1480 - Endstation Hölle
und musste jetzt mit ansehen wie ich auf ihn zulief.
Bestimmt begriff er mein Verhalten nicht, falls er überhaupt in der Lage war, etwas zu begreifen, aber vielleicht fiel ihm auf, dass ich in meine rechte Jackentasche griff und das Kreuz hervorholte.
Noch war er mit dem Talisman nicht aus nächster Nähe konfrontiert worden, was sich in den nächsten Sekunden ändern sollte. Ich gab mir noch einmal Schwung und fiel mit meinem gesamten Gewicht gegen ihn.
Die Aufprallwucht konnte er nicht mehr ausgleichen. Er taumelte zurück, dabei stolperte er über seine eigenen Füße und hatte noch das Pech, neben eine Bodenwelle zu treten und dabei umzuknicken.
Er fiel auf die Seite. Ich stolperte über ihn hinweg und landete auf dem Bauch.
Der zweite Schmerz erwischte meinen Hals. Die verdammte Schlinge hatte sich noch enger zusammengezogen, sodass die Gefahr bestand, dass ich letztendlich doch noch erwürgt wurde.
Ab jetzt war mir alles egal. Auch, ob ich mit dem Kreuz den Höllenkutscher getroffen hatte oder nicht. Ich musste mich jetzt um mich selbst kümmern. Wo sich mein Kreuz befand, wusste ich nicht.
Es war mir aus der Hand gerutscht. Ich hätte es jetzt von allein fallen lassen, denn ich brauchte beide Hände, um die Würgeschlinge zu lösen. Mit den beiden Zeigefingern versuchte ich es. Ich wollte sie zwischen Peitschenschnur und Hals bringen, um den Druck zu lockern.
Zu sehen war für mich nichts mehr. Wenn ich die Augen öffnete, sah ich in eine dichte Schwärze hinein, und in meinen Ohren klang ein ungewöhnliches Singen.
Ich führte einen verzweifelten Kampf.
Meine Beine zuckten, ich hämmerte die Hacken in den weichen Boden, bog den Oberkörper bei meinen Befreiungsversuchen durch und strengte mich wahnsinnig an.
Schweiß war mir aus allen Poren getreten. Er machte auch meinen Hals glatt, sodass ich plötzlich einen ersten Erfolg errang und ich die Schlinge lockern konnte.
Luft!
Sie war das Leben. Sie war der Stoff, der mich von der Grenze zwischen Leben und Ersticken wieder zurückholte. Wer mich beobachtet hätte, der hätte meinen können, einen Epileptiker vor sich zu haben, so ruckartig wand und schleuderte ich mich über den Boden.
An den Kutscher dachte ich nicht mehr. Ich wollte nur die verdammte Peitschenschnur von meiner Kehle weghaben.
Es klappte.
Ich hatte plötzlich Platz. Ich brauchte auch meine Finger nicht mehr zwischen Peitsche und Hals zu schieben. Es ging alles so, wie ich es mir vorstellte, und ich konnte endlich durchatmen.
Auch das war mit Schmerzen verbunden. Bei jedem Atemzug brannte etwas in meiner Kehle und ebenfalls außen.
Das Blut strömte wieder durch meinen Kopf. Die tanzenden Farben und Schatten verschwanden aus meinem Blickfeld wie Totengeister, die sich aus Frust zurückzogen.
Ich sah wieder die normale Umgebung in meiner Nähe. Da gab es den dunklen Himmel, ich nahm den Geruch des Grases wahr, und als ich mich nach links drehte, sah ich die dunklen Umrisse der Sträucher und einen kantigen Schatten in der Nähe – die Kutsche.
Aber noch etwas fiel mir auf.
Ein klumpiger Gegenstand irgendwie. Er lag ebenfalls im Gras, genau zwischen mir und der Kutsche.
Ich wartete noch eine Weile, bis ich sicher war, dass sich der Gegenstand nicht mehr bewegte.
Dann kroch ich auf ihn zu.
Auch als ich näher kam, rührte er sich nicht. Aber der leichte Wind spielte mit dem Stoff der Kutte, die sich auf dem Boden ausgebreitet hatte.
Und der Kutscher?
Ich sah ihn nicht. Es gab kein grünes Leuchten mehr, das durch den Stoff geschimmert hätte. Dafür entdeckte ich neben der Kutte das Blinken des geweihten Silbers.
Das Kreuz nahm ich zuerst an mich, dann kümmerte ich mich um das, was einmal der Kutscher gewesen war.
Mein Kreuz hatte ganze Arbeit geleistet.
Ich sah keine Knochen mehr. Hier gab es nur noch eine grünliche Masse, die sich im Gras ausbreitete und neben den dünnen Rauchschwaden noch einen widerlichen Gestank abgab.
Das war alles…
Ich stand auf. Oder versuchte es. Das Blut rauschte plötzlich in meinen Ohren, und auf einmal drehte sich die Welt um mich.
Bäuchlings fiel ich zurück in das Gras…
***
Plötzlich war alles anders. Und die beiden Männer hatten nicht bemerkt, wieso und warum es passiert war.
Aber die Glut im Innern der Kutsche gab es nicht mehr. Etwas hatte sie aus den Wänden geholt, wofür Herbert Fulton und Jack Malloy keine Erklärung hatten.
Sie lachten auch nicht. Sie schauten sich nur an und waren erstaunt.
Aber Fulton wollte
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