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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schleier. Ich werde durch die Augen eines Christen, der tausend Frauen sieht, nicht beleidigt. Gib mir deine Hände!“
    Ich gab sie ihr. Sie faßte an. Ich zog, und – – – da stand sie aufrecht vor mir, zwar ein wenig schnaufend, aber doch glücklich auf die Füße gebracht.
    War es eine Schande für mich, daß sie meinte, sich vor mir nicht genieren zu dürfen? Oder war es eine Ehre? –
    „Wie lange steckst du bereits hier?“ fragte ich.
    „O, eine lange, lange Zeit.“
    „Wie aber kamst du herein?“
    „Der Esel wurde scheu. Die Dornen stachelten ihn an die Beine.“
    „Du saßest auf ihm?“
    Armer, armer Maulesel! Jetzt bedauerte ich es, ihn in seinem Schmaus gestört zu haben. Er hatte den Zucker mehr als reichlich verdient.
    „Warum aber bist du mit ihm in diese Dornen geritten?“ erkundigte ich mich.
    „Ich wollte – wollte – – –“
    Sie wurde noch röter, als sie so bereits war, und schwieg. Ich warf einen Blick umher. Das war ja ein kleines Magazin hier unten.
    „Wem gehören diese Sachen?“ fragte ich.
    „Ich – ich – – – ich weiß es nicht!“
    „Und doch hast du gewußt, daß sie sich hier befinden?“
    „Nein.“
    „Ich bin verschwiegen und zudem fremd. Vor mir brauchst du keine Angst zu haben. Aber wie gut, daß ich dich nicht vorher bemerkte, als noch ein zweiter bei mir war!“
    „Du warst nicht allein?“
    „Nein. Ein junger Mann aus Kabatsch war bei mir.“
    „Wo ist er jetzt?“
    „Nach Hause.“
    „Kennst du seinen Namen?“
    „Ja. Es ist der Sahaf Ali.“
    „Dieser, ah dieser! Nein, der darf nicht wissen, was du hier gesehen hast. Du kennst ihn gut?“
    „Ich sah ihn heute zum ersten Male, aber er hat mir sehr gut gefallen.“
    „Und wie hast du mich gefunden?“
    „Ich sah dein Gebäck am Boden liegen und dann fand ich den Maulesel. Er war in den Sträuchern hängen geblieben. Ich band ihn an und folgte deiner Spur. So kam ich hierher.“
    „Dieser Esel ist ein sehr dummes Geschöpf. Nun muß ich das Gebäck von der Erde auflesen und kann mich doch nur sehr schwer bücken. Wirst du mir helfen?“
    „Gern!“
    „So komm!“
    „Wird es gehen? Wirst du hier emporsteigen können?“
    „Nein. Aber du wirst mich ziehen oder schieben.“
    „Ich denke, du bist kitzlig!“
    „Nun nicht mehr, da du ein Christ bist.“
    Hm! Diese Dame besaß wirklich höchst eigentümliche Nerven! Ich stieg jetzt auf dem Teppichlager herum, um es mir genauer zu betrachten. Dann fragte ich:
    „Gehört dieser Ort noch zu Koschikawak oder bereits nach Dschnibaschlü?“
    „Nach Dschnibaschlü.“
    „Was für ein Mann ist euer Kiaja?“
    „Ich bin nicht seine Freundin“, antwortete sie aufrichtig. Jetzt wußte ich genug. Der Zufall hatte mir hier einen Trumpf in die Hand gespielt, den ich zu Gunsten des Buchhändlers auszuspielen entschlossen war.
    „Gehst du mit?“ fragte sie.
    „Ja.“
    „So komm! Führe mich!“
    Ich geleitete sie von den Teppichen herab bis dahin, wo die Dornen begannen.
    „Aber mein Gewand wird hängen bleiben!“ sagte sie.
    „Ich werde dir Platz machen. Ich schlage die Dornen mit meinem Messer ab.“
    „Nein, nein!“ sagte sie ängstlich. „Das darfst du nicht!“
    „Warum nicht?“
    „Es ist verboten?“
    „Wer hat es verboten?“
    „Eben dieser böse Kiaja.“
    Ich durchschaute sie. Dieser Platz war ein sehr passendes Versteck für das gesetzwidrige Treiben ihres Mannes. Man hielt das Gestrüpp für undurchdringlich; aber es mußte doch eine Stelle geben, wo es leicht passierbar war. Bahnte ich einen breiten Weg hindurch, so war die Grube der Entdeckung ausgesetzt. Das wollte sie verhüten.
    „Wohin willst du mit dem Gebäck?“ fragte ich sie.
    „Nach Göldschik; da aber ging der Esel durch.“
    Ah, sie hatte gewußt, daß, vielleicht während der letzten Nacht, diese Waren hier untergebracht worden waren, und sie war durch die Neugierde, dieselben zu sehen, von dem Weg abgetrieben worden. Sie hatte den Esel zu weit in die Dornen gedrängt, und dieser war durchgegangen, unglücklicherweise mitten durch das Gestrüpp und über die Vertiefung hinweg.
    „Woher kommst du heute?“ fragte sie mich.
    „Von Koschikawak.“
    „Und wohin willst du?“
    „Nach Dschnibaschlü und Kabatsch.“
    „Was willst du in Kabatsch?“
    „Ich will Ali den Sahaf besuchen.“
    „Wirklich? Sag', Fremdling, willst du mir wohl da einen Gefallen erweisen?“
    „Sehr gern.“
    „Ich will dir etwas für ihn

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