1506 - Eine Welt der Linguiden
der seine Unsicherheit ausdrückte. „Es ist nur ein Gefühl", erklärte er. „Dieses Gefühl entstand bei mir, während ich die diversen Nachrichten anhörte und analysierte, aber ich konnte bisher noch keinen konkreten Hinweis finden."
„Ein Gefühl", murmelte Bull nachdenklich. „Von einer Nachricht in linguidischer Sprache erzeugt. Du solltest dich vielleicht besser nicht zu intensiv in diese Materie vertiefen."
„Du denkst, ich könnte beeinflußt werden?" fragte Salaam Siin überrascht und erzeugte einen belustigten Flötentriller. „Da irrst du dich aber gewaltig! Ich habe deutliche Beweise dafür, daß die spezielle Sprachtechnik der Friedensstifter nur im direkten Gespräch zur Wirkung kommt. Sie müssen ihrem jeweiligen Kunden gegenüberstehen, sonst funktioniert es nicht."
„Bist du sicher?"
„Absolut sicher!"
„Dann kann ich nur hoffen, daß die Linguiden im Jergelen-System ihre anfängliche Zurückhaltung nicht plötzlich aufgeben."
„Wegen Perry?" fragte Salaam Siin unter amüsiertem Tongeklingel. „Um den brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Es ist kein Friedensstifter im Jergelen-System."
„Du meinst, daß die anderen Linguiden ungefährlich sind?"
Es war schwer, einem Ophaler anzusehen, was er dachte, denn die Mimik dieser Wesen - falls sie eine hatten - war für einen Terraner schlichtweg undurchschaubar.
Die leisen, sanften Kadenzen, durch die Salaam Siin das amüsierte Geklingel ersetzte, schienen beschwichtigend gemeint zu sein, aber auch da konnte Reginald Bull sich irren. Er war nicht sonderlich musikalisch. Er hatte jedoch das Gefühl, daß Salaam Siin ihm etwas ganz Bestimmtes mitteilen wollte und nur nicht wußte, wie und aufweiche Weise er sich ausdrücken sollte. „Warum antwortest du nicht?" fragte der Terraner scharf. „Du wirst es sicher nicht verstehen", begann der Ophaler sehr vorsichtig. „Aber ich halte es für falsch, in diesem Zusammenhang von einer Gefahr zu sprechen. Die Linguiden sind friedlich. Ich glaube, daß es schon sehr kräftiger Mittel bedarf, um sie zu Reaktionen zu bewegen, wie wir sie im Jergelen-System erlebt haben."
„Mit anderen Worten: Dich hat’s auch schon erwischt", kommentierte Reginald Bull nüchtern.
Salaam Siin verzichtete auf eine Antwort. Er war erleichtert, als der Terraner die Verbindung unterbrach. „Vielleicht hat er recht", sagte Beodu.
Salaam Siin sah sich nach dem Attavenno um. „Vielleicht", stimmte er vorsichtig zu. „Aber das würde bedeuten, daß es wirklich nur an der Sprache liegt, und das kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen."
„Könnte man das nicht irgendwie feststellen?"
„Aber sicher", summte Salaam Siin außerordentlich sanft. „Du brauchst mir nur aufmerksam zuzuhören."
Der Attavenno bewegte zustimmend seine Kopfflügel. „Soll ich es mir dabei bequem machen?" erkundigte er sich. „Ich glaube nicht, daß das grundsätzlich nötig ist", erwiderte der Ophaler nüchtern. „Aber es kann andererseits auch nicht schaden. Bist du bereit?"
Beodu wedelte zustimmend mit der linken Hand. „Hältst du diese Pose wirklich für bequem?" fragte Salaam Siin skeptisch, denn der Attavenno lag kopfunter auf einem Sessel und hatte die Beine zu einem komplizierten Knoten verschlungen. „Es ist herrlich", zwitscherte er. „Aber wie geht es weiter?"
„Versuchen wir es hiermit", meinte Salaam Siin und zitierte ein paar Redewendungen in Lingo. „Klingt hübsch", meinte Beodu ungerührt. „Aber sehr beeindruckend ist das nicht gerade. Ist das alles?"
„Nein", erwiderte Salaam Siin und nahm ein paar Schaltungen vor. „Vielleicht wirkt es, wenn du es im Original hörst."
Der Attavenno fügte sich geduldig in seine Rolle als Versuchskaninchen. „Eines ist sicher", stellte er anschließend fest. „Die Sprache allein ist es nicht."
„Du hast also nichts gemerkt?" fragte der Ophaler. „Nicht das geringste", erklärte Beodu nüchtern. „Das dachte ich mir", brummte Salaam Siin nachdenklich. „Du hast es also schon vorher gewußt", stellte der Attavenno ärgerlich fest. „Warum mußte ich mir dann dieses unverständliche Kauderwelsch anhören?"
„Es ist offenbar wirklich so, daß es nur dann funktioniert, wenn man einem Linguiden persönlich gegenübersteht", pfiff Salaam Siin leise zu sich selbst, ohne auf Beodus Frage einzugehen. „Also haben wir es mit einem Phänomen zu tun, das bei den üblichen Methoden der Kommunikationstechnik auf der Strecke bleibt."
„Psi", sagte Beodu lakonisch.
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