153 - Angelina, die Teufelin
Wagen bleiben in der Garage. Was also soll's?" Er entkleidete sich und begann sich mit der Salbe von Kopf bis Fuß gründlich einzureiben. „Außerdem schützt diese stinkende Masse vor der kalten Nachtluft und dem Flugwind", erklärte er.
„Hm", machte Angelina.
Retti berührte mit dem Fuß eine zusammengefaltete Kutte. „Sonst nehme ich sie mit und ziehe sie an, wenn ich anschließend durch die Stadt streife und Opfer suche. Aber wenn ich nur beobachte, ist das nicht nötig. Dann lasse ich sie lieber hier. Es ist so anstrengend, sie während des Fluges festzuhalten. Außerdem stört sie die Salbe. Nur die Salbe darf zwischen Körper und Luft sein. Alles Weitere behindert das Vorankommen."
„Auch ein Hexenbesen?" fragte Angelina spöttisch.
„Auch der, Teuerste. Was ist nun, willst du nicht mitkommen?"
Angelina rümpfte die Nase. „Du erwartest doch nicht im Ernst, daß ich mich mit diesem Dreck beschmiere. Du stinkst wie ein Warzenschwein, Federico. Ich habe meine eigene Methode zu fliegen." Gelassen, fast provozierend langsam streifte sie ihre eigene Kleidung ab und begann sich dann zu verwandeln. Aus ihrer Stirn wuchsen die Hörner, und auf dem Rücken bildeten sich die großen Schwingen. Federico nickte anerkennend. „Das ist natürlich was", sagte er. „Diese Eigenschaft fehlt mir."
Er öffnete den Zugang zur Dachplattform. „Notfalls können hier Hubschrauber landen", sagte er. „Das kommt schon mal vor, wenn in den Filmstudios in Cinecitta etwas passiert ist und man meint, mich unbedingt herbeiholen zu müssen. Es gibt noch einen anderen Dachzugang." Er verriegelte die Tür des kleinen Treppentürmchens wieder sorgfältig und verbarg den Schlüssel in einer Mauernische, die magischer Herkunft war. Niemand außer Retti konnte sie sehen oder gar hineingreifen. „Dann los", sagte der Dämon. „Halte dich genau hinter mir." Er sprach eine magische Formel, breitete die Arme aus und glitt elegant wie ein großer Vogel in den Nachthimmel hinaus. Angelina folgte ihm mit lautlosem Schwingenschlag.
Der Flug über das nächtliche Rom währte nicht lange. Schon bald nach dem Abflug tauchte der Stadtrand auf, und niemand sah die beiden Gestalten am dunklen Himmel. Falls doch jemand zufällig hinauf schaute und die Schatten sah, würde er sie für große Vögel halten.
Retti kannte sein Ziel. Alsbald senkte er sich in der Nähe des Tiber herab und tauchte in den Straßenschluchten ein. Angelina landete hinter ihm auf einem kleinen schmalbrüstigen Hinterhofbalkon. Es roch nach Abfällen. Zwischen zwei Häusern spannten sich Wäscheleinen von Fenster zu Fenster. „Nicht gerade die vornehmste Gesellschaft", murmelte Angelina unwillig.
„Aber die unauffälligste", sagte der Dämon. „Wenn hier ein Mensch erkrankt oder stirbt, kräht kein Hahn danach. Hier solltest du dir deine Opfer suchen, wenn es überhaupt in Rom sein muß. Ich hoffe, du hast dir diesen Ministersohn aus dem Kopf geschlagen."
„Hm", machte Angelina.
Retti zeichnete zwei Symbole in die Luft. Vor seinen Fingern glühte es. Er konnte die Balkontür mühelos öffnen und trat in die Wohnung ein. Sie war klein und unaufgeräumt.
Angelina folgte ihm. Sie konnte im Dunkeln besser sehen als eine Katze und fand sich sofort zurecht. Sie erkannte den auf seinem Lager dahinsiechenden Mann womöglich eher als Retti selbst. „Am Vormittag war er noch einmal bei einem Arzt. Man wollte ihn sofort in ein Krankenhaus bringen", kicherte Retti.
„Das hätte deine Pläne durcheinandergebracht?" fragte Angelina.
„Nein. Niemand kann den Keim dieser Krankheit entdecken, weil es keinen gibt. Er wurde durch meine ganz spezielle Magie ausgelöst. - Mein Freund wollte sich aber nicht im Krankenhaus einsperren lassen. Er ist nach Hause geflohen, besser getaumelt. Ich glaube kaum, daß er sich jetzt noch auf den Beinen halten kann. Heute bricht der sechste Tag an. Ich bin sicher, daß er heute sterben wird."
Der Mann, über den sie sich unterhielten, lag stumm in der Dunkelheit, die Augen weit aufgerissen vor Angst. Er wußte, wer da gekommen war. Der Unheimliche mit der Chamäleonzunge. Er mußte schon oft da gewesen sein, wie er es versprochen hatte. Aber da hatte Fattio wahrscheinlich stets geschlafen. Jetzt war er wach, und der Unheimliche war nicht allein. An seiner Seite stand eine Teufelin.
„Er besteht nur noch aus Knochen, Knorpeln, Haut und ein wenig Muskeln und Sehnen. Aber sie sind schon zu schwach, als daß er sich aufrichten könnte",
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