1553 - Der Feind aus dem Dunkeln
der Nähe. Sonst hätte ich ihn wohl nicht gesehen.«
»Und gerochen«, murmelte Godwin. »Ich erinnere mich, dass er auch damals diesen stechenden Geruch ausgeströmt hat.«
Sophie senkte den Kopf. »Und wie geht es jetzt weiter?«, fragte sie mit leiser Stimme.
»Er wird mich zum Kampf zwingen.«
»Und was ist mit dir?«
Godwin stand auf und ging zum Fenster. »Mir bleibt wohl keine andere Wahl. Es muss mal ein Schlussstrich unter diese unselige Sache gezogen werden, sonst werden wir niemals Ruhe vor ihm haben. Dann wird er immer wieder erscheinen und versuchen, uns zu töten. Er kann nicht anders. El Shadd ist kein Mensch, der nachgibt. Er ist offenbar entschlossen, die offene Rechnung mit mir zu begleichen.«
»Das heißt, wir müssen uns stellen.«
Godwin drehte sich mit einer scharfen Bewegung herum. »Wir, Sophie?«
»Ja.«
»Nein, nicht wir. Das werde ich allein tun. Es ist meine Angelegenheit. Wenn er kommt, stelle ich mich ihm. Ich werde ihn erwarten, und das wird er auch wissen, denn dass er sich hier bei uns im Garten gezeigt hat, das geschah nicht grundlos. Ich gehe davon aus, dass er gesehen werden wollte. Und du hast ihn gesehen. Ich denke, dass er auch dich gesehen hat.«
Sophie verfiel nicht in Panik und erlitt auch keine Angstattacke. Sie fragte sehr sachlich: »Wie willst du dich ihm stellen?«
»Ich habe noch keinen Plan. Aber ich werde daran arbeiten.«
Godwin setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Der warme Lampenschein streifte sein Gesicht und nahm ihm etwas von der Härte.
»Ich muss nur zusehen, dass keine anderen Menschen in Gefahr geraten. Das ist meine einzige und nicht eben geringe Sorge.«
»Ja, so sehe ich das auch.« Sophie räusperte sich. »Keine Unschuldigen, das sagt sich so leicht. Aber du kannst das Kloster nicht evakuieren. Möglicherweise jagt er auch unsere Freunde. Wer weiß schon, was sich in seinem Kopf alles abspielt?«
»Das sehe ich ebenso.«
Sophie trat hinter ihren Mann und massierte seinen Nacken.
»Bitte, du musst dich entspannen, auch wenn es dir nicht leicht fällt.« Ihre Finger arbeiteten weiter. »Ist dir schon mal der Gedanke gekommen, Hilfe zu holen?«
»Gegen ihn?«
»Ja.«
»Und wer sollte uns helfen?«
»Dein Freund, unser Freund - John Sinclair.«
Der Templer zuckte zusammen, und seine Frau stoppte ihre Massage.
»Nein, das kann ich nicht tun. Es ist eine Sache, die John nichts angeht. Nur er und ich…«
»Er und wir!«
»Bitte, Sophie, du musst dich da raushalten. Das ist nicht gut. Du kennst El Shadd nicht. Er ist nicht nur gefährlich. Er ist auch rücksichtslos und menschenverachtend. Daran solltest du denken. Und er hat die schlimmen Zeiten überlebt. Er ist nicht schwächer geworden, das kannst du mir glauben.«
»Trotzdem müssen wir etwas tun.«
»Das weiß ich. Aber lass es mich erst einmal allein versuchen. Diesmal muss es klappen - hoffe ich.«
»Und wie?«
»Ich habe noch keinen Plan, Sophie.«
»Dann frage ich dich jetzt, wie es damals war. Du bist doch gegen ihn angetreten oder?«
»Ja.«
»Und wie konnte er dir entkommen?«
Godwin atmete tief ein. Er wischte über seine Stirn und sagte: »Das ist eine lange Geschichte.«
»Wir haben Zeit.«
»Sie ist nicht besonders rühmlich für mich. Ich habe aus meiner Truppe viele Männer verloren. Damaskus und Jerusalem waren beides besondere Höllen.«
»Hatte El Shadd denn dort das Sagen?«
»Nicht offiziell. Aber er war ein Mächtiger. Auf ihn hörte man, weil er mit dem Mächten der Finsternis im Bunde stand. Manche sagten, dass er gegen den Tod gefeit gewesen wäre.«
»Und wo lebte er?«
»Sein Haus stand nahe der Stadtmauer. Es war ein besonderes Gebäude, ein Irrgarten. Man betrat es und geriet in ein Labyrinth von Gängen. Sich da zurechtzufinden war nicht leicht.«
»Hast du das Haus betreten?«
»Ja.«
»Allein?«
Godwin nickte. »Letztendlich schon. Ich hatte bereits zu viele Männer verloren. Ich war dem flüchtenden El Shadd ja dicht auf den Fersen und wollte ihn endlich stellen. Aber es klappte nicht.«
»Wie ist er dir denn entkommen?«
Der Templer hob den Blick. »Willst du das genau wissen?«
»Ja, bitte.«
Godwin deutete ein Kopfschütteln an. »Es ist nicht leicht für mich, darüber zu reden. Ich habe damals schon gemerkt, dass er etwas Besonderes ist. Er sah zwar aus wie ein Mensch, aber er ist kein echter gewesen, das ist mir inzwischen klar geworden.«
Sophie deutete auf den Würfel. »Du hast ihn sicherlich deutlicher
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