155 - Der Teufelsrocker
neuen Ideen machten die Vertreter der schwarzen Macht dem verbissenen Dämonenjäger das Leben schwer, und Rufus war schon vor Jahren einer von denen gewesen, die Tony Ballard am eifrigsten Knüppel zwischen die Beine geworfen hatten.
Der Dämon mit den vielen Gesichtern wollte diese Tradition fortsetzen, und er hoffte, den Gegner eines Tages damit zu Fall zu bringen.
Vielleicht schon sehr bald.
***
Nach einer unruhigen Nacht - er hatte nicht einmal zwei Stunden geschlafen - weckte der Professor seine Tochter. Gähnend räkelte sich Shelley im weichen Daunenschlafsack.
»Wie spät ist es?« wollte sie wissen.
»Vier Uhr.«
»Ist das nicht noch zu früh?« fragte das blonde Mädchen mit geschürzten Lippen.
»Bis wir das Lager verlassen, ist es fünf, und dann haben wir einen einstüdigen Aufstieg vor uns.«
»Wir versäumen doch nichts, Dad. Ob wir die Höhle um sechs oder erst um neun Uhr erreichen, ist ziemlich egal.«
»Wenn du dich von deinem Schlafsack nicht trennen kannst, gehe ich eben allein«, sagte der Professor entschlossen.
»Ich habe all die Strapazen nicht auf mich genommen, um dann im Lager zu bleiben.«
Paul Robinson verließ das Zelt. Kalte Nebel lagen auf den Bergflanken. Im Osten war der Himmel hell, aber die Sonne würde noch lange nicht zu sehen sein.
Saka kroch aus dem Sherpazelt und begrüßte den Professor. Er machte Feuer und füllte den Wasserkessel an einer nahen Quelle. Sobald sich das Wasser erwärmt hatte, bekam Robinson etwas davon ab, damit er sich rasieren konnte. Der Rest war für den Tee.
Sie aßen Dauerwurst und gesalzene Kekse. Shelley sprach kaum, sie war noch zu schläfrig.
Mit kleinem Gepäck brachen sie auf. Saka wünschte ihnen viel Glück. »Sie brauchen nur diesem Pfad zu folgen«, sagte er. »Nach ungefähr einer Stunde werden Sie die Höhle erreichen.«
Die anderen Sherpas senkten den Blick. Es schien ihnen nicht zu gefallen, was Robinson und seine Tochter vorhatten, aber das war deren Angelegenheit. Sie selbst hätten sich dieser Gefahr niemals ausgesetzt.
»In längstens drei Stunden sind wir zurück«, sagte der Professor, dann machten sie sich auf den Weg. Sie gingen mit regelmäßigen Schritten und nicht zu schnell, um nicht schon bald zu ermüden.
Der Pfad stieg steil an, und bald konnten die Robinsons die Sherpas nicht mehr sehen.
Mit gesenktem Haupt ging der Professor vor seiner Tochter. Er brannte darauf, den mysteriösen Kristall zu sehen. Es war wie eine Sucht, ihn besitzen zu wollen. Er hatte das merkwürdige Gefühl, daß der Kristall darauf wartete, von ihm aus der Höhle geholt zu werden.
Um Kraft zu sparen, sprachen Vater und Tochter nicht miteinander. Als dreißig Minuten um waren, legte Paul Robinson eine kurze Verschnaufpause ein, für die ihm Shelley sehr dankbar war, denn der Pfad war wirklich sehr steil.
»Nun sieh dir dieses prachtvolle Panorama an«, sagte der Professor. »Hat Gott hier nicht etwas Wunderbares geschaffen?«
Die aufragenden Bergspitzen ringsherum maßen alle um die 7000 Meter, waren imposante steinerne Riesen, von unvergänglicher Größe und unvergänglichem Stolz. Dennoch gab es keinen einzigen, den der Mensch noch nicht bezwungen hatte.
Sie setzten den kräfteraubenden Aufstieg fort, und nach fast genau einer Stunde bemerkte Paul Robinson die Höhle, ihr Ziel. Sie war groß wie das Maul eines Ungeheuers - schwarz und weit aufgerissen.
»Wir haben einen großen Augenblick vor uns«, keuchte der Professor. »Den Augenblick der Wahrheit. Wir werden alle Lügengespinste, die den Kristall umhüllen, zerreißen, werden ihn herausschälen aus dem erfundenen, haltlosen Gerede von Unglück und Tod. Wir werden beweisen, daß dem Kristall nichts Böses anhaftet oder innewohnt, wie seit undenklichen Zeiten behauptet wird.«
Gespannt blieb der Professor vor dem großen Felseneingang stehen. Er setzte seinen Rucksack ab und kramte darin herum. Er suchte seine Stablampe. Als er sie gefunden hatte, knipste er sie versuchsweise an. Er blendete sich selbst mit dem starken Lichtstrahl, schaltete ihn ab, schwang den Rucksack auf seinen Rücken und fragte seine Tochter: »Bist du bereit?«
Shelley nickte, obwohl ihr auf einmal seltsam zumute war. Irgend etwas sagte ihr, daß es unvernünftig, ja gefährlich war, die Höhle zu betreten, doch sie verdrängte diese Warnung und folgte ihrem Vater, der nicht mehr zu halten war.
»Kristall, wir kommen!« rief er in die Dunkelheit und lachte.
Der grelle Lichtfinger der Stablampe
Weitere Kostenlose Bücher