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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sodann vermutlich die Verbündeten der Flüchtlinge benachrichtigte und jene zwei Schüsse veranlaßte, welche gegen mich und Ali Manach Ben Barud el Amasat abgefeuert wurden. Auch er hatte die Koptscha.“
    „Daß der einstige Steueraufseher von Uskub sie besitzt, das habe ich heute bemerkt.“
    „Vielleicht hätte man dich nicht so mißhandelt, wenn du auf den Gedanken gekommen wärst, ihnen zu sagen, daß du im Besitz der Agraffe bist.“
    „Das ist möglich; leider aber habe ich nicht daran gedacht.“
    „Es bekommt sie wohl nicht jedermann?“
    „Nein.“
    „Welche Anforderungen werden gestellt?“
    „Der, welcher sie haben will, muß ein Mann sein, von dem man sicher ist, daß er den Freunden Nutzen bringen kann. Und sodann muß er bewiesen haben, daß er diejenigen, welche in die Berge gegangen sind, nicht verurteilt.“
    „Muß sie nicht ein jeder verurteilen? Sie sind aus dem Gesellschaftverband getreten, der unter dem Schutz des Gesetzes steht.“
    „Du hast recht. Aber du mußt dieses Gesetz mit dieser Gesellschaft vergleichen. Das Gesetz ist gut, und es meint es auch gut mit den Untertanen; aber die Gesellschaft, von der du sprichst, taugt nichts. Allah hat uns weise Gesetze und wohltätige Satzungen gegeben, aber sie werden von seinen Vertretern falsch gehandhabt. Hast du nicht schon die Klage gehört, daß der Islam seine Anhänger verhindere, in der Kultur Fortschritte zu machen?“
    „Sehr oft.“
    „Wird dieser Vorwurf dem Islam nicht meist von Andersgläubigen gemacht?“
    „Ich gebe das zu.“
    „Nun, sie kennen den Islam, den echten Türken nicht. Der Islam verhindert den Kulturfortschritt nicht; aber die Macht, die er dem einen über den andern erteilt, ist in unrechte, treulose Hände gekommen. Auch der Türke ist gut. Er war und ist noch bieder, treu, wahrheitsliebend und ehrlich. Und wenn er anders wäre, wer hätte ihn anders gemacht?“
    Ich war ganz erstaunt, von diesem einfachen Mann, von einem Dorfschmied, solche Worte zu hören. Wo hatte er seine Anschauungen hergenommen? Waren sie die Frucht eigenen Nachdenkens, oder hatte er zufälligerweise mit Männern verkehrt, die ihn zu sich emporgezogen hatten?
    Ich zog es vor, mich einer Antwort zu enthalten, und so fuhr er fort:
    „Der Türke hat dieses Land erobert. Ist das ein Grund, ihn aus demselben zu vertreiben? Antworte mir, Effendi!“
    „Sprich weiter!“
    „Haben nicht der Engländer, Deutsche, Russe, der Franzose und alle andern ihr Land ebenso erobert? War nicht noch vor kurzem Prussia so klein wie eine Streusandbüchse, und nun ist es so groß geworden, daß es Millionen von Menschen faßt? Wodurch ist es so groß geworden? Durch Schießpulver, durch das Bajonett und durch das Schwert, wohl auch durch die Feder des Diplomaten. Sie alle haben früher nicht die Länder gehabt, die sie jetzt besitzen. Was würde der Amerikaly sagen, wenn der Türke zu ihm käme und spräche: du mußt fort, denn dieses Land hat dem roten Volk gehört? Er würde den Türken auslachen. Warum also soll dieser vertrieben werden?“
    „Der Nemtsche will ihn nicht vertreiben.“
    „Ja, das habe ich gehört; aber der Nemtsche ist auch der einzige, der Gerechtigkeit besitzt. In unserm Land gab es ein Volk mit dem Katholizismus des Moskows. Dieses Volk war groß in Kenntnissen, aber noch größer in seinen Sünden. Da kam der Türke und züchtigte sie ganz wie Joschuah die Völker des Landes Kanaan züchtigte. Das war Gottes Wille. Aber mit ihm kamen die von ihm Besiegten: er war und blieb an Zahl der Kleine im Land. Er hatte gesiegt durch seine Tapferkeit, und nun wurde er nach und nach besiegt durch Schlauheit und Hinterlist. Blicke dich um! Zähle die Verbrechen, die man verübt; sammle die Verleumder, Betrüger und alle, die gegen das Gesetz handeln, aber zu schlau sind, um ergriffen zu werden; gehe in die dunklen Häuser, in denen es nach dem Laster stinkt – wer sind sie, und woher stammen sie, die du zu zählen hast? Wie viele wirkliche Türken wirst du unter ihnen finden? Geht nicht durch ganz Asia ein ungeheurer Diebstahl, ausgeführt von dem Ingiliz und von dem Moskow? Findest du nicht ein immerwährendes Erdrücken, Ersticken und Abschlachten der Stämme, die zwischen diese beiden Riesen geraten? Das tun diese Christen; der Türke aber ist froh, wenn man ihn in Ruhe läßt!“
    Er war von seinem Gegenstand so begeistert, daß er sogar die Pfeife hatte ausgehen lassen. Ich brannte ein Hölzchen an und reichte es ihm

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