1511 - Die neun Leben des Caligula
Dimension beibrachten und ihnen erklärten, daß das erste Licht, das für sie den Hyperraum erhellt hatte, ein Black Hole-Mond war. Und es waren dieselben Roboter, die die reiferen Nakkenjungen zu einem noch viel stärkeren Strahler verschifften, als der Mond Anansar war, und ihnen dort, am „Loch der Ewigkeit" oder „Nachod as Qoor", auch „DORIFER" genannt und als „Kosmonukleotid" bezeichnet, den letzten Schliff gaben und ihre 5-D-Sinne zur Vollendung brachten.
Im Innern dieses fünfdimensionalen Riesengebildes DORIFER wurden einst alle Nakken zu jenen Meistern des Hyperraumes, als die man sie heute kennt und deren Talente man schätzengelernt hat. Die vierdimensionalen Wesen jonglieren alle mit den Kräften der 5. Dimension, aber um diese auch wirklich beherrschen und steuern zu können, bedarf es der Nakken. Denn Udivar und seine Artgenossen besitzen wenigstens Krücken, die ihnen das Leben im vierdimensionalen Raum erleichtern, aber die meisten Wesen der 4. Dimension besitzen noch keine Instrumente, die ihnen die 5-D-Sinne der Nakken ersetzen können. Doch irgendwann einmal wird die Generation der so begehrten Blau-Nakken ausgestorben sein, denn es gibt keinen Nachwuchs mehr. Die Roboter, die einst die Frischlinge betreuten, wurden während des letzten großen galaktischen Krieges in alle Winde zerstreut, so daß die Würmer sich selbst überlassen blieben. In den Wirren dieses Krieges haben die Kartanin selbst ums Überleben kämpfen müssen und sich ebenfalls nicht mehr der Förderung der Blau-Nakken widmen können.
Aber viel schlimmer war ein Geschehnis, das schon zuvor eintrat und alles andere ausgelöscht hat. Die Galaxis Hangay mit dem Charif-System, in dem die Kartanin und Nakken in friedlicher Koexistenz zusammenlebten, wurde aus ihrem angestammten Universum Tarkan in dieses Universum Meekorah transferiert - und dem Nakkennachwuchs so die Möglichkeit genommen, im „Loch der Ewigkeit" in die Schule des Lebens zu gehen und die 5-D-Sinne zu schärfen.
Und das ist das wirklich Bedauernswerte an dieser Geschichte: Wenn Udivar und seine Generation einmal nicht mehr sind, dann wird es keine Blau-Nakken mehr geben. „Ja, meine lieben Freunde", sagte Udivar diesmal laut und seufzte, „dies ist der erste Teil des Märchens vom Werden und Leben eures Meisters Udivar, den es aus dem schrumpfenden, sterbenden Universum Tarkan in dieses expandierende Universum verschlagen hat."
„Wie traurig, daß es keine Blau-Nakken mehr geben wird, wenn der letzte von Udivars Generation gegangen ist", sagten die zwölf Zuhörer diesmal ebenfalls akustisch; sie taten es ihm immer gleich, um ihm zu Gefallen zu sein.
Es waren nur Roboter - aber seine einzigen Gesprächspartner. „Vielleicht ist noch nicht alle Hoffnung verloren, meine lieben Freunde", sagte Udivar, um die negative Aussage seiner Geschichte abzuschwächen. Die Märchen, die er kannte und denen er auch die Erzählweise seiner Lebensgeschichte angepaßt hatte, gingen alle gut aus; und darum fühlte er sich bemüßigt, einen positiven Ausklang anzuhängen. „Vielleicht gibt es noch Hoffnung", wiederholte er. „Denn auch in diesem Universum ist DORIFER als hyperdimensionales Gebilde präsent. Und da nun eine friedlichere Ara in diesem Teil dieses Universums anzubrechen scheint, könnte es sein, daß sich vierdimensionale Wesen finden, die sich für die Nakken einsetzen und ihnen dabei behilflich sind, ihre 5-D-Sinne zu schulen. Und selbst wenn nicht, meine lieben Freunde ..."
Udivar machte eine Kunstpause, um seine Zuhörer auf die Folter zu spannen, wie es sich für einen richtigen Legendenerzähler gehörte. „Selbst wenn niemand sich der blinden, stummen und tauben Würmer von Nansar annimmt, dann werden sie auch in ihrem naturverbundenen Leben glücklich sein. Dessen bin ich mir sicher."
„Wie schön, daß die Geschichte doch noch einen guten Aspekt bekommen hat", sagten die zwölf Roboter im Chor; sie waren ja gleichgeschaltet. „Hoffentlich wird sie auch einen guten Ausgang nehmen."
Und: „Wann erzählst du uns den zweiten Teil des Märchens, Udivar?"
Es waren leider nur Roboter!
Manchmal sehnte sich Udivar nach der Gesellschaft von lebenden Wesen, die etwas mehr als nur Vorprogrammiertes in eine Unterhaltung einbringen konnten. Aber Udivar hatte es versucht und Schiffbruch erlitten. Er war eben der geborene Einzelgänger, ein Sonderling, der es nicht einmal unter Artgenossen aushielt und dem Wesen der vierten Dimension erst recht zu wenig
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