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1552 - Tolots Terror

Titel: 1552 - Tolots Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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allen Seiten. Doch dafür, so dachte Prina, hatte sie bei all der Hektik nun wirklich keine Zeit.
    Hastige Schritte näherten sich durch den Korridor, der das Gewächshaus mit dem Wohnhaus verband. Der Besucher war Vela Konti, ein Linguide aus dem Ostteil der Mondstadt. Sie kannte ihn so gut, wie sie mehr oder weniger alle ständigen Bewohner hier oben kannte. Seine Aufregung hatte einen guten Grund. „Prina, es ist soweit! Nan wird gebären! Vielleicht noch zehn Minuten, komm!"
    Darauf waren sie alle vorbereitet. seit langem schon. Dennoch erfüllte die Nachricht sie mit großer Trauer, weil Nan eine gute Freundin war. Vielleicht die, die sie seit frühester Jugend am meisten beeinflußt hatte. Überall galt Prina als ein wenig aus der Art geschlagen. Vielleicht lag das sogar ein wenig an Nan, die sie immer bestärkt hatte, ihren eigenen Weg zu gehen. „Ich bin schon unterwegs, Vela."
    In der Eile stieß sie einen frisch bepflanzten Kräuterkübel um, und über den ganzen Boden verteilten sich Sämlinge und Erde von Lingora.
    Auch dafür war jetzt keine Zeit. Prina und der Mann rannten zum Ausgang. „Hast du einen Ciffton mitgebracht?"
    „Natürlich. Da vorn steht er."
    Sie bestiegen die Plattform und besetzten die beiden vorderen Sessel.
    Behäbig setzte sich das Gefährt in Bewegung.
    Sagno Ciff diente der Erholung. Es gab keine schnellen Gleiter hier. Zum erstenmal jedoch wünschte sich die Linguidin, zumindest sie hätte einen zur Verfügung gehabt.
    Prina steuerte aus der Wohnsiedlung auf die Straße.
    Von dort aus bogen sie rechts ab in Richtung der Ostsektoren. Eine lange, künstlich bepflanzte Allee lag vor ihnen. In einer Mondstadt von zehn Quadratkilometern Größe wurden die Entfernungen beachtlich lang; deshalb diente der Ciffton-Fuhrpark allen, die nicht zu Fuß gehen wollten, zur Fortbewegung. Überall standen die Plattformen herum. Ein Leitsystem sorgte dafür, daß jede Kuppel, jede größere Ecke mit einem Ciffton besetzt war.
    Fünf Minuten kostete sie allein der Weg. Es tat ihr leid um jede Sekunde. Mit einer Hand zupfte sie nervös an den Zöpfen in ihrem Gesicht und brachte sie noch mehr in Unordnung. Egal. Die Bewohner, die am Wegrand ihr und Vela begegneten, blieben stehen, tuschelten und winkten hinterher. Sie wußten, worum es ging. Jeder ständige Bewohner wußte es, nur die Urlauber nicht. „Wie geht es ihr?" fragte sie. „Schlecht. Das kannst du dir doch denken."
    „Ist Honn informiert?"
    „Nein. Was soll er bei Nan? Sie hat ihren Frieden, besser kann er es auch nicht machen."
    „Ich wollte Honn nicht für Nan", antwortete sie verbissen. „Wir brauchen ihn für ihren Mann."
    Vela Konti schwieg. Daran hatte er nicht gedacht, und sie konnte seine Betroffenheit förmlich spüren.
    Da vorn war das Haus der Vonantos. Prina drängte mit aller Macht ihre Ängste und das Mitleid beiseite. Nan und ihr Mann Pero konnten zwar die Zeichen nicht lesen, aber beobachten konnte sie doch.
    Prina wollte Vorbild sein. Besonders jetzt, da Honn wieder einmal nicht zur Stelle war.
    Der Ciffton hielt direkt vor der Tür.
    Vela wollte mit ihr aussteigen, doch sie sagte: „Geh Honn holen!
    Besser er kommt spät als gar nicht."
    Vela ließ sich wortlos wieder ins Polster zurücksinken. Als sie das Haus betrat, hörte sie das sich entfernende Summen der Plattform. „Prina! Endlich bist du da! Nan fragt schon seit zwanzig Minuten nach dir!"
    „Ich weiß, Pero. Schneller ging es nicht."
    Der aufgeregte Mann hatte ein fast kahlrasiertes Gesicht mit eingefallenen Augen, mit einem greisenhaften Gesicht. Dabei war er kaum älter als vierzig Jahre. Es tat ihr weh, von Woche zu Woche seinen Verfall zu beobachten.
    Im Nebenzimmer endlich lag Nan Vonantos ausgestreckt auf einem gepolsterten Bett. Die alte Linguidin machte einen ganz anderen Eindruck als ihr Mann. Sie wußte, daß sie sterben mußte, daß sie nur noch wenige Stunden hatte. Schon seit Monaten wußte sie es.
    Nan war zu alt für eine Schwangerschaft - und doch war es geschehen.
    Damit gehörte sie zu den wenigen Linguidenfrauen, die eine Geburt nicht lebend überstehen konnten. Für eine junge Frau war das Ganze kein Problem. Aber mit fast fünfundfünfzig Jahren sah das ganz anders aus. Die meisten Linguiden starben, bevor sie überhaupt dieses Alter erreichten.
    Nan hatte sich damit abgefunden.
    Statt dessen sprach aus ihrem Gesichtsausdruck eine verhaltene Art von Freude. „Prina ...", murmelte die Frau mit der fahlen, seit Wochen nicht mehr

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