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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Haus, in dessen Türöffnung er verschwand.
    Ich schlich mich ihm nach. Der Schmied war in die größere Abteilung seines Hauses gegangen, wo seine Frau lag. Da der Fremde ihm dorthin gefolgt war, konnte ich eintreten und – versteckt von der aus Weiden geflochtenen Scheidewand – alles hören, was gesprochen wurde. Der Fremde stand mit dem Rücken zu mir, der Schmied vor ihm, die Fackel in der Hand. Die Frau schien sich etwas erholt zu haben; sie hatte die Augen geöffnet und den Kopf in die Hand gestemmt und hörte dem Gespräch der beiden zu.
    Der Schmied erhielt von dem andern Vorwürfe, daß er sich so wenig freundlich benommen habe; das erbitterte ihn. Er ließ sich aus Ärger zur Unvorsichtigkeit verleiten und sagte:
    „Ich bin nur gegen ehrliche Leute freundlich.“
    „Meinst du etwa, daß ich nicht ehrlich bin?“
    „Ja, das meine ich.“
    „Du bist ein Grobian, wie es gar keinen größeren geben kann! Wie willst du wissen, ob ich ein ehrlicher Mann bin oder nicht? Kennst du mich etwa?“
    „Ja, ich kenne dich.“
    „Wo hast du mich gesehen?“
    „Ich habe dich noch nicht gesehen, aber gehört habe ich von dir.“
    „Wo und von wem?“
    „Hier, von einem fremden Effendi, welcher ganz genau weiß, daß du ein Spitzbube bist.“
    „Wann?“
    „Heute, vor ganz kurzer Zeit.“
    „Du lügst!“
    „Ich lüge nicht, ich sage die Wahrheit. Ich kann es dir beweisen. Ich weiß nämlich ganz genau, was du bei mir erfahren willst.“
    „Das kannst du unmöglich wissen!“
    „Ich weiß es ganz gewiß!“
    „So sage es!“
    „Du willst dich nach Manach el Barscha und Barud el Amasat erkundigen.“
    Der andere machte eine Bewegung des Schreckens und fragte:
    „Woher weißt du das?“
    „Eben von jenem Effendi.“
    „Wer ist er?“
    „Das brauchst du nicht zu wissen. Wenn er will, so wirst du es erfahren.“
    „Wo befindet er sich?“
    „Das habe ich dir nicht zu sagen.“
    „Meinst du? Wie nun, wenn ich dich zwinge!“
    „Ich fürchte mich nicht.“
    „Auch vor dem da nicht?“
    Er zog ein Dolchmesser hervor und hielt es ihm entgegen.
    „Nein, auch vor diesem Messer nicht. Ich bin nicht allein.“
    Ich war an die Öffnung des Weidengeflechtes, welche als Tür diente, getreten. Bei den letzten Worten zeigte der Schmied auf mich. Der Fremde drehte sich um, erblickte mich und rief:
    „Das ist des Teufels!“
    Er sah höchst erschrocken aus, und auch ich war überrascht, denn ich erkannte in ihm jenen Menschen, der mich so eigentümlich beobachtet hatte, als ich mit dem ‚Tanzenden‘ durch die Straßen von Edreneh gekommen war. Er hatte den Ausruf in walachischer Sprache getan. War er ein Walache? In so unbewachten Augenblicken pflegt der Bestürzte sich gewöhnlich seiner Muttersprache zu bedienen.
    Ich mußte das, was der Schmied verdorben hatte, wieder gut zu machen suchen. Er hätte gar nicht verraten sollen, was er von ihm wußte. Er mußte dessen Fragen abwarten; dann erst war es Zeit, sich zu äußern.
    „Das ist nur zu wahr“, antwortete ich auch rumänisch. „Du bist des Teufels!“
    Er faßte sich, steckte das Messer, mit welchem er dem Schmied gedroht hatte, wieder zu sich und sagte:
    „Was willst du? Ich kenne dich nicht!“
    „Das ist auch nicht notwendig. Die Hauptsache ist, daß ich dich kenne, mein Bursche!“
    Er machte ein ganz erstauntes Gesicht, schüttelte den Kopf und meinte im Ton aufrichtigster Beteuerung:
    „Ich kenne dich nicht! Gott ist mein Zeuge!“
    „Lästere Gott nicht! Er ist Zeuge, daß du mich gesehen hast!“
    „Wo denn?“
    „In Edreneh.“
    „Wann?“
    „Pah! Kannst du türkisch sprechen?“
    „Ja.“
    „So laß dein Rumänisch jetzt. Dieser brave Schmied soll auch hören und verstehen, was wir reden. Du gestehst doch zu, daß du anwesend warst, als Barud el Amasat in Edreneh verurteilt wurde, weil er gegen das Gesetz gesündigt hatte?“
    „Ich war nicht dabei, und ich weiß von nichts.“
    Ich hatte ihn allerdings nicht unter den Zuschauern gesehen. Darum mußte ich seine Versicherung ohne Entgegnung hinnehmen. Doch fragte ich weiter:
    „Du kennst aber Barud el Amasat?“
    „Nein.“
    „Auch nicht seinen Sohn Ali Manach?“
    „Nein.“
    „Warum erschrakst du so sehr, als du ihn als meinen Gefangenen erblicktest?“
    „Ich habe weder dich, noch ihn gesehen.“
    „Ah so! Du kennst wohl auch nicht den Handschia Doxati in Edreneh?“
    „Nein.“
    „Und bist auch nicht sofort, nachdem du mich und Ali Manach gesehen hattest, fortgeeilt,

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