150 - Aufbruch in die Silberwelt
Adern liefen. Otuna musterte mich mit einem Blick, der mich vieles vergessen ließ.
Ihre Schönheit war überwältigend, sie schlug mich in ihren Bann.
Mr. Silver hatte sich hervorragend auf magische Hypnose verstanden. War Otuna auch dazu fähig?
Ihr Blick schien alle Hemmungen von mir zu nehmen. Er zerstreute meine moralischen Bedenken, und als Otuna anfing, sich zu entkleiden, durchlief es mich heiß und kalt zugleich.
»Warum tust du das?« fragte ich heiser.
»Du gefällst mir, Tony Ballard.«
»Aber… Theck und Arson …«
»Sie haben in einer anderen Höhle Schutz gesucht. Du hast mir das Leben gerettet.«
»Wenn du denkst, dich auf diese Weise bedanken zu müssen…«
»Ich möchte es – und wenn du es auch möchtest…«
Ich wischte mir mit der Hand über die feuchte Stirn. Dieses Silbermädchen sah so verlockend aus, daß ich mich nur mühsam beherrschen konnte.
Sie sagte, ich solle nicht so verkrampft sein, solle mich entspannen. Ich sah ihre wunderschönen nackten Brüste, und mein Atem beschleunigte, als wäre ich auf der Flucht.
»Du hast mir ebenfalls das Leben gerettet«, sagte ich krächzend.
»Wir sind quitt.«
»Und wir sind allein«, flüsterte sie und wollte sich weiter ausziehen.
»Warte!« stieß ich hervor.
Sie sah mich verwundert an. »Gefalle ich dir nicht?«
»Doch, sehr sogar, aber ich bin nicht sicher, ob ich das möchte, Otuna.«
Ein trauriger Schleier legte sich über ihre Augen.
»Bitte, versteh’ mich nicht falsch«, sagte ich. »Du siehst großartig aus, und es geht beinahe über meine Kräfte, mich zu beherrschen, aber… es kommt zu überraschend für mich. Es geht mir zu schnell.«
»Worauf willst du warten?«
»Ich weiß es nicht, Otuna. Seit ich hier bin, ist so vieles auf mich eingestürmt… In meinem Kopf herrscht ein Chaos, in das ich erst Ordnung bringen muß.«
Sie schien Verständnis für meine Lage zu haben. »Später?« fragte sie.
»Ja, später«, antwortete ich. »Vielleicht.«
Sie zog sich wieder an und lehnte sich neben mir an den behaglich warmen Felsen. Draußen hagelte es immer noch. Ich war froh, hier so gut untergekommen zu sein.
Ich bat Otuna, mir von der Silberwelt zu erzählen, und ich erfuhr von einer Herrscherin namens Sabra und einem Herrscher namens Ronsidor.
Beide verfügten über große magische Kräfte. Sabra verwendete sie, um Gutes zu tun, Ronsidor, um das Böse zu verbreiten – deshalb hatte man ihm den Beinamen »der Schreckliche« gegeben.
»Sabra lebt auf Thermac«, erzählte Otuna. »Das ist ihr Besitz, das Gebiet, das sie beherrscht. Sie regiert mit Güte und Verständnis. Ihr Volk liebt sie. Ronsidor der Schreckliche ist genau das Gegenteil. Er ist ein blutrünstiger Barbar, der raubt, mordet und brandschatzt. Seit jeher ist ihm die Stärke Sabras ein Dorn im Auge. Er kann sie nicht überrennen, wie es für gewöhnlich seine Art ist. Sabra trotzt ihm stets mit Erfolg. Das macht ihn von Mal zu Mal wütender. Um an ihre Macht zu kommen, versuchte er schon alle möglichen Tricks. Einmal wollte er sie sogar zu seiner Geliebten machen. Er bot ihr einen Waffenstillstand und ewigen Frieden an. Außerdem behauptete er, des Kämpfens müde zu sein. Wenn sie sich ihm geschenkt hätte, wäre ihre Macht auf ihn übergegangen. Nicht, wenn er sie mit Gewalt genommen hätte. Sie hätte es freiwillig tun müssen. Dafür hatte er ihr einen Platz an seiner Seite versprochen, doch Sabra fiel nicht darauf herein. Sie schickte ihn fort, und er schwor, sich für diese Schmach grausam zu rächen.«
»Warum begnügt er sich nicht mit seiner Macht?«
»Ronsidor ist ehrgeizig und machthungrig«, sagte Otuna.
Ich kannte jemanden, der genauso war: Professor Mortimer Kull.
»Der Schreckliche duldet niemanden neben sich, der so stark ist wie er. Und er will niemanden über sich haben. Mit Sabras Macht wäre er der stärkste Herrscher, den es jemals auf der Silberwelt gab. Er würde sich gegen die Hölle auflehnen, die weite Gebiete beherrscht und beeinflußt. Jedoch nicht, weil er gegen das Böse ist, sondern weil er seine Entscheidungen ausschließlich allein treffen und sich von Asmodis nichts sagen lassen will. Ronsidor der Schreckliche will sich die ganze Silberwelt Untertan machen und der Hölle den Krieg erklären. Das wird er tun, sobald er sich Sabras Macht auf irgendeine Weise verschafft hat. Man sagt, er hätte endlich eine Möglichkeit gefunden, dieses Ziel zu erreichen.«
»Auf wessen Boden befinden wir uns hier?« wollte
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