155 - Die toten Augen von St. Lamberti
sein mußte, der unten beim Stadtweinhaus auf Posten stand.
Er atmete schwer.
Zumindest war ein neuer Mord des „Henkers von Münster" verhindert worden.
Der Beamte drehte sich um und wollte auf die Stelle zugehen, an der das Schwert zu Boden gefallen war.
Er blieb stehen, als hätte ihn. der Schlag getroffen.
Das Schwert war nicht mehr da!
Kalte Schauer rannen ihm immer noch über den Rücken, als sein Kollege neben ihm war und ihn an der Schulter rüttelte.
„Warum hast du geschossen, Karl?"
Er hob den Kopf und öffnete die Lippen, um zu antworten. Doch er brachte keinen Ton hervor. Er wußte plötzlich, daß er niemandem erzählen konnte, was er gesehen hatte. Sie würden ihn für verrückt erklären und vom Dienst suspendieren.
„Ich hab' nur einen Schatten gesehen", murmelte er. „Ich hab' nicht gemerkt, daß meine Pistole entsichert war. Der Schuß ist plötzlich losgegangen."
Der Kollege starrte ihn an.
„Das gibt Ärger, Karl."
Das Blaulicht eines Streifenwagens zuckte auf. Er hielt mit quietschenden Bremsen vor dem Bogengang. Kommissar Krombach sprang aus dem Wagen.
„Was war los?" rief er. „Habt ihr den Henker gesehen?"
Der Kollege schüttelte den Kopf.
„Karl hat nur einen Schatten gesehen, Kommissar. Da ist ihm der Schuß von allein losgegangen." Der Blick Krombachs, der den Beamten traf, ließ diesen zusammenzucken.
„Darüber reden wir noch, Wegscheid!" fauchte der Kommissar.
Eine Feuerlohe schoß aus dem dicken Lauf von Cocos Pistole auf den Schleimklumpen zu. Thoragis blubberte vor Entsetzen.
Doch eine Handbreit vor ihm wurde die Flamme nach oben abgelenkt, als wäre sie gegen eine unsichtbare Mauer geprallt.
Dorians Kopf ruckte herum. Er sah die mittelgroße Gestalt mit der grünlichen Aura hinter Coco Zamis auftauchen.
„Vorsicht, Coco!" brüllte er.
Der Handflammenwerfer erlosch mit einem scharfen Zischen. Die Gaspatrone war ausgebrannt. Coco mußte schon gespürt haben, daß jemand hinter ihr war. Ihre Gestalt schien sich vor Dorians Augen aufzulösen. Er wußte, daß sie sich in den schnelleren Zeitablauf versetzte, um nicht in die Falle des Dämons zu geraten.
Dorian war es, als bohre sich ein Schwert mitten in seine Brust.
Er vernahm den gellenden Schrei von Coco. Seine Augen weiteten sich entsetzt.
Coco hing in der Luft und zappelte mit den Armen und Beinen wie ein aufgespießtes Insekt. Eine unsichtbare Wand, aus der die gleichen bläulichen Flammen züngelten wie aus der kegelartigen magischen Sperre um Dorian, ging mitten durch ihren Körper. Ihr Gesicht war vor unerträglichen Schmerzen verzerrt. Die Pistole war ihr aus der Hand gefallen. Ihr Schreien hallte in der Erdhöhle von allen Wänden wider.
Der Dämon trat auf sie zu.
Dorian sah, wie sich der togaartige Umhang öffnete. Dünne Arme mit Spinnenfingern krochen darunter hervor. Die Kapuze fiel zurück.
Der Dämonenkiller schrie.
Er erkannte die Teufelsfratze des Dämons Zakum, des ergebenen Dieners Luguris. Die Augen in dem abschreckenden Gesicht mit der faltigen Haut glühten rot. Sein dröhnendes Lachen mischte sich mit Cocos Schmerzensschreien.
Thoragis erwachte aus seiner Erstarrung. Er begriff, daß Zakum ihn vor der Vernichtung bewahrt hatte. Die abtrünnige Hexe hing in seiner magischen Falle und konnte sich nicht rühren. Er sah den Puppenmann auf die Pistole zukriechen, die Coco Zamis fallen gelassen hatte. Ein schleimiger Tentakel floß auf den kleinen Mann zu.
Der Dämonenkiller stieß einen Schrei aus, der die bläulichen Flammen seiner magischen Sperre zum Flackern brachte. Er sah Beatha Wolf geduckt hinter Zakum auftauchen, während es in seinem Gesicht heftig zu prickeln begann.
„Coco!" brüllte er.
Zakums Teufelsfratze richtete sich auf ihn. Das Glühen seiner roten Augen wurde stärker. Er hob die Spinnenfinger an. Blitze zuckten aus den Spitzen auf Dorian zu, doch sie erreichten ihn nicht. Beatha Wolf sank auf die Knie. Sie jammerte und schlug die Hände vor ihr schönes Gesicht, in dem sich Entsetzen abgezeichnet hatte.
Zakum krümmte sich wie unter Schlägen.
Dorian spürte das Zerren in seinem Gesicht. Er wußte, daß die entsetzliche Angst um Cocos und Dons Leben die Tätowierung des Dämons Srasham in seinem Antlitz hatte erscheinen lassen. Das rot-blau leuchtende Stigma in seinem Gesicht schien Zakum zu lähmen.
Noch einmal flackerten die bläulichen Flammen an der zylinderförmigen Sperre auf, dann brachen sie zusammen. Ebenso wie die unsichtbare Wand, die
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