148 - Die Satan GmbH
nackenlangen schwarzen Haaren.
In diesem Augenblick drehte sich der Mann um. Willi hatte bis dahin kein Wort gesprochen. Er wußte, wie die Lage war, und jeder Satz wäre ihm als Gewinsel erschienen.
Ein ausgemergeltes, hageres Gesicht war zu sehen, fast fleischlos, mit tief in den Höhlen liegenden Augen, die Grabosc zugleich kalt und tückisch anfunkelten. Auch die Hände des Mannes - er hielt eine Phiole mit einer rötlichen Flüssigkeit umklammert - waren skeletthaft hager. „Polizeiobermeister Willi Grabosc", sagte der Hagere. Grohner stand neben ihm, einen halben Schritt zurück, wie ein folgsamer Domestike. Ab und zu sah er zu Yago hinüber, und dann huschte ein Lächeln über Grohners Züge, das Grabosc bis ins Mark erschreckte.
„Wie es scheint, haben Sie sich unter falschem Namen bei Grohner eingeschlichen", sagte der Hagere. Grabosc vermutete, daß er Oliveyron war.
„Ein Versehen", antwortete Willi.
„Höchst bedauerlich", sagte Oliveyron kalt. „Bedauerlich für uns, denn wir können einen hochbefähigten Biochemiker gut gebrauchen. Noch bedauerlicher für Sie, denn Sie können wir überhaupt nicht gebrauchen."
Der Scherz, dieses magere kleine Wortspiel, war so dünn und leidenschaftslos wie der Mund des Sprechers. Die völlige Teilnahmslosigkeit des Mannes ließ Willis Atem stocken.
„Auf Hilfe von ihrer Freundin brauchen Sie nicht zu hoffen", fuhr Oliveyron gelassen fort. „Der Dienst, den Sie uns damit erwiesen haben, uns ausgerechnet Coco Zamis in die Hände zu spielen, wäre es eigentlich wert, Sie dafür zu belohnen. Leider wird sich das nicht machen lassen."
„Und was ist mit ihr?"
Grabosc machte mit dem Kopf eine Bewegung, die auf Jutta deutete. Oliveyron zog eine Braue in die Höhe. Er zuckte mit den Schultern.
„Rohmaterial", sagte er kalt. „Mehr nicht."
Grabosc schloß die Augen. Auf der Polizeischule hatte er gelernt, daß es sogenannte Soziopathen gab, Menschen, deren Gefühle so abgestumpft waren, daß sie Mitmenschen so kaltblütig und beiläufig töteten wie Fliegen, ohne Haß, ohne Genuß, nur weil ihre Opfer ihnen in irgendeiner Form im Wege standen. Grabosc hatte sich einen solchen Menschen nie vorstellen können…
Grohner lächelte boshaft.
„Es wird Ihnen noch leidtun, mich hintergangen zu haben", stieß er zischend vor Wut heraus. Oliveyron hob nur kurz die fleischlose Hand, und Grohner verstummte.
„Sie werden sich vielleicht fragen, was dies für ein Ort ist, wozu das Ganze dient. Ich werde es Ihnen sagen."
Oliveyron lächelte dürr.
„Ich ahne, was Sie denken. Sie glauben, irgendeinen irren Wissenschaftler vor sich zu haben, der in größenwahnsinnigen Phantasien schwelgt, sich an seiner eingebildeten Genialität berauscht und so gierig auf Beifall ist, daß er seinen Opfern lange Vorträge hält, um sich an ihrem Entsetzen zu weiden - was dann, um im Klischee zu bleiben, der Polizei oder anderen wackeren Helden die Möglichkeit gibt, das Gebäude zu stürmen und die Opfer zu befreien. So geht es doch im Kino zu, nicht wahr?"
Grabosc schwieg vorsichtshalber. Abgesehen von der triumphalen Rettungsszene, die er zwar herbeihoffte, sich aber nicht vorstellen konnte, hatte der Mann seine inneren Phantasien haargenau getroffen. Die Kaltblütigkeit, mit der Oliveyron sprach, ließ immer neue Angstanfälle durch Graboscs Körper laufen. Er spürte, daß kalter Schweiß seine Stirn bedeckte.
„Ich habe andere Gründe, Ihnen jedes Wissen zu vermitteln, das Sie brauchen, um ihre Lage in vollem Umfang begreifen zu können. Im Lauf meiner Erklärungen werden Sie dann vermutlich auch begreifen - wegen oder trotz ihres gesellschaftsfreundlichen Berufs - weshalb ich Ihnen das alles erzähle."
Oliveyrons Stimme war seltsam hohl; es klang, als spräche er aus einem Grab heraus. Er legte eine kurze Pause ein - dramaturgisch geschickt, wie Willi feststellte, dem das Warten an den Nerven zerrte.
„Mit Details über die Schwarze Familie werde ich Sie nicht behelligen, ich nehme an, daß Ihnen die Hexe alles Nötige erklärt hat. Daß ich im Auftrag der Schwarzen Familie hier arbeite, werden Sie sich schon gedacht haben."
Oliveyron sah Grabosc forschend an.
„Oh ja, sehr gut. Ich kann Ihre Augen sehen. Sie sind wirklich recht intelligent, um so besser für uns. Sehr erfreulich. Bei stumpfgeistigen Kreaturen funktioniert das Verfahren leider nicht so gut. Nun, so lassen Sie Mich fortfahren.“
Grohner sah auf die Uhr und schüttelte unwillig den Kopf. Oliveyron
Weitere Kostenlose Bücher