1511 - Die neun Leben des Caligula
dünnen Bordkombination in Alaskas Fleisch. Schlimmer als der körperliche Schmerz war allerdings die Attacke auf seine Geruchsnerven. Alaska drehte vergeblich den Kopf, um der ihn einhüllenden Duftglocke zu entrinnen. „Armes Tier", sagte er und unterstützte des Katers verzweifelte Haltsuche, indem er ihn am Gesäß anhob; Caligula miaute bestätigend und rieb das aufgeklebte Ohr an Alaskas Schulter. „Das haben wir gleich", sagte Alaska, nahm Caligula den Ohrersatz ab und drückte ihn Malaudi in die Hand. Dazu sagte er: „Du kannst den Klumpen auf deine Stupsnase setzen."
Caligula schnurrte sichtlich erleichtert. „Das ist unfair", begehrte Malaudi auf. „Ich dachte, ich sollte dieses Monster ..." Als hätte Caligula die Bedeutung dieses Wortes erfaßt, drehte er den mächtigen Schädel herum und fauchte Malaudi schaurig an. Der Pultafer vollendete mit leiser werdender Stimme den Satz: „... ein wenig herausputzen. Und das ist der Dank."
„Es war ein bißchen zuviel des Guten, mein Schatz. Du tust immer zuviel des Guten", hänselte Creeta, und die drei anderen Pultafer, die noch in der Kommandozentrale anwesend waren, lachten schadenfroh.
Sie wurden aber sofort wieder ernst, als Malaudi ihnen böse Blicke zuwarf. „Schwamm drüber", sagte Alaska. „Wir befinden uns im Anflug auf Phaddon. Versuche, mit Udivar den Kontakt herzustellen, Malaudi."
Der Pultafer wandte sich wortlos zum Hyperkom. Er zischte Creeta irgend etwas zu, woraufhin die Frau erblaßte und eilig den Platz räumte. In solchen Szenen bewies der Pultafer, daß mit ihm generell nicht zu spaßen war. „Was soll ich Udivar melden?" erkundigte sich Malaudi trotzig; er hatte es ganz offensichtlich immer noch nicht verwunden, daß man seine Opferbereitschaft und die dabei erlittenen Wunden nicht entsprechend würdigte. „Daß wir seine Forderung erfüllt haben und um Landeerlaubnis ansuchen", sagte Alaska. „Und ob er seinem Teil des Abkommens nachgekommen ist."
Malaudi machte sich schweigend an die Arbeit. Nachdem er den Hyperkom aktiviert hatte, schickte er das Erkennungszeichen ab. Sekunden später kam die Antwort in Form eines Kodes. Darauf sagte Malaudi: „Ja, ich bin es, dein alter Freund Malaudi. Wie geht es dir, Udivar? Und wie stehen die Aktien?"
„Danke, gut", kam die Antwort mit synthetischer Nakkenstimme. „Aus deiner letzten Bemerkung muß ich die Frage schließen, ob ich das Dreizackschiff organisiert habe. Kommt darauf an, antworte ich."
„Aha, du spielst das alte Spiel mit mir, Udivar", sagte Malaudi. „Wie du willst. Ich kann dir jedenfalls verraten, daß ich auf Luinad war."
„Dort war ich auch schon."
„Aber hast du von dieser Welt ein Tier mit neun Leben und neun Schwänzen mitgebracht?"
„Um ehrlich zu sein - nein. Ist das schon mal gelungen?"
„Ich kenne jemand, der es geschafft hat. Gerade in diesen Tagen. Und du kennst diesen Jemand auch. Ich aber kenne ihn besser als du und sonst irgendwer im Universum, so gut wie er sich selbst."
„Darf ich daraus schließen, daß dieser Jemand du bist?"
„So ist es, Udivar. Ich habe dieses seltene, einmalige Tier an Bord meines Schiffes. Bekommen wir Landeerlaubnis?"
„Wenn ihr im Orbit von Phaddon seid, schicke ich euch einen Leitstrahl. Ihr dürft dann mit einem Beiboot und höchstens fünf Mann landen."
Malaudi wechselte einen schnellen Blick mit Alaska, und als dieser zustimmend nickte, sagte der Pultafer: „Einverstanden, Udivar. Und was ist mit Caligula?"
„Wer ist Caligula?"
„Das Tier mit den neun Leben und den neun Schwänzen."
„Ich kann es kaum erwarten, Caligula auf die Probe zu stellen."
Der Nakk unterbrach die Verbindung. „Mir ist nicht wohl dabei, einen guten Freund derart zu hintergehen", sagte Malaudi unglücklich. „Da Nakken nicht geruchsempfindlich sind, kann eigentlich gar nichts schiefgehen", sagte Ernst Ellert vom Kommandopult aus.
*
Malaudi war ein guter Mensch. Udivar wußte, daß er unter seinesgleichen keinen so guten Ruf genoß, aber das war für ihn kein Maßstab. Für ihn, den Ethnologen und Legendensammler, war Malaudi ein unversiegbarer Quell für die Beschaffung von Forschungsmaterial und darum einfach unbezahlbar.
Udivar kümmerte es nicht, wie und woher Malaudi das Material bekam, und selbst wenn es sich um Diebesgut handelte, berührte ihn dies nicht, denn er stand außerhalb der galaktischen Gesetze. Und da auch Malaudi so dachte, verstanden sie einander ausgezeichnet.
Es war noch nicht lange her,
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