1498 - Horrortrip des Sensenmannes
Nur eben nicht in einer Nacht wie dieser, in der ein Sensenmann herumgeisterte.
Phil war froh, sein Zimmer betreten zu können. Er warf sich in den Sessel, streckte die Beine aus und schaute dabei auf die hellgraue Mattscheibe der Glotze, ohne sie wirklich richtig wahrzunehmen.
Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Er wusste, dass er etwas unternehmen musste, aber der richtige Gedanke, der ihn wie ein Blitzschlag traf, war noch nicht dabei.
Der kam ihm erst eine halbe Stunde später. Da lag er rücklings auf dem Bett und starrte die Decke an.
Auf einmal war ihm klar, was er tun musste. Die Idee, die ihm gekommen war, war einfach super. Er sprang hoch. Ihm war es egal, wie spät es war. Er musste über seine Idee mit der Rektorin sprechen. Er griff zum Haustelefon, durch das die Lehrerwohnungen und -zimmer verbunden waren.
»Ja…?« meldete sich Mabel Cramer mit einer Stimme, die müde und angetrunken zugleich klang.
»Ich bin es – Phil.«
Mabel Cramer lachte. »Aha. Haben Sie wieder den Sensenmann am See gesehen?«
»Das nicht. Aber mir ist eine Idee gekommen.«
»Gut, ich höre.«
Er sagte ihr das, was ihm im Kopf herumspukte, und wartete auf eine Reaktion.
»Na, Mabel, was sagen Sie?«
»Ich weiß nicht so recht.«
»Es ist unsere einzige Chance. Ich kenne Jane Collins. Wir waren zusammen in einer Klasse, und ich bin mal stark in sie verliebt gewesen. Deshalb habe ich auch ihren Lebensweg verfolgt und weiß, dass sie eine Top-Detektivin geworden ist.«
»Schön. Aber was soll sie hier machen? So etwas wie eine Leibwächterin für uns spielen?«
»Auch das, aber in Wirklichkeit möchte ich, dass sie uns dabei hilft, die böse Legende auszulöschen.«
»Okay.« Die Stimme der Frau klang weiterhin schwer. »Dann tun Sie, was Sie nicht lassen können.«
»Danke, Mabel, danke.«
***
Der Samstagmorgen begann für mich mit längerem Schlafen. Ich hatte auch keinen Wecker gestellt, mein Handy war aus, der Laptop ebenfalls. Ich wollte einfach nur meine Ruhe haben.
Aber wenn man die elektronischen Übermittlungstechniken aus dem Spiel ließ, dann gab es noch etwas, das sich über lange Jahre gehalten hatte.
Die einfache Klingel.
Und die holte mich aus dem Schlummer.
Erst glaubte ich an einen bösen Traum. Mit einer etwas lahmen Handbewegung wollte ich ihn wegwischen, doch das klappte nicht, denn die Klingel meldete sich erneut.
Verdammt auch!
Ich kam aus dem Bett, taumelte schlaftrunken beinahe noch gegen den Türpfosten und war froh, den kleinen Flur zu erreichen, wo sich die Sprechanlage befand.
»Ja?« würgte ich hinein.
»Sag nur, du hast noch im Bett gelegen?« hörte ich die frisch klingende Frauenstimme.
»Ist das schlimm?«
»Ja«, sagte Jane Collins. »Öffne die Tür und fang schon mal an, einen Kaffee zu kochen.«
»Wie du willst, Meisterin.«
Es würde zwar etwas dauern, bis Jane Collins bei mir war, aber um mich frisch zu machen, reichte die Zeit nicht. So streifte ich mir einen Bademantel über, fing damit an, Kaffee zu kochen, und fragte mich, weshalb Jane wohl zu mir wollte.
Als hätte das Fallen der ersten Tropfen etwas in meinem Kopf weggespült, fiel mir siedendheiß etwas ein.
Ich war mit Jane Collins verabredet. Und zwar für den Abend. Wir wollten gemeinsam ein Musical besuchen, für das Jane Collins zwei Karten bekommen hatte. Nur begann das Stück erst am Abend. Was wollte sie also zu dieser nachtschlafenden Zeit bei mir?
Sie würde es mir sagen. Aber ich hatte bereits jetzt den Eindruck, dass es mich nicht freuen würde. Jane Collins war von Beruf Detektivin, und so ging ich davon aus, dass sie über einen Fall gestolpert war, bei dem sie möglicherweise meine Unterstützung brauchte.
Der Kaffee war noch nicht durchgelaufen, als Jane bereits die Wohnungstür erreicht hatte.
Ich ließ sie ein und schaute sie länger als gewöhnlich an.
Im Gegensatz zu mir machte sie einen Top-Eindruck. Jeans, Stiefel, ein locker fallender Pullover mit Rollkragen und eine dunkelrote Windjacke, die sie auszog und an den Haken hängte. Ihre Augen blitzten, der Wind hatte bei ihr eine Sturmfrisur hinterlassen, und als sie mir ins Gesicht schaute, stellte sie mir auch schon die Frage, die ich von ihr erwartet hatte.
»Weißt du, wie die aussiehst, John?«
»Sag es mir.«
Sie zog die Nase kraus.
»So richtig mies.«
»Oh, das tut mir aber weh.«
»So ist das nun mal mit der Wahrheit.« Sie ging an mir vorbei ins Wohnzimmer und schnupperte. »Aha, der Kaffee läuft schon, das
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