1498 - Horrortrip des Sensenmannes
langsam, setzte mich wieder an den Tisch, nachdem ich mir aus der Küche einen noch eingepackten Sandwich geholt hatte, um wenigstens etwas im Magen zu haben. Die beiden Karten für das Musical lagen neben mir auf dem Tisch. Ich würde Shao und Suko damit beglücken.
Aber was trieb Jane?
Sie hatte mir von einer alten Legende erzählt, von einem Sensenmann, der die Gegend unsicher machte.
Wahrheit oder Hirngespinst?
Jedenfalls musste Janes Schulfreund sehr überzeugend gewesen sein, dass er sie hatte einspannen können. Vielleicht aber wollte sie ihn auch nur mal wiedersehen.
Ich aß das etwas trockene Sandwich auf und machte mich tagfein.
Das heißt, ich stieg unter die Dusche, rasierte mich auch, und dann ging ich mit den beiden Karten nach nebenan.
»Überraschung, Freunde!« rief ich.
»Dank Jane Collins und mir ist euer Abend gerettet.«
»Wieso?« fragte Suko.
Ich blätterte die beiden Karten auf den Tisch. »Ihr dürft heute Abend ein Musical besuchen.«
Shao, die etwas abseits gestanden hatte, bekam große Augen und trat näher.
»Stimmt das wirklich, John?«
»Sicher.«
»He, das ist super! Wir hatten nichts vor, und jetzt können wir uns einen schönen Abend machen.«
Ihre Begeisterung war nicht ansteckend. Zumindest nicht für Suko. Der stand wie angenagelt auf seinem Platz, blickte mich böse an und verdrehte dabei die Augen.
»So ist das Leben«, sagte ich.
»Moment mal, John. Das sagst du so einfach. Aber warum gehst du nicht mit Glenda dorthin?«
»Hätte ich machen können. Wollte ich sogar, aber Jane hat etwas dagegen.«
»Doch nicht wegen Glenda – oder?«
»Nein. Ich habe gewissermaßen Bereitschaftsdienst. Jane hat die Karten nicht weggegeben, weil sie keine Lust hatte. Es ging ihr um einen Job, zu dem sie unterwegs ist.«
»Hier in London?« fragte Shao.
Da ich schon dabei war, klärte ich die beiden auf. Daraufhin schlug Suko vor, dass er ja mit mir zusammen Bereitschaftsdienst machen konnte und Shao mit Glenda ins Musical ging.
»Wer weiß, wie gefährlich dieser Sensenmann ist. Da sind vier Augen besser als zwei.«
Ich hielt mich da raus und sagte nur: »Ihr könnt mir ja Bescheid sagen, wenn ihr euch geeinigt habt.«
Damit waren sie einverstanden. So verdrückte ich mich in meine Wohnung und lüftete erst mal durch. Das Fenster stand noch nicht lange auf, als es klingelte.
Suko stand vor der Tür.
Ich brauchte nur in sein Gesicht zu schauen, um zu wissen, dass er gewonnen hatte.
Trotzdem musste er es noch mal bestätigen. »Bingo, John, Shao und Glenda ziehen los.«
Danach klatschten wir uns ab…
***
Egal in welche Richtung man aus London weg wollte, man hatte stets das Glück, eine Autobahn nehmen zu können, und das galt auch für die südliche Strecke.
Allerdings musste Jane Collins mehrmals die Autobahn wechseln.
Auf der A227 konnte sie dann bleiben und bis in die Nähe von Tonbridge fahren, wo sie abbiegen musste.
Die einzelnen Ortschaften sagten ihr nichts. Große Sympathie konnte Jane der Landschaft auch nicht abgewinnen. Hätte Schnee auf den Hügeln gelegen, wäre die Welt in einem anderen Licht erschienen, so aber fuhr sie durch ein tristes Braun, das nur selten von einer grünen Farbe unterbrochen wurde.
Der Himmel zeigte ebenfalls das übliche Grau, hatte aber einen Stich ins Helle angenommen. So konnte Jane damit rechnen, dass es trocken blieb.
Eine Zeit war ihr nicht genannt worden. Sie hatte ihren alten Schulfreund eine halbe Stunde zuvor angerufen und erfahren, dass sich noch nichts wieder ereignet hatte.
»Und hast du schon mit der Rektorin gesprochen?«
»Nein, das habe ich nicht. Ich denke, dass wir beide sie dann überraschen. Ich habe sie eingeweiht. Sie weiß also über dich Bescheid.«
»Das ist gut und erspart lange Erklärungen. Sag mal, was ist sie eigentlich für ein Typ?«
Phil Bennett hatte gelacht. »Eigentlich sind Frauen wie sie längst ausgestorben. Man kann durchaus behaupten, dass sie der Typ weiblicher Dragoner ist.«
»Also sehr streng.«
»Ja. Sie ist schlimmer, als es damals die Thatcher gewesen ist. Aber sie hat Erfolg. Trotz ihres Alters – sie ist fast sechzig – kann man ihr nichts vormachen. Da ist sie knallhart.«
»Gut. Und die Schule ist leer?«
»So gut wie. Die wenigen Schüler wissen natürlich nicht, was hier in der Nacht geschehen ist. Wir wollen alles, Jane, nur keine Panik, und dabei sollst du uns helfen.«
»Ich werde mich bemühen.«
Jetzt lagen noch die letzten Kilometer der Fahrt vor
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