und zogen uns zurück. Nur Dagmar wollte nicht gehen. Sie versuchte, mit Sandrine zu reden, aber die schaute sie nicht mal an.
»So können Träume auch enden«, sagte Dagmar, »schrecklich,
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