1486 - Mission auf Akkartil
von Kyon, der irgendwo in eurer Anlage untertauchte sowie ein kleiner Roboter, der vorhin noch neben Carmen stand, jetzt aber verschwunden ist. Ich darf sie nicht zurücklassen. Bitte, hilf mir, sie zu finden, Varonzem!"
„Niemand außer Carmen und dir betrat den Tempel", erwiderte der Nakk. Doch seine Stimme wirkte unsicher, obwohl sich bei einem Nakken nie sagen ließ, was für Gefühle seine Worte begleiteten.
Nikki schloß sie Augen, als eine Ahnung sie überkam. Die Schwingungen innerhalb der Tempelhalle, die ihr die Illusion aufgezwungen hatten, sie hörte einen Choral, waren so übermächtig gewesen, daß ihr das jüngste Erlebnis auf Kyon gar nicht bis ins Bewußtsein gedrungen war. Deshalb hatte sie sich nur daran erinnert, daß sie dereinst auf Kyon Mister Eliot und Usher vor ihren Verfolgern gerettet und auf der JOLLY ROGER mitgenommen hatte.
Aber Mister Eliot und Usher waren nicht mehr; Ektopische Jäger hatten sie auf Kyon vernichtet. Deshalb waren sie niemals mit an Bord der JOL-LY ROGER gegangen und auch niemals mit auf Akkartil gelandet. Das, was einst auf der normalen Zeitbahn geschah, war ausgelöscht worden, als eine Raum-Zeit-Verfaltung ein neues Geschehen auf die Zeitbahn einspielte. Es hatte sich niemals zugetragen.
Kalter Schweiß brach der Terranerin am ganzen Körper aus, als sie sich des Paradoxons bewußt wurde, in das sie offenbar verstrickt war. Wenn etwas niemals geschehen war, weil es durch einen Zeitsprung und eine „Neuinszenierung" gelöscht wurde, dann konnte sich auch niemand daran erinnern.
Unwillkürlich suchte Nikki mit den Fingern in einer Tasche ihres SE-RUNS- und ihre Augen weiteten sich, als sie etwas Glitzerndes von der Größe eines kleinen Diamantsplitters hervorzog.
Das, was der Zwerg mit dem Bockgesicht auf Kyon verloren hatte, bevor er Mister Eliot und dem Ektopischen Jäger gefolgt und gestorben war. „Ich verstehe", sagte Varonzem seltsam klirrend. „Das ist eine Ballung kristallisierter Viren, die auf die psionische Strahlung Anansars ansprechen und eine Rückkopplung hervorrufen, die die Intensität von Raum-Zeit-Falten ganz enorm verstärkt und sie für Varianten öffnet. Dadurch ist es auf Akkartil wahrscheinlich zu lokal begrenzten Zeitsprüngen gekommen."
„Ich glaube, ich verstehe, was du meinst", gab Nikki zurück. „Aber das erklärt doch nicht, warum ich mich an etwas erinnere, was niemals geschehen ist, niemals geschehen sein kann, weil es sonst zu einem Zeitparadoxon gekommen wäre."
„Du erinnerst dich nicht wirklich daran", erklärte der Nakk. „Die Wechselwirkung zwischen den in diesen Viren gespeicherten Informationen und der psionischen Strahlung Anansars müssen in deinem Bewußtsein imaginäre Erinnerungen erzeugen. Doch dazu müßtest du hypersensibel sein."
„Das hätte mir gerade noch gefehlt!" platzte Nikki heraus. „Eine Überempfindlichkeitsreaktion könnte ähnliche Effekte hervorrufen", meinte Varonzem. „Überempfindlichkeitsreaktion!" stieß Nikki Frickel hervor. „Allergien sind doch auch Überempfmdlichkeitsreaktionen - und ich habe einen allergischen Ausschlag. Ist der vielleicht auch durch die Viren hervorgerufen worden?"
„Das wäre möglich", räumte der Nakk ein. „Aber ich habe den Ausschlag schon gehabt, bevor die Zeitverfaltung mich ein zweites Mal nach Kyon verschlug", überlegte Nikki und fröstelte plötzlich, als ihr klar wurde, daß sie da noch gar nicht im Besitz der kristallisierten Viren gewesen war -ganz abgesehen davon, daß sie nur einmal auf Kyon gewesen war, denn als das zweitemal geschah, war es zum erstenmal geworden, weil es das erstemal ausgelöscht hatte.
Die Terranerin merkte, daß sie den Verstand verlieren würde, wenn sie länger über diese Dinge nachdachte -und da sie im Grunde ihres Wesens eine eingefleischte Pragmatikerin war, brachte sie es fertig, nicht weiter in diese Richtung zu denken.
Sie wollte sich mit einem Kopfnikken von Varonzem verabschieden, doch ihr Blick ging ins Leere. Es schien, als hätte der Nakk sich in-Luft aufgelöst.
Irritiert musterte Nikki die im Kreis um sie herumstehenden Nakkeri. Aber sie konnte Varonzem nicht identifizieren.
Da zog sie sich leise aus dem Kreis zurück, berührte Carmen am Arm und flüsterte: „Wir gehen nach oben!"
Carmen war anscheinend verwirrt.
Jedenfalls folgte sie Nikki wie eine Schlafwandlerin.
Bevor die beiden Frauen den Saal verließen, sahen sie noch, wie die Nakken, die bisher in ihren Zellen gewesen waren, in den
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