150 - Aufbruch in die Silberwelt
Morron Kull hatte sich zum Ziel gesetzt, alle Vorhaben seines Vaters zu durchkreuzen, damit dieser bei Asmodis, dem Höllenfürsten, in Ungnade fiel und von ihm für vogelfrei erklärt wurde.
So hatte er auch verhindert, daß Mortimer Kull den Dämonenjäger Tony Ballard tötete. [1]
Endlich zeigten sie beide Ermüdungserscheinungen. Sie hatten sich nichts geschenkt, hatten sich völlig verausgabt und alles in die Waagschale geworfen, was sie zu bieten hatten.
Nun zeichnete sich ein leichter Vorteil für Mortimer Kull ab. Der dämonische Wissenschaftler zog seinen Nutzen aus einer reicheren Kampferfahrung.
Mit letzter Kraft gelang es ihm, seinen Sohn niederzuringen.
Der Professor war vom schweren, kräfteraubenden Kampf gezeichnet. Er atmete heftig, und auf seiner Stirn glänzten violett schillernde Schweißperlen.
Erst kürzlich war er von Asmodis zum Dämon geweiht worden, nachdem er der Hölle ein ungemein wertvolles Geschenk gemacht hatte: Rufus, den Dämon mit den vielen Gesichtern. Seither gehörte Professor Mortimer Kull dem Höllenadel an. Ein Aufstieg, den vor ihm noch kein Mensch geschafft hatte.
Er hatte keine Beziehung zu seinem Sohn, der ihm zum Verwechseln ähnlich sah. Er brauchte keinen Sohn. Schon gar nicht einen, der gegen ihn war.
»Wenn der Sohn sich gegen den Vater stellt, ist das das schwerste Verbrechen, das er begehen kann!« knurrte Mortimer Kull.
Morron Kull wurde von der magischen Kraft des Professors niedergedrückt. Es war ihm nicht möglich, sich zu erheben und den Kampf fortzusetzen.
»Es ist kein Platz für uns beide!« behauptete der Professor. »Nirgendwo! Deshalb muß der Schwächere sterben! Du hast es gewagt, die Hand gegen mich zu erheben. Dafür werde ich dich grausam bestrafen. Ich habe mir große Ziele gesetzt, die ich schon bald erreichen werde. Dein Vater wird aufsteigen zu höchstem Ruhm. Dämonische Heerscharen werden sich vor ihm verneigen. Er wird die Macht des schwarzen Universums in seinen Händen halten. Du bist ein Narr, daß du dich gegen so einen Mann stellst, anstatt sich mit ihm zu verbünden. Das zeigt mir, daß du meines Namens nicht würdig bist. Du denkst so simpel wie deine Mutter, läßt dich von Gefühlen leiten. Deine Rebellion war von kurzer Dauer, Morron. Nun geht es ans Sterben.«
»Hast du Riga nicht geliebt?« keuchte Morron Kull.
»Ich habe mich am Knochensee mit ihr nicht vereinigt, um einen Bastard zu zeugen. Es geschah zum Vergnügen«, sagte Mortimer Kull hart. »Ich ahnte nicht, daß sie einem erwachsenen Sohn das Leben schenken würde.«
»Hättest du es verhindert, wenn du es gewußt hättest?«
»Wenn ich geahnt hätte, welchen Sohn sie aus ihrem Schoß preßt, ja«, antwortete Professor Kull. »Denn du verdienst das Leben nicht, das wir dir gaben! Deshalb werde ich es nun beenden!«
Als der Professor sich anschickte, seinen Sohn zu töten, attackierte ihn dieser so unerwartet, daß es ihn völlig überraschte.
Mortimer Kull hatte nicht geglaubt, daß Morron noch so viel Kraft in sich hatte. Er hatte seinen Sohn unterschätzt. Magische Blitze rasten auf den Professor zu und bohrten sich in seinen ungeschützten Leib.
Er brüllte auf. Seine Augen weiteten sich in namenlosem Entsetzen. Morron Kull stemmte sich gegen die unsichtbare Kraft, die ihn niederpreßte. Er wollte seinem Vater den Rest geben, aber sein magisches Potential war erschöpft. Diese Attacke war ein letztes Aufflackern gewesen. Nun hatte er nichts mehr zu bieten, doch das wußte der gefährlich verletzte Professor nicht.
Mortimer Kull befürchtete eine zweite Attacke, die er dann nicht mehr verkraftet hätte, deshalb ergriff er die Flucht. Er ließ sich aus dem magischen Feld fallen und stürzte in den Steinbruch, in dem Tony Ballard hätte sterben sollen – was Morron Kull verhindert hatte.
Violette Flammen züngelten aus den Brandwunden. Mortimer Kull preßte die Hände darauf und erstickte sie. Wenn sein Sohn jetzt nachgesetzt hätte, wäre er erledigt gewesen, denn er hatte nicht mehr die Kraft, sich zu wehren.
Aber auch Morron Kull hatte nicht mehr die Kraft, ihm den Todesstoß zu versetzen.
Der Kampf war zu Ende. Für diesmal.
Die erste Runde ging an Morron Kull…
***
Cardia war eine Reisende, ein Wesen ohne Heimat, das niemals seßhaft werden konnte. Sie hatte übernatürliche Fähigkeiten, die sie jedoch fast ausschließlich zu ihrem Schutz einsetzte. Reisende waren sehr friedliebend und ungemein anpassungsfähig. Wohin sie ihr Weg auch
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