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Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Italienische Dolomiten
    M it ihren schneebedeckten, schroffen Gipfeln streben sie zum Himmel und blicken majestätisch hinunter auf das Tal von Cortina in den italienischen Alpen. Die Belluneser Dolomiten sind wie ein gewaltiger, mehr als fünfzig Kilometer langer Schatten am Horizont, der das Tal wie mit einer Decke verhüllt und der letzten schwachen Strahlen der Mittwintersonne beraubt.
    Die Hütte stand am Fuße des Berges. Ihre Wände bestanden aus Baumstämmen, die in den umliegenden Fichtenwäldern abgeholzt worden waren, und ihr Strohdach war wasserundurchlässiger als jede moderne Konstruktion. Abgesehen von kleineren Reparaturen war an der Hütte seit hundertfünfzig Jahren nichts verändert worden. Die rustikale Einrichtung war aus Holz, das aus heimischen Fichtenwäldern stammte, und auf das Nötigste beschränkt. Es gab keinen modernen Komfort: Wasser kam aus einem Brunnen, Wärme aus einem großen Kamin, Licht aus alten Öllampen. Nichts ließ darauf schließen, dass man das einundzwanzigste Jahrhundert schrieb, hätten nicht auf dem Esstisch das Satellitentelefon und der Laptop gestanden. Der Bildschirm war aufgeklappt und zeigte ein Portfolio bei einer Bank in Luxemburg.
    Genevieve Zivera saß vor dem Laptop und prüfte ihre Konten mit der Präzision eines Uhrmachers. Dabei stellte sie bei jedem ihrer Konten das Gleiche fest:
    Es war leergeräumt.
    Auf der Nordseite des Tales kämpfte der Mann sich sechs Kilometer bergauf. Seine Schneeschuhe trugen ihn über den fast einen Meter tiefen Pulverschnee. Der Ostwind ließ den Mann frieren, verwehte praktischerweise aber auch seine Spuren. Sein Körper war unter einem weißen, gefütterten Overall verborgen, und den Rucksack hatte er sich fest auf den Rücken geschnallt, um mehr Halt zu haben. Sein Atem kondensierte zu weißen Wölkchen und bildete kleine Eiszapfen in seinem dichten Bart. Sein langes schwarzes Haar lugte unter seiner weißen Wollmütze hervor und wehte im stetigen Wind, der immer stärker wurde. Der Mann machte keinen Halt auf seinem dreistündigen Marsch durch den Winterwald, erreichte schließlich die Baumgrenze und trat auf eine Lichtung unterhalb des grauen, schartigen Gebirgsmassivs. Er hatte seinen Aufstieg zeitlich perfekt geplant – die Sonne ging gerade unter; so würde ihm genug Zeit bleiben, seine Arbeit zu tun und im Schutz der Dunkelheit zu entkommen. Gefahren wie akute Unterkühlung oder völlige Erschöpfung, sogar der Tod verblassten neben der Gefahr, geschnappt zu werden. Niemand durfte je erfahren, was er hier getan hatte.
    Die Hütte war für Genevieve zu einem Zufluchtsort geworden. Sie war bereits vor längerer Zeit hierher geflohen, um den Kopf freizubekommen. Hier, in der völligen Abgeschiedenheit, gab es keine unliebsamen Ablenkungen, die sie zum Grübeln verleiteten.
    Manchmal jedoch wanderte sie durch die Gebirgslandschaft, geplagt von Angstzuständen und dem Gedanken an scheinbar unüberwindliche Probleme. Doch bisher war sie noch jedes Mal mit Antworten und neuer Entschlossenheit von der Hütte heruntergekommen. Es war stets wie eine Wiedergeburt, eine Erneuerung ihres Geistes und ihrer Seele und eine Wiederentdeckung der Hoffnung.
    Jetzt war sie seit drei Tagen hier und hatte wieder einmal sämtliche Probleme gelöst – bis auf eines, das sehr viel größer war, als sie sich je hätte vorstellen können.
    Genevieve weigerte sich, der Forderung eines gefährlichen Mannes nachzugeben und ihm zu beschaffen, was er verzweifelt suchte. Der Mann hatte es mit Charme versucht, mit Geld, mit Überredungskunst und versteckten Drohungen, doch Genevieve hatte allem standgehalten. Nun aber nutzte er seinen Einfluss und seine Macht, um ihr Leben zu zerstören – ohne Rücksicht auf die Menschen, die darunter zu leiden hatten. Er vernichtete sogar ihre finanziellen Mittel.
    Als Genevieves Bankkonten leer waren, schloss man ihr privat geführtes Waisenhaus. Die Kinder wurden jäh auseinandergerissen und verstreut in der Welt der anonymen staatlichen Fürsorge.
    Aber Genevieve hatte sich immer noch nicht beugen wollen.
    Da kam der Mann zu ihr, mitten in der Nacht. Er durchwühlte ihr Haus, und als er nicht fand, wonach er suchte, brannte er es nieder.
    Genevieve stand vor dem finanziellen und körperlichen Ruin. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie nicht mehr konnte. Denn der Mann jagte sie weiter, unerbittlich und gnadenlos.
    Als der Bärtige den letzten Sprengsatz in die Felswand schob, hörte es für einen Moment zu

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