158 - Amoklauf der Werwölfe
„Ich habe ihn für Baikonur angefordert. Nur so konnten wir sichergehen, daß der neue Kommandant nicht ebenfalls ein maskierter Werwolf ist oder vielleicht unter hypnotischem Einfluß steht. Der neue Kommandant mußte einfach zwangsläufig von außen kommen. Ich bin froh, daß man so schnell reagierte."
„Was sagen die anderen Offiziere dazu, daß ihnen hier ein Fremder vor die Nase gesetzt wurde?" „Wahrscheinlich dasselbe, was Sie gesagt haben, als man Ihnen erzählte, Sie bekämen einen KGB- Agenten in die Raumkapsel."
Kapitän Iljuschin schmunzelte und strich sich über den schmalen Kinnbart. „Ich muß mich damit abfinden.
Schlimmer war der kurzfristige Einsatzbefehl an sich. Wir befanden uns im Training. Eigentlich sollten wir erst in einem halben Jahr ins All, zur Raumstation hinauf."
„Hm", machte Kiwibin.
„Ich hoffe, wir werden miteinander auskommen. Sie haben Ihre Aufgabe, und wir unsere - wir bringen Sie ans Ziel, und Sie schalten die Besatzung der KOSMOVEGA aus. Obwohl… ich versteh's nicht. Warum schießt man das Ding nicht ab?"
„Es ist fraglich, ob es sich abschießen ließe. Und zweitens befindet es sich für einige Leute noch zu sehr im erdnahen Raum. Es sind größere Mengen Plutonium an Bord. Wenn die gezündet werden, gibt es ein paar mittelprächtige Orkane auf der Erde."
„Das", sagte Iljuschin, „halte ich für das geringste Problem. Was aber, wenn dieses Plutonium von der KOSMOVEGA gegen uns eingesetzt wird?"
Kiwibin verzog das Gesicht.
„Wir werden einen Eintrag im Heldenregister erhalten", sagte er trocken.
„Tröstlich", bemerkte Iljuschin. „Fast noch tröstlicher als dieser neuartige Treibstoff, den Letskij organisiert hat. Das ist ein Teufelszeug. Es hat eine fünfundzwanzigprozentig höhere Wärmewirkung als die bisherigen Flüssigkeiten und macht die Rakete entsprechend schneller. Der Wirkungsgrad ist phantastisch."
„Na, das ist doch phantastisch", bemerkte Kiwibin. „Was ist daran so tröstlich?"
„Daß die Entwicklung meiner bescheidenen Ansicht nach noch nicht ausgereift ist", sagte Iljuschin. „Wenn wir Pech haben, fliegt uns das ganze Zeug mit einem weichen Donnerschlag um die Ohren." Kiwibin grinste.
„Dann", sagte er „haben wir uns ja beide in Sachen Gefahr nichts vorzuhalten, nicht wahr?
Drushba, Towarischtsch Iljuschin!"
Der Kapitän lächelte bitter.
„Wir werden uns noch gegenseitig verfluchen, Genosse. Da bin ich völlig sicher. Trotzdem -
Freundschaft."
Wassil Lonkin wußte jetzt, daß Ilonka auch ihn wollte. Sie hatte es ihm deutlich zu verstehen gegeben, und Wassil wußte es so einzurichten, daß sie beide gemeinsam Freiwache hatten. Er hatte einen Dienstplan erstellt - jeweils zwei Dämonen hielten acht Stunden lang Wachdienst im Steuerteil der Kapsel, die anderen hatten schichtweise frei. Und Wassil hatte seine Schicht mit der von Ilonka zusammengelegt, sehr zum Mißvergnügen der anderen.
„Diese Wache ist unsinnig", behauptete Pjotr Lonkin. „Die KOSMOVEGA wird von den Computern überwacht. Das reicht völlig aus."
Aber Wassil bestand auf der Kontrolle. Seine Gründe waren naheliegend und leicht durchschaubar - so waren schon einmal zwei Konkurrenten ausgeschaltet. Und mit den beiden anderen wurde er auch noch irgendwie fertig.
„Schließlich muß man sich ja irgendwie die Zeit vertreiben", knurrte er vergnügt vor sich hin, während er auf Ilonka wartete. Sie hatte noch etwas zu erledigen und hatte versprochen, so bald wie möglich aufzutauchen. Wassil war guter Laune. Er versprach sich eine Menge von einer Beziehung zwischen Ilonka und ihm. Abgesehen vom Vergnügen mußte man ja auch etwas für den Erhalt der Sippe tun. Der Verwandtschaftsgrad zwischen Wassil und Ilonka war so weit entfernt und gering, daß sich kaum Inzucht-Probleme ergeben würden. Im Gegenteil; Wassil war Telepath, also Gedankenleser, und Ilonka beherrschte Telekinese, die Fortbewegung von Gegenständen durch Geisteskraft und Magie. Eine Verbindung zwischen ihnen würde einen Idealmagier hervorbringen, der beides beherrschte und dadurch kaum anzugreifen war. Vielleicht konnte er eines Tages die Herrschaft über die Lonkin-Sippe antreten. Das kam dann auch seinen Eltern, vor allem seinem Vater, zugute. Oh, Wassil plante Großes für seine ganz persönliche Zukunft. Wenn er schon selbst keine Chance hatte, Sippenoberhaupt zu werden, dann wollte er die Macht über seinen künftigen Sohn.
Plötzlich trat Ilonka ein - nein, sie schwebte. Denn die
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