1506 - Liliths böser Kosmos
der Nähe alter Pfarrhäuser lagen, und genau auf einem solchen Stück Erde war das Grab von Lady Sarah Goldwyn zu finden, die zu ihren Lebzeiten nur die Horror-Oma genannt worden war.
Jane hatte bei ihr gelebt und nach dem Tod der alte Dame auch das Haus geerbt. Sarah Goldwyn war eine besondere Frau gewesen und hatte sich für Dinge interessiert, die von den meisten Menschen abgelehnt wurden. Alles, was mir Horror und Grauen zu tun hatte, war bei ihr an der richtigen Adresse, und sie hatte die Dinge auch gesammelt. Es gab keinen neuen Film, den sie nicht gesehen hätte, da machte ihr auch ihr Alter nichts aus, wenn sie mal zwischen all den jugendlichen Besuchern saß. Im Gegenteil, man akzeptierte sie und ihr Wissen, da war sie so etwas wie eine Königin gewesen.
Das war vorbei, und man konnte diese Zeiten auch nicht mehr zurückholen.
Aber Jane musste immer daran denken, und auf der Fahrt zum Grab besonders intensiv.
Sie hatte noch an einem Blumenladen angehalten und einen Frühlingsstrauß gekauft. Wunderschön gewachsene Tulpen, die aus Holland importiert wurden und nicht billig waren. Jane hoffte nur, dass der Strauß nicht gestohlen wurde, denn auf den Friedhöfen trieben sich auch Menschen herum, die nicht ganz koscher waren.
Jane gingen die beiden Botschaften nicht aus dem Kopf. Die unbekannte Seite wusste einiges über sie, und sie ging davon aus, dass sie unter Beobachtung gehalten wurde. Da war sich die Detektivin sicher.
Nur hatte sie nicht gesehen, ob sie auch jetzt beschattet wurde, und wenn ja, dann hatte sich die andere Seite verdammt geschickt angestellt.
Jane betrat den Friedhof, der recht übersichtlich war. Sie schaute von einem Ende zum anderen, was zu dieser Jahreszeit recht leicht war, da die Bäume ihr grünes Kleid noch nicht angelegt hatten.
Zumeist alte Gräber lagen vor ihr. Oft mit sehr hohen Grabsteinen bestückt, auf denen viel Text stand. Es gab flache Grabplatten oder steinerne Kreuze, aber auch Engelsfiguren, die allesamt sehr traurig schauten und im Laufe der Zeit ein grünes Kleid aus Moos und kleinen Farnen bekommen hatten.
Einen Menschen sah Jane auf diesem Friedhof nicht, der dabei war, aus dem Winterschlaf zu erwachen. Man hatte ihn zwar nicht verkommen lassen, aber er wirkte auch nicht so gepflegt wie die großen Friedhöfe Londons.
Die Wege waren oft genug mit Gras bewachsen, das besonders im Sommer hoch wuchs. Im Moment hielt es sich noch in Grenzen.
Jane musste sich nach links wenden, um die Stelle zu erreichen, an der sie das Grab von Lady Sarah finden würde.
Sie ging sehr langsam. Ihre Bewegungen sahen ruhig aus, aber sie war innerlich schon gespannt, denn sie dachte dabei unablässig an den Brief und den Anruf.
Die Luft war hier anders. Jane empfand sie als weicher. Auch der Wind hatte noch die Kälte des Winters. Er fächerte ihr jetzt als ein kühles Lüftchen gegen das Gesicht. Die Luft schmeckte nach Veränderung.
Noch schien die Natur den Atem anzuhalten, aber in wenigen Wochen würde sie förmlich zerplatzen und mit ihren frischen Farben dafür sorgen, dass die Menschen auflebten.
Jane sah niemanden in ihrer Nähe. Trotzdem gelang es ihr nicht, sich zu entspannen, und das lag nicht nur daran, dass sie Lady Sarahs Grab immer näher kam. Sie wurde einfach den Gedanken nicht los, unter Kontrolle gehalten zu werden.
Verstecke gab es hier genug. Die Grabsteine waren hoch genug, selbst für einen Erwachsenen. Als Jane Lady Sarahs Grab erreicht hatte, blieb sie stehen und atmete tief durch. Ihr Erlebnis am Morgen war vergessen, jetzt war alles wie immer, wenn sie das Grab besuchte.
Da stiegen die Erinnerungen in ihr hoch. Da ging ihr viel durch den Kopf, und immer wieder stand Lady Sarah an erster Stelle. Gemeinsam hatten sie so viel erlebt, das würde sie niemals vergessen.
Man konnte nicht behaupten, dass Lady Sarahs Grab sehr versteckt lag, nur bildete es so etwas wie das Ende einer Gräberreihe. Danach gab es keine weiteren Grabstätten mehr.
Im Sommer bildete das Buschwerk fast einen Wall, jetzt war es etwas durchsichtiger, was Jane nicht viel brachte, weil sie durch die Lücken eine leere Wiese sah.
Sie bückte sich und legte die Blumen ab. Danach trat sie hinter den schlichten Grabstein, wo eine Plastikvase mit einer Spitze in der Erde steckte. Die Öffnung der Vase war groß genug, um einem Dutzend Blumenstielen Platz zu bieten.
Jane holte die Vase hervor und rammte sie auf dem Grab in die weiche Erde. Wasser musste sie nicht einfüllen. Vom
Weitere Kostenlose Bücher