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1511 - Die neun Leben des Caligula

Titel: 1511 - Die neun Leben des Caligula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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da hatte ihm der Pultafer einen Datenträger im Austausch gegen irgendwelchen Plunder aus seinem überfüllten Lager überlassen. Es war ein uraltes Ding, das von keinem der Udivar zur Verfügung stehenden Geräte gelesen werden konnte, aber terranischer Herkunft und darum allein schon wertvoll.
    Udivar hatte seine Roboter machen lassen, und nach einer endlos scheinenden Experimentierserie hatten diese ein Abspielgerät für den Datenträger konstruiert. Leider war entweder der Datenträger beschädigt, oder das Lesegerät konnte die Daten nur verstümmelt lesen, so daß die Übertragung nur unvollständig rekonstruiert werden konnte.
    Immerhin erfuhr Udivar, daß es sich bei den gesammelten Informationen lim einen „Zitatenschatz" und „volkstümliche Regeln" des „vorpositronischen" Zeitalters von Terra handelte, welchen Abschnitt Udivar mit dem auslaufenden 19. Jahrhundert gleichsetzte.
    Dank seiner fundierten Kenntnisse der terranischen Geschichte - und speziell der Volksbräuche - konnte er die fehlenden Lücken schließen und manche neue Erkenntnis gewinnen.
    So war er dann auch in der Lage, seinen Robotern folgende Frage zu stellen: „Habt ihr gewußt, daß in einer Zeit, als auf Terra noch Edelmetalle hoch im Kurs standen, daß damals ganz früh am Tage die meisten Goldfunde gemacht wurden?"
    „Nein", sagten die Roboter im zwölfstimmigen Chor. „Dann hört: Morgenstund’ hat Gold im Mund! Ihr versteht?"
    Und da mimten die Roboter mit „Äh" und „Oh" ehrfürchtiges Staunen, und wenn Udivar eine Physiognomie gehabt hätte, dann hätte er ein pfiffiges Gesicht gemacht, so weise fühlte er sich in solchen erkenntnisreichen Momenten.
    Er hatte aber noch eine ganze Fülle von Weisheiten aus diesem Datenträger geschöpft, die dazu angetan waren, ihn zu faszinieren.
    Wenn „ein Krug so lange zum Brunnen geht, bis er (daran) zerbricht", dann ließ das vielschichtige philosophische Deutungen zu. Udivar hörte zwar zum erstenmal von einem terranischen Wesen, das „Krug" hieß, aber ihm war immerhin bekannt, daß ein Brunnen eine Art primitiver Wasserspender war.
    Ohne dieses Wissen hätte er nie den Schluß ziehen können, daß ein „Krug" jemand überaus Sensibler sein mußte, der seelisch zerbrechen konnte, wenn er zuviel Wasser trank oder anderen reichte.
    Sprichwörter und Zitate waren für Udivar das Salz seiner ethnologischen Forschungen.
    Denn wo anders konnte man nachlesen und erfahren, daß die Terraner schon sehr frühzeitig, lange vor Anbruch des Industriezeitalters, das Wetter ihres Planeten nach strengen Richtlinien steuerten. Die als seriös verkauften Geschichtsaufzeichnungen erwähnten diese Tatsache gar nicht; dort begann die Wettermacherei erst mit der Mondpositronik NATHAN.
    Udivar aber wußte es besser. Denn: Wenn es zu Lichtmeß stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit.
    Oder: Ist’s am Fortunatstage klar, so verheißt es ein gesegnet Jahr.
    Und: Es folgt noch alle Zeit und immerdar auf kalten Dezember ein fruchtbares Jahr.
    Die Terraner hatten damals sogar schon einen „Hundertjährigen Kalender" gehabt, in dem das Wetter über diesen langen Zeitraum vorbestimmt wurde.
    Irgendwie wirkten die Wetterformeln dieser Zeit antiquiert und erinnerten an magische Beschwörungen. Aber es ging eindeutig daraus hervor, daß die Terraner schon damals, lange vor NATHAN, mit dem Wetter umzugehen und die Jahreszeiten streng einzuteilen verstanden.
    Irgendwann einmal hatte Udivar den Hinweis vom „dem Volk aufs Maul schauen" erhalten und erst nach langem Studium der Mundbewegungen von Humanoiden den wahren Sinn dieses Ausspruchs erkannt.
    Und wenn heute Malaudi ihn fragte: „Wie stehen die Aktien?", dann assoziierte das Udivar längst nicht mehr mit Wertpapierspekulationen, sondern erkannte im jeweiligen Zusammenhang den versteckten Sinn, wie etwa auf ihre aktuelle Abmachung bezogen, die Frage: „Hast du die NACHADAM bekommen?"
    Oder eigentlich, weil ja Malaudi den Namen des Schiffes noch nicht wissen konnte: „Hast du ein Dreizackschiff beschafft?"
    So clever war Udivar durch das Studium der in Zitaten und Sprichwörtern verankerten Weisheiten geworden; und es wunderte ihn eigentlich überhaupt nicht mehr, daß Menschen einander zu allen Zeiten so schwer verstanden hatten, wenn sie so sehr in Rätseln sprachen.
    Aber Udivar fand inzwischen Spaß daran, terranische Rätsel zu lösen, und die Unterhaltungen mit Malaudi, bei denen man immer etwas anderes sagte als man meinte, waren

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