1525 - Die Verfluchten
immer das Gefühl, dass es staubte, wenn sie hineinbiss. Das Zeug war zwar trocken, aber es machte nicht dick.
Durch das Fenster konnte sie auf die Grünfläche hinter dem Haus schauen. Sie war recht groß, da sie nicht nur zu einem Haus gehörte, sondern zu mehreren, die dicht beisammen standen.
Normalerweise spielten dort die Kinder. Allerdings nicht bei diesem Wetter.
Dorothy East stellte die Tasse und den Teller weg, auf dem das Brot gelegen hatte, und ging in den breiten Flur. Sie lebte in einer Altbauwohnung mit vier geräumigen Zimmern plus Küche.
Hohe Decken, stabile Wände. Einer der Räume war ihr Arbeitszimmer, in dem sie ihre Klienten empfing. Im Flur hing ein Spiegel, dessen Fläche durch eine Lichtleiste angestrahlt wurde. Davor blieb sie stehen und schaute sich an.
Nun ja, die Jahre waren nicht wegzudiskutieren, aber das erlebte jeder Mensch. Daran konnte sie nichts ändern. Ihr Outfit allerdings sollte sie dem Wetter anpassen. Sie hatte sich für eine schwarze Stoffhose entschieden und trug als Oberteil eine dunkelrote Rüschenbluse. Ihre Brosche mit dem gelben Stein steckte an der Bluse. Sie liebte dieses Schmuckstück, das sie von einem Inder erworben hatte. Angeblich sollte es den Einfluss der bösen Geister von ihr fernhalten, und das brauchte sie jetzt.
An der Garderobe hing ein Regenmantel, den sie überzog. Mehr brauchte sie nicht, denn draußen war es trotz des Regens eher sommerlich warm.
Das Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden. Eine Tasche nahm sie auch noch mit, warf einen letzten Blick in den Spiegel und zuckte zusammen, denn die Fläche war nicht mehr leer.
Die drei Gestalten zeigten sich darin. Sie hatten die gleiche Haltung eingenommen wie bei ihrem ersten Besuch, aber diesmal drang kein Wort über ihre bleichen Lippen.
Die Frau bewegte sich nicht vom Fleck. Sie spürte nur, dass die Farbe aus ihrem Gesicht wich, und das sah sie auch innerhalb der Spiegelfläche.
»Kommst du uns besuchen?«
»Ja, das wollte ich.«
»Wir freuen uns auf die Befreiung.«
»Und wie soll ich das machen?«
»Wir werden dir helfen.«
»Und ihr wartet wirklich in dem alten Hotel?«
»Ja.«
»Wie sieht es denn innen aus?«
»Schlimm, aber das kann sich ändern. Du wirst es sehen. Bis gleich dann, Dorothy.«
»Ja, bis gleich«, murmelte sie und verspürte einen kalten Schauer.
Tief in Gedanken versunken, verließ sie ihre Wohnung. Sie musste keine Treppe gehen, denn sie wohnte Parterre. Wenig später trat sie hinaus in die feuchtwarme Luft und ging zu dem kleinen Parkplatz, auf dem die Mieter ihre Fahrzeuge abstellen konnten, denn Garagen gab es nicht.
Der Parkplatz gehörte noch zum Grundstück.
Ihr Mini parkte an der Seite, sodass sie gut wegkam.
Wohl war ihr nicht.
Dorothy wusste auch noch nicht, wie sie die Geister einschätzen sollte.
Sie hoffte darauf, dass sie ihr wohl gesonnen waren, aber sie konnte auch Pech haben, sodass ein Besuch bei diesen Fremden leicht mit ihrem Tod enden konnte.
Daran wollte sie nicht denken, als sie ihren kleinen Wagen startete…
***
Brachland kommt in einer Stadt wie London nicht häufig vor, aber es gab auch Ausnahmen, und die erlebte Dorothy East, als sie ihren Mini am Rand einer Straße anhielt, weil sie die letzten Meter zur Hotelruine zu Fuß gehen wollte.
Sie musste eine recht flache Böschung hoch, um ihr Ziel zu erreichen.
Aus der Entfernung machte das Gebäude mehr den Eindruck einer Scheune als den eines Hotels. Es sah dunkel aus und wirkte auch ein wenig schief.
Und es stand einsam. Um es herum war nichts zu sehen. Die Straßen oder Wege, die zum Haus führten, waren im Laufe der Zeit zugewachsen. Niemand hatte dem Einhalt geboten, und so machte das gesamte Gelände einen verwilderten Eindruck.
Aber es gab nicht nur diese Einsamkeit. Weiter entfernt sah sie die Silhouetten einiger Industriebauten. Hallen, die unterschiedlich hoch und breit waren, und es gab dort noch genügend Platz, um etwas Neues zu errichten.
Die Umgebung hatte so gar nichts Unheimliches an sich, was mit dem zu vergleichen wäre, was sie in ihrer Wohnung erlebt hatte.
Das Hotel hatte schon seine Geschichte hinter sich. Davon hatte sie gehört. In der damaligen Zeit waren rauschende Feste gefeiert worden.
Die Filmstars der Fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hatten sich in dem Hotel die Klinke in die Hand gegeben, denn von hier mussten sie nicht weit bis zu ihren Studios gehen!
Und dann hatte es gebrannt.
Im Haus, nicht außen, denn die
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