1487 - Die Dämonen-Prinzessin
Knochenkörper, schrecklich verzogen und verbogen. Mäuler, die zum Schrei offen standen. Knochenhände und Knochenbeine. Wie viele es waren, konnte ich nicht mal zählen, aber sie hatten uns eingekesselt. Es war egal, wohin wir auch zu flüchten versuchten, sie brauchten uns nicht mal einzuholen. Sie würden uns den Weg abschneiden.
Die drei Kids hielten sich tapfer. Sie schrien nicht mal. Aber sie hatten Angst, und ich war für sie der Ausweg, denn sie starrten mich aus bittenden Augen an.
Eine Chance gab es.
Das Haus!
Was uns dort erwartete, wusste ich nicht, denn dort drinnen konnten wir leicht vom Regen in die Traufe geraten.
Egal, da mussten wir durch!
»Kommt mit!« rief ich den Kindern zu. Bevor sie sich versahen, hatte ich sie schon gepackt und zugleich angestoßen. Sie stolperten auf die Tür des Hauses zu.
Mehr musste ich nicht sagen. Sie hatten begriffen, wie die Sache laufen würde. Und keines der Kinder sträubte sich. Ich musste nicht mal die Tür öffnen, das übernahm Kevin, der sich dagegen warf und stolpernd im Innern des Hauses verschwand.
Ich sorgte dafür, dass seine Schwester und Gerrit ihm folgten, und wollte als Letzter die Schwelle übertreten.
Zuvor drehte ich mich um.
Die wandernden Skelette hatten sich nicht zurückgezogen. Sie engten den Kreis sogar noch ein und bewegten sich dabei so geschmeidig, als bestünden sie aus Gummi. Immer wieder veränderten sich ihre Körper. Manchmal sackten sie zusammen, dann wiederum streckten sie sich, und in den alten Knochen schimmerte das rote Feuer.
Ob sie uns auch bis ins Haus verfolgen würden, wusste ich nicht.
Wenn, dann war sowieso alles zu spät.
Bevor das erste Skelett die Tür erreichte, schmetterte ich sie zu.
Jetzt war ich mit den drei Kindern allein und stand wie verloren in der Dunkelheit.
Das Innere des Hauses sah jetzt anders aus als auf der Bühne der Schule. Man schien einen pechschwarzen Sack darüber gestülpt zu haben, sodass kein einziger Funken Licht durchdrang. Ich sah auch kein rotes Schimmern mehr. Die andere Welt schien weit hinter uns zu liegen, und trotzdem war sie nur eine Armlänge entfernt.
»Mr. Sinclair…«
Gerrits jämmerlich klingende Stimme erreichte mich.
»Was ist denn?«
»Wir haben Angst.«
»Ich weiß.«
»Gibt es hier kein Licht?«
»Nein, aber ich habe eine Taschenlampe dabei. Ich bin mir sicher, dass es uns bald besser gehen wird.«
»Und was ist mit der Prinzessin?« jammerte Karen.
»Die könnt ihr vergessen.«
»Wo bist du denn? Wir sehen dich nicht. Es ist so dunkel und kalt hier. War das eine gute Idee?«
»Das wird sich noch herausstellen«, erwiderte ich und holte die Lampe hervor.
Seit alters her ist Licht schon immer das Symbol der Hoffnung gewesen. Es gehörte ebenso zum Kreislauf des Lebens wie die Dunkelheit, und ich schaltete meine Leuchte ein, damit meine drei Schützlinge sahen, wo ich mich befand.
Das Ende des Strahls malte einen Kreis auf den Boden, der sich in eine helle Lanze veränderte, als ich die Lampe anhob.
Sie traf ein Ziel. Die drei Kids standen dicht beisammen, als wollten sie sich gegenseitig schützen. Die Furcht zeichnete ihre Gesichter. Sie hatten sich geduckt, aber im Licht richteten sie sich wieder auf und konnten auch normal sprechen.
»Wo sind die Monster?« fragte Gerrit.
»Draußen.«
»Kommen sie denn nicht?«
»Ich hoffe nicht.«
»Sie hätten schon längst hier sein können, nicht?« erkundigte sich Karen.
»Kann sein.«
»Und was ist mit Ophelia?« wollte ihr Bruder wissen. »Sie ist keine nette Frau mehr. Sie ist einfach nur böse. Sie kam plötzlich zu uns und hat uns einfach aus dem Zimmer geholt. Das werden wir nie mehr wiedersehen, Mr. Sinclair.«
»Das wollen wir abwarten.«
»Nein, wir sind Gefangene, und du bist auch einer.«
Was sollte ich darauf antworten? Im Prinzip hatten sie ja recht.
Wir waren Gefangene in einem Haus, in dem es völlig dunkel war und vielleicht auch leer.
Das allerdings wollte ich zunächst herausfinden.
»Hört zu!« sprach ich die Kids an. »Es ist wichtig, dass wir zusammenhalten und zusammenbleiben. Keiner von euch geht weg. Bleibt in meiner Nähe. Klar?«
Sie nickten.
»Dann kommt.«
»Und wohin?« flüsterte Gerrit.
Es war schwer, ihm darauf eine Antwort zu geben. Ich sagte:
»Vielleicht entdecken wir ja etwas, das uns weiterbringt.«
»Eine Hintertür?«
»Kann sein.«
»Aber da warten die Monster«, sagte Karen.
Ich wollte das Thema nicht weiter ausführen und ging auf die
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