1588 - Das Horror-Grab
flüsterte scharf: »Kann sein, dass sie schon da ist.«
»Wieso?«
»Einer meiner Männer wurde getötet. Man hat ihn erstochen…«
***
Ich fand meine Sprache erst wieder, als sich der Albaner auf seinen Schreibtischstuhl fallen ließ.
»Hat man die Killerin schon gesehen?«
»Nein.« Er hustete. »Man fand nur den Toten. Der lag in einer Lagerkammer.«
»Auch das noch.«
»Wieso?«
»Sie scheint sich hier auszukennen.«
Abramovic winkte ab. »Das weiß ich nicht. Jedenfalls habe ich meine Leute angespitzt, höllisch aufzupassen.«
Ich stand auf, und Suko tat es mir nach. »In diesem Fall geht es nicht nur um Ihre Leute, Meister.«
»Ach ja? Um wen denn noch?«
Ich gab die Antwort erst, als ich dicht vor seinem Schreibtisch stand und die Schweißperlen auf seiner Stirn sah.
»Sie haben doch hier einen Lusttempel oder wie immer man das Etablissement bezeichnen kann. Es werden Gäste zu Ihnen kommen. Möglicherweise sogar einige Promis. Glauben Sie etwa, dass die nicht in Gefahr sind?«
Diego Abramovic überlegte. Er war erschüttert. Dass jemand in sein Zentrum hatte ungesehen eindringen können, hatte seine Welt ins Wanken gebracht, und so war er nicht mal fähig, etwas zu sagen. Er kaute, ohne zu schlucken und fragte mich dann: »Was soll ich denn tun?«
»Sie könnten den Club räumen lassen. Erklären Sie den Leuten, dass sie verschwinden sollen.«
»Und weiter?«
»Das ist alles.«
Er lachte. »Was soll ich ihnen denn sagen?«
»Das ist Ihr Problem. Sie sind hier der Chef.«
Er starrte mir in die Augen, konnte seinen Blick jedoch nicht lange halten. »Und Sie? Was haben Sie vor?«
»Wir bleiben.«
»Ach, wie tröstlich.«
Ich ging auf den Spott nicht ein. »Wir wollen die Killerin zur Strecke bringen, und das schaffen wir nicht hier in Ihrem Büro. Also müssen wir uns im Club umsehen.«
»Aha. Und Sie wollen mich hier allein lassen.«
Beinahe hätte ich gelacht, denn diese Antwort hatte mir gewiesen, dass der Mann ganz schön unter Druck stand und seine Sicherheit längst verloren hatte.
»Es liegt an Ihnen, Mr. Abramovic, nur an Ihnen und nicht an uns. Sie müssen wissen, was Sie tun. Sie können auch mit uns zusammen durch den Club gehen. Sie können sich aber auch hier einschließen und hoffen, dass der Kelch an Ihnen vorübergeht.«
»Das wird er wohl kaum«, sagte er knirschend. Dann griff er zum Telefon. »Ich werde jemanden anrufen und mich erkundigen, ob diese Person schon gesehen wurde.«
»Bitte, tun Sie das.«
Abramovic telefonierte. Wieder verstanden wir nichts. Er redete schnell und hastig, hörte hin und wieder mal zu, nickte auch, und sprach dann den letzten Satz.
»Und?«, fragte Suko.
Der Albaner schüttelte den Kopf. »Es ist nichts weiter passiert. Kein zweiter Mord. Der Betrieb läuft völlig normal weiter.«
»Wie schön.«
»Ach, hören Sie auf. Wir müssen diese Killerin stellen!«
»Ja, deshalb sind wir hier. Und aus diesem Grund möchten wir uns auch in ihrem Etablissement genauer umschauen.«
»Wo wollen Sie hin?«
»Zunächst in die Bar. Auf ihre besonderen Wellness-Angebote können wir verzichten. Ich denke, dass es diesem weiblichen Zombie nur um Sie geht. Wo Sie sind, wird auch bald die Killerin sein. Davon müssen wir ausgehen.«
»Ja, ich weiß.«
»Dann kommen Sie.«
Wohl war ihm nicht. Selten hatte ich einen eiskalten Gangster so schwitzen sehen. Aber ich wunderte mich auch darüber, dass er nicht durchdrehte.
»Kommen Sie«, sagte ich.
Er nickte. Suko und ich nahmen ihn zwischen uns, als wären wir seine neuen Leibwächter, was auch irgendwie stimmte…
***
Auf Klara Wellmanns Gesicht lag noch das Lächeln, als sie die Tür zur Damentoilette aufdrückte und darin verschwand.
Sie wusste genau, wo sie hinzugehen hatte, und baute sich vor der Spiegelwand auf.
In ihrem Outfit würde sie auffallen. Das war keine Aufmachung für einen Club. Sie hatte bereits ihr Zeichen gesetzt. Wann man den Erstochenen fand, war ihr unklar. Sie hoffte allerdings, dass es noch etwas dauern würde, sodass sie sich unentdeckt umschauen konnte.
Ihr Plan stand fest. Sie würde sich so schnell wie möglich um den Albaner kümmern und ihn zur Hölle schicken. Dass es Zeugen geben würde, war ihr egal. Klara verließ sich voll und ganz auf die Stärke, die ihr eine andere Seite mit auf den Weg gegeben hatte.
Es war alles okay mit ihr, aber sie wusste auch, dass sie nicht allein war.
Sie hatte plötzlich das Gefühl, übernommen zu werden, und zwar durch den
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