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1577 - Der Engelssohn

1577 - Der Engelssohn

Titel: 1577 - Der Engelssohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Auch das leise Weinen hatte ihn nicht aufwecken können.
    Der Frau schössen zahlreiche Gedanken durch den Kopf. Sie lebte zwar nicht eben in einer Großstadt, aber das normale Leben ging nicht an ihr vorbei.
    Sie wusste sehr gut, was in der Welt passierte, und sie dachte daran, dass immer wieder Kinder ausgesetzt wurden, weil sich die meist jungen Mütter überfordert fühlten.
    Nur wunderte es sie, dass dieses Kind nicht vor dem Kloster abgesetzt worden war. Wenn es hier im Garten lag, dann musste jemand über die Mauer gestiegen sein, was zu schaffen war, wobei er allerdings durch das Überwachungssystem hätte entdeckt werden müssen.
    Es blieb rätselhaft, und ihr ungutes Gefühl verstärkte sich.
    Das Kind weinte noch immer. Es waren leise und klagende Laute, die durch den Dunst wehten und Sophies Herz berührten. Sie konnte das Kind nicht einfach in der morgendlichen Kühle liegen lassen. Sie musste raus und sich darum kümmern.
    Sophie schloss das Fenster. Ein dünner Morgenmantel hing in der Nähe.
    Den streifte sie über und schlüpfte in die schmalen Slipper. Auf Zehenspitzen bewegte sie sich auf die Tür zu. Auf keinen Fall wollte sie, dass ihr Mann aufwachte.
    Das Kloster war für sie zu einer zweiten Heimat geworden, seit sie Godwin geheiratet hatte. Sie bewegte sich traumhaft sicher durch die Gänge, und es gab auch niemanden, der sich ihr in den Weg stellen würde.
    Um in den Garten zu gelangen, musste sie den Hinterausgang nehmen.
    Da er nicht weit vom Schlafzimmer entfernt lag, hatte sie ihn schnell erreicht und öffnete behutsam die Tür. Auch jetzt wollte sie auf keinen Fall gehört und gestört werden. Was sie hier tat, das war einzig und allein ihre Sache.
    Sie trat ins Freie und damit in die Kühle des anbrechenden Tages. Sofort umfing sie der Dunst, der dafür sorgte, dass sie so gut wie nichts sah.
    Dafür hörte sie wieder das leise Weinen des Kindes, und sie fand nach kurzer Konzentration heraus, aus welcher Richtung es an ihre Ohren drang.
    Sie musste sich nach links wenden und dabei auf einem der schmalen Wege bleiben, die das Gelände durchschnitten, das aus einem Nutzgarten und zugleich aus einer winzigen Parklandschaft bestand, mit Hecken, kleinen Rondells und einem Brunnen, der erst in den letzten Wochen von den Templern errichtet worden war.
    Trotz des Nebels fand Sophie den Weg. Sie konnte nicht leise gehen, weil die kleinen hellen Steine, die den Weg bedeckten, gegeneinander rieben und knirschende Geräusche verursachten.
    Es war eine gespenstische Umgebung, die Sophie durchwanderte. Ihre Sinne waren gespannt, und ein erstes Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie feststellte, dass dieses Weinen lauter geworden war. Sie würde das Ziel bald erreicht haben.
    An einer Hecke ging sie vorbei, und es dauerte nicht lange, bis vor ihr der Umriss des Brunnens auftauchte.
    Sekunden später hatte sie ihr Ziel erreicht, denn das Bündel lag direkt neben dem Brunnen.
    Ja, es war ein Kind und kein Tier!
    Es lag auf dem Rücken, war in Tücher eingewickelt und angezogen. Sie sah den kleinen Kopf, bückte sich, und das Kind merkte genau, dass etwas anders geworden war, denn es hörte auf zu weinen.
    Es war ein Junge!
    Sophie kniete neben ihm. Sie sah das niedliche Gesichtchen mit den hellen Augen, den kleinen Mund, die Nase, das blonde Haar, die kleinen Hände und die Finger, die sich bewegten. .
    »Wer bist du denn, mein Kleiner?«
    Der Junge lächelte, als hätte er sie verständen. Beinahe sah es so aus, als wollte er eine Antwort geben, aber das war wohl zu viel verlangt.
    Sophie streckte ihm die Arme entgegen. »Das ist wirklich nicht der richtige Platz für dich, mein Kleiner. Ich werde dich erst mal mitnehmen, und dann sehen wir weiter.«
    Der Kleine lachte.
    Genau das sorgte bei Sophie für ein Gefühl des Glücks. Mütterliche Instinkte stiegen in ihr auf, als sie den Kleinen behutsam anhob.
    »So, jetzt gehen wir erst mal ins Haus. Dann sehen wir weiter. Du wirst etwas zu essen bekommen.« Dabei dachte sie an Milch, und sie dachte auch schon weiter, denn sie und Godwin würden versuchen, die Mutter des Kleinen zu finden.
    Sophie ging davon aus, dass sie aus dem Ort stammte. So einfach konnte sie es sich nicht machen. Da musste sie schon ihren Pflichten nachkommen.
    Sie ging den Weg schneller zurück, als sie ihn zuvor gekommen war.
    Sie war nur gespannt darauf, wie ihr Mann reagieren würde, wenn er den Kleinen sah. Ablehnend bestimmt nicht. Dazu kannte sie ihn gut genug.
    Als sie

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