1495 - Die Generalprobe
Innerhalb einer Sekunde machte er mehrere Millionen Messungen des zu ortenden Objekts, ermittelte aus den Meßdaten die Verteilung der Erwartungswerte und bestimmte das Maximum des Kurvenverlaufs. Aufgrund seiner Funktionsweise war der Maxim-Orter wesentlich langsamer als herkömmliche Ortungsgeräte. Vom Beginn der Messungen an verging rund eine Sekunde, bis ein brauchbares Ergebnis vorlag. Für eine gewöhnliche Ortung spielte das keine Rolle. Aber bei der Kopplung des Maximex mit automatischen Zieleinrichtungen, bei denen es auf Nanosekunden ankam, mußte der Syntron des Maximex einspringen, um den Zeitverlust zu kompensieren. Die Konturen eines fremden Schiffes konnte auch der Maximex nicht erkennen.
Anig Putar hatte sich in den Pilotensessel geworfen und eine Bildverbindung mit der BOX-01810 hergestellt. Er fixierte Dharab, dessen Augen sich unruhig bewegten. „Was werden Sie tun?" fragte der Haluter aus dem Fragmentraumer. „Ich gehe auf Nummer Sicher. Wir müssen mit allem rechnen. Es ist das beste, wir sehen nach, um wen es sich handelt. Es können Feinde sein, aber auch Verbündete. Wir gehen der Sache nach!", „Gut. Wir warten auf Nachricht!"
Die Bildverbindung blieb noch eine Weile erhalten. In dieser Zeit beschleunigte die KALIHAL mit mäßigen Werten und ging kurz vor Erreichen des mathematischen Randes des Sonnensystems in den Hyperraumflug über. Sie entfernte sich zehn Lichtjahre von Unalaq, bevor sie ihre erste Orientierungsphase durchführte. Eine zweite Metagrav-Etappe führte das Schiff bis auf drei Lichtjahre an die von der Ortung beobachteten Raumer heran.
Eine Hyperfunkverbindung mit Phoebe oder mit den beiden Fragmentraumern in der Nähe des Sonnensystems existierte nicht. Sie wäre zu verräterisch gewesen. „Nichts", stellte Putar nach eingehendem Blick auf die Ortungsanzeigen fest. „Wenn es da Schiffe gegeben hat, dann sind sie nicht mehr da!"
Er führte eine dritte Etappe durch und tauchte nahe der angemessenen Position in den Normalraum zurück. Sein Ortungsschutz gewährte ihm wenigstens für Sekunden Sicherheit, aber seine Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht. Der Sektor war leer, hier gab es keine Raumschiffe mehr. Es befanden sich keine cantarischen Einheiten in der Nähe. Auch andere Schiffe waren nicht zu erkennen. „Fehlanzeige!" stellte Lingam Tennar fest. „Und dabei hätte ich denen gern eine auf ihr metallisches Fell gebrannt!"
Er hatte noch nicht richtig ausgeredet, da sprach die Fernortung an. Sie erfaßte einen Pulk von ungefähr 200 Schiffen, die in unmittelbarer Nähe des Unalaq-Systems aus dem Hyperraum brachen. Die Ortung schwächte sich im energetischen Bereich leicht ab, nahm aber im Koordinatenbereich zu. Der Schiffspulk schwärmte aus, und das konnte nur eines bedeuten. „Bei allen Teufeln des Universums!" fluchte Lingam Tennar. „Es sind Cantaro. Sie haben den Standort der Fragmentraumer entdeckt. Putar, kehren Sie sofort um. Wir müssen den Posbis zu Hilfe eilen!"
Anig Putar kam wie ein Geschoß aus seinem Sessel empor. „Niemals!" verkündete er. „Es wäre das Dümmste, was wir tun könnten. Bedenken Sie, Tennar!
Zweihundert gegnerische Schiffe. Das ist zuviel. Da können wir nichts ausrichten!"
„Wir werden wie ein kosmischer Sturm unter sie fahren, das verspreche ich Ihnen!" donnerte der Zwerghaluter. „Das Zentralplasma im Stich lassen? Die liebenswerten Matten-Willys? Die vielen tausend Posbis opfern? Zusehen, wie sie im Feuer der Cantaro verglühen? Niemals!"
„Anig Putar hat recht, Lingam", sagte Enza. „Den Fragmentraumern ist auch dann nicht zu helfen, wenn wir sie unterstützen."
„Ich bin Haluter, ich kann nicht zusehen und nichts tun!" bekräftigte Tennar. „Wenn Sie es können, Putar, dann ist es ihre Sache. Geben Sie mir das Beiboot!"
„Bei allem, was Ihnen heilig ist, Lingam Tennar. Sie werden das Boot nicht erhalten. Sie werden die KALIHAL nicht verlassen. Ich werde alles tun, damit Sie Vernunft annehmen!"
„Vernunft, Vernunft! Was ist das? Haben die Blitzer jemals Vernunft bewiesen? Besitzen die Cantaro Vernunft? Vernunft kann vieles sein. Wir sind beide vernünftig, Putar. Wir gehen nur von unterschiedlichen Standpunkten aus."
„Ich darf mein Leben nicht gefährden, haben Sie das vergessen?"
Lingam Tennar wich zurück. Seine Augen wurden trüb und dunkel. Er warf die Arme in die Luft. „Verzeihen Sie mir, lieber Freund!" murmelte er. „Ich habe mich hinreißen lassen - ich hatte es tatsächlich vergessen.
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