1496 - Die Paratrans-Mission
Mädchen vorüberkam.
Die Reaktion der Fremden war einfach deshalb interessant, weil es gar keine solche Reaktion gab. Das Mädchen sah nicht einmal auf - es schien die Kartanin gar nicht zu bemerken. Und einen Gedanken konnte Dao-Lin-H'ay auch nicht von ihr empfangen, nicht einmal ein Gefühl. Dieses Mädchen hätte ebensogut ein Roboter sein können.
Dao-Lin-H'ay überlegte, ob sie Verbindung zum Syntronik-Verbund oder zu den Sicherheitskräften des Stützpunkts aufnehmen sollte, verwarf diesen Gedanken jedoch.
Eine Nachfrage würde ergeben, daß die Identität dieser jungen Terranerin bekannt war und daß sie auch einen guten Grund hatte, sich so zu verhalten, wie sie es tat. Wenn es irgendeinen Zweifel an ihrer Identität gegeben hätte, wäre sie gar nicht erst in die Nähe der JOLLY ROGER gelangt.
Die Kartanin kehrte um und ging zurück. Vor dem Mädchen blieb sie stehen. „Du stehst jetzt schon sehr lange hier", sagte sie. „Wer bist du?"
Die junge Terranerin hob langsam den Kopf. Sie sah der Kartanin geradewegs in die Augen.
Sie wirkte keineswegs erschrocken. Keine Spur von Schuldbewußtsein oder Nervosität. Und ihre Augen waren wirklich sehr seltsam.
Aber waren nicht schon allein diese Augen ein deutlicher Beweis dafür, daß dieses Mädchen keine cantarische Spionin sein konnte? Für einen solchen Job suchte man sich normalerweise keine Leute mit derart auffälligen Merkmalen aus. „Ich heiße Creona Dhauby", enviderte die junge Terranerin gelassen. „Und was tust du hier?"
„Ich warte."
„Worauf?"
„Auf mein Gepäck."
Dao-Lin-H'ay hielt die Krallen zurück, denn sie sagte sich, daß es keinen Sinn hatte, ausgerechnet jetzt die Geduld zu verlieren. ,„Du solltest mir das etwas näher erklären", sagte sie langsam und mit jener scheinbaren Sanftheit, die zur Vorsicht mahnte, wenn man sie bei einer Kartanin bemerkte. „Warum?"
Eines stand fest: Dieses Mädchen kannte sich mit Wesen wie Dao-Lin-H'ay nicht aus. Aber das besagte leider gar nichts. „Was ist denn mit deinem Gepäck?" fragte Dao-Lin-H'ay.
Creona Dhauby zuckte die Schultern. „Ein Roboter sollte es mir hierherbringen", erklärte sie. „Aber er ist noch nicht eingetroffen."
„Gehörst du zur Besatzung der JOLLY ROGER?"
„Ja."
„Seit wann?"
„Seit zwei Stunden."
„Weiß man an Bord darüber Bescheid?"
„Selbstverständlich."
„Also gut", sagte Dao-Lin-H'ay. „Dann komm mit!"
„Der Roboter..."
„Er wird warten!"
Creona folgte der Kartanin nur mit deutlichem Widerwillen, aber offenbar ging ihr allmählich auf, daß es besser für sie war, wenn sie sich nicht allzu bockbeinig anstellte.
Dao-Lin-H'ay führte die Terranerin in die Schleuse und nahm Verbindung zur Zentrale auf.
Bezeichnenderweise war es Nikki Frickel, die sich meldete. Die Kartanin war sich ziemlich sicher, daß die stellvertretende Kornmandantin der JOLLY ROGER die Vorgänge in der Halle beobachtet und den Anruf erwartet hatte.
Nikki Frickel gab sich völlig ungerührt. Nur in ihren Augen blitzte es kurz auf. „Creona Dhauby", sagte sie und nickte. „Sie wurde uns zugeteilt. Sie gehört zu den beiden Synergistikern.
Sie wurde erst im letzten Augenblick ausgewählt."
Dao-Lin-H'ay war über diese Auskunft keineswegs überrascht. Im Gegenteil: Wirklich überrascht wäre sie dann gewesen, wenn Nikki ihr mitgeteilt hätte, daß diese Creona nicht zur Mannschaft oder zum Paratrans-Team gehörte.
Creona ihrerseits zuckte nicht einmal mit den Wimpern. Sie drehte sich um und marschierte davon. In aller Gemütsruhe kehrte sie an ihren Pfeiler zurück. „Seit wann weißt du es?" fragte Dao-Lin-H'ay zum Bildschirm hin. „Die Meldung kam schon vor zwei Stunden, aber ich selbst habe es erst vor wenigen Minuten erfahren.
Ich wollte dich benachrichtigen, aber du warst nicht zu erreichen."
Dao-Lin-H'ay antwortete nicht. „Vielleicht solltest du doch lieber auf Heleios bleiben", meinte Nikki Frickel anzüglich. „Deine Nerven scheinen etwas ramponiert zu sein. Könnte es sein, daß dies die ersten Anzeichen von Verfolgungswahn sind?"
„Ich werde darüber nachdenken", erwiderte Dao-Lin-H'ay friedfertig und brachte Nikki Frickel damit noch viel mehr in Rage, als wenn sie sich wütend gegen deren Verdacht gewehrt hätte. „Welche Kabine hat man ihr zugeteilt?"
Nikki Frickel nannte eine Nummer, und Dao-Lin-H'ay stellte fest, daß der betreffende Raum am anderen Ende des Kabinentraktes lag.
Die Terranerin wartete gespannt darauf, daß Dao-Lin-H'ay
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